Die Kaffeemeisterin
solch lächerliche Ränke schmiedet und ich Euch dabei erwische, dann passt auf, dass nicht Ihr diejenige seid, deren Kopf am Ende rollt!«
Sichtlich zufrieden, als hätte er etwas hinter sich gebracht, was schon längst überfällig gewesen war, ließ sich Mahmud wieder in seine Kissen sinken.
Emine Hanim war blass geworden. Schwer atmend gegen den Rahmen der Balkontür gestützt, schien sie mit sich zu ringen, ob sie auf die Worte des Sultans noch etwas entgegnen oder lieber schweigen sollte.
Als Zehra sie dort so stehen sah, lief sie auf ihre Mutter zu und flüsterte ihr ein paar beruhigende Worte ins Ohr. Sanft, aber bestimmt schob sie sie vom Balkon und nahm wieder Platz auf ihrem Kissenberg.
»Was für ein Tohuwabohu!«, stöhnte sie wohlig und biss krachend in ein orangefarbenes, spinnenartiges Gebilde aus karamellisiertem Zucker.
Doch kaum hatte sie ihre Süßigkeit verzehrt, klatschte sie zweimal in die Hände, um die Sklavinnen aus ihrer Schockstarre zu reißen.
»Hallo? Vielleicht kommt hier mal jemand zum Aufräumen? Iskender, der Teppich muss dringend sauber gemacht werden!« Angeekelt zeigte sie auf die Speichelspuren, die ihr Bruder hinterlassen hatte. »Und ordne die Bücher neu! Das ist ja das reinste Durcheinander hier.«
Johanna spürte, wie sie vom Boden hochgezogen wurde. Noch immer hielten die Janitscharen sie fest im Griff.
Der Sultan bedeutete seinen Gardisten zu gehen. Auch der Arzt erhob sich und zog sich unter vielfachen Verbeugungen zurück. Nur der Arabischlehrer blieb auf dem dicken bunten Teppich hocken und starrte angestrengt zu Boden.
»Gut, dass wir uns über die Pilgerfahrt nun einig sind, lieber Bruder!« Als hätte es keinerlei Unterbrechung ihres Gesprächs gegeben, griff Zehra nach einem weiteren orangefarbenen Gebäckstück. »Hast du das schon mal probiert, Mahmud? Das ist schön süß!«, kicherte sie anzüglich. »Und vergiftet scheint es auch nicht zu sein.«
Sie drehte sich zu Johanna um, die sich mit wackeligen Knien am Balkongitter festhielt und noch immer um Fassung rang.
»Mama ist ein bisschen temperamentvoll, Yuhanissa. Du kennst ja die Italiener: Wenn sie nicht ständig in ihre Opern gehen können, müssen sie selbst irgendwelche Dramen inszenieren. Sie meint das nicht böse. Wirklich nicht! Nimm es ihr nicht übel! Es ist ja nichts passiert. Wir alle sind ja noch mal mit dem Schrecken davongekommen«, sagte sie kauend.
Ihre Worte drangen wie durch einen dicken Vorhang zu Johan na durch. Sie wusste weder, was sie Zehra antworten, noch, was sie als Nächstes tun sollte. Für die Schwester des Sultans schien die Angelegenheit erledigt zu sein, zumindest vorerst. Sie versuchte einen Blick des Arabischlehrers zu erhaschen, aber der schaute unverwandt zu Boden. »Du hast mein Leben gerettet, weißt du das, lieber guter Salomon?«, hätte sie ihm am liebsten zugerufen. Stattdessen fiel sie in einen tiefen Kniefall vor dem Sultan.
»Wenn Ihr erlaubt, edler Herrscher, werde ich Euch sofort einen neuen Kaffee zubereiten«, brachte sie mit bebender Stimme hervor.
Der Sultan nickte ihr zerstreut zu und befahl ihr mit einer wedelnden Handbewegung, sich wieder zu erheben.
»Nein, lass nur«, sagte er dann. »In der Kanne ist ja sicher noch was drin. Und warm genug dürfte der Kaffee wohl auch noch sein. Wenn die Sklavin Gül mir dieses Mal die richtige Zuckerdose aus der Küche bringt, wird er mir gewiss munden, davon bin ich überzeugt.«
Er machte eine ungeduldige Kopfbewegung zu der Ungarin, die sich mit einem flüchtigen Knicks sofort in Richtung Küche verzog, um wenig später mit einer Meissner »Tiger«-Zuckerdose wiederzukehren. Johanna hielt ihr die frisch gefüllte Kaffeetasse hin, in die Gül unter den scharfen Blicken Zehras drei gehäufte Löffel Zucker gab.
»Bitte sehr, mein Herr und Gebieter, Euer Kaffee! Möge er Euch diesmal besser munden!«, sagte Johanna, die aufpassen muss te, nichts zu verschütten, weil ihre Hand noch immer zitterte.
Der Sultan spitzte die Lippen, nahm vorsichtig einen Schluck von dem dampfenden Getränk und ließ die Flüssigkeit gurgelnd ein paarmal im Mund hin- und herschwappen.
Johanna fühlte sich, als hätten die Janitscharen sie auf eine Folterbank gespannt. Es kam ihr wie Ewigkeiten vor, bis der Padischah endlich den Kopf in ihre Richtung drehte und mit einem kurzen Nicken seine Anerkennung kundtat.
»Irgendjemand muss die Valide Sultan auf die törichte Idee gebracht haben, sie könnte ebenfalls auf Pilgerfahrt
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