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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Herz schneller zu schlagen begann. Was war das jetzt schon wieder? Gerade hatte sie den einen Schrecken halbwegs verdaut, und jetzt kam schon der nächste? Oder aus welchen Gründen sollte ihr sonst jemand einen Brief schreiben? Und wer?
    Firuze nickte.
    »Der kam gestern mit dem Schiff aus Venedig und wurde heute Morgen bei Fatma in der Goldenen Kaffeetasse abgeliefert. Sie hat ihn mir für dich mitgegeben.«
    Johanna erkannte die Handschrift nicht.
    »Mach ihn ruhig auf!«, sagte Zehra.
    Nachlässig tupfte sie sich das von Firuze angepriesene Dattelblütenparfüm auf die Innenseite ihres Handgelenks. Sogleich verbreitete sich ein süßer und doch holziger Geruch.
    »Hm, gefällt mir nicht.«
    Zehra stellte das Fläschchen zurück. Sie griff nach einem Cremetopf, aus dem ein zarter Mandelduft entstieg.
    Johanna erbrach das Siegel. Aus dem Brief fiel sogleich ein zweiter Brief, der nach Venedig geschickt worden war.
    Ratlos starrte sie auf die lateinischen Buchstaben. Der Conte hatte zwar darauf gedrungen, dass sie neben der Aussprache und Grammatik des Italienischen auch die Schrift zu beherrschen lernte, aber das meiste hatte sie schon wieder vergessen.
    »Gib her!«
    Zehra Sultan streckte klimpernd ihren Arm aus.
    »Carissima Giovanna« , las sie vor, »dieser Brief kam hier vorgestern für Dich an, und wir leiten ihn so schnell wie möglich weiter. Die Madonna läuft heute Abend aus, deshalb fassen wir uns kurz. Es geht Dir hoffentlich gut. Wir vermissen Dich und werden bald ausführlich schreiben. Floriano und Giuseppina. PS: Der Conte war neulich da und hat nach Dir gefragt …
    Der Conte …?«
    Die Schwester des Sultans zog fragend die Augenbrauen hoch.
    Ohne auf sie einzugehen, riss Johanna den zweiten Umschlag auf. Auch die eleganten Lettern von Ludwig Haldersleben waren für sie nur schwer zu entziffern, aber wenigstens waren sie in deutscher Schrift geschrieben. Mühsam kämpfte sie sich durch den gestelzten Text.
    Nein, das konnte nicht sein!, dachte sie entsetzt, als sie ihre Lektüre beendet hatte. Was teilte der Kartenmacher ihr da mit? Hastig las sie den Brief ein zweites Mal, um ganz sicher zu sein, dass sie alles richtig verstanden hatte.
    Sie schluckte. Ja, sie hatte richtig gelesen. Ihre Hände zitterten so sehr, dass das Papier zwischen ihren Fingern leise knisterte. Sie merkte, wie ihre Augen feucht wurden. O Gott, sie musste sich zusammenreißen, auf keinen Fall wollte sie vor der Schwester des Sultans in Tränen ausbrechen!
    »Nun, was gibt es Neues aus der Heimat?«, fragte Zehra prompt.
    »Ich muss nach Hause. Sofort!«, stieß Johanna hervor.
    »Aber warum denn? Was ist passiert?«
    »Sie wollen mir meine Töchter wegnehmen.«
    Ihre Stimme versagte. Sie schluckte wieder und versuchte Ruhe zu bewahren.
    Die beiden Mädchen ließen ihre Rohrfedern ruhen und sahen Johanna entsetzt an. In Selmas Augen bildeten sich Tränen.
    »Wie können sie das denn tun?«, fragte Zehra mehr interessiert als entsetzt.
    »Ich habe Feinde in Frankfurt, mächtige Feinde. Und die haben es darauf abgesehen, mir das Leben immer wieder schwer zu machen. Ständig ersinnen sie neue Gemeinheiten gegen mich. Jetzt haben sie anscheinend den Vormund meiner Töchter gegen mich aufgehetzt. Und ich habe keinen Mann, der mir hilft und mich beschützt!«
    »Ja, wir Frauen ohne Männer müssen zusammenhalten«, nickte Zehra grimmig. »Wenn ich nicht zum Hadsch müsste, würde ich ja mit dir nach Frankfurt kommen und dich unterstützen. Aber wir müssen nach Mekka. Gott will es so, und wir müssen uns seinem Willen beugen.«
    Wie alle im Harem wusste auch Johanna, dass die Schwester des Sultans jedes Jahr in Mekka ihren Geliebten traf, einen hohen Beamten aus Edirne. Der Hadsch war die einzige Gelegenheit für sie, ihn zu treffen.
    Zehra legte ihr die Hand auf den Arm.
    »Wir werden in Mekka für dich beten, Yuhanissa«, verkündete sie feierlich. »Du wirst schon sehen, Gott – gepriesen sei sein Name! – wird auf deiner Seite sein.«

20. KAPITEL
    D ie Sirena war eine prächtige dreimastige Galeone. Eine goldene Meerjungfrau mit großen Brüsten, wallenden Haaren und einem Fischschwanz war als Galionsfigur unter dem Bugspriet angebracht. Auch das Heck war von goldenen Verzierungen und Figuren geschmückt. Ganz oben hingen drei goldene Laternen. Allein auf der Backbordseite befanden sich zwanzig Kanonen. Und das, obwohl die Sirena ein Handelsschiff war.
    Johanna konnte sehen, wie Marcello auf dem Vordeck mit einem Mann

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