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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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scheint nicht allzu stark zu sein. Ihr seht ein wenig blass um die Nase aus. Ist Euch übel? Schwindelig? Habt Ihr Bauchkrämpfe?«
    Der Sultan schüttelte den Kopf. Sein Gesicht war noch immer zu einer angeekelten Grimasse verzogen.
    » I ğ renç ! Das hat vielleicht widerlich geschmeckt! Zum Glück habe ich nur einen ganz kleinen Schluck genommen, sonst wäre ich bestimmt schon tot.«
    Zwei schwer bewaffnete Männer kamen herbeigestürmt. Ihre Uniformen, vor allem die hohen roten Filzhauben mit dem Nackenhang und den fächerartig ausgebreiteten Federbüschen, ließen sie als Janitscharen erkennen. Sie mussten vor der Tür zum Harem gewartet haben.
    Der Sultan zeigte auf Johanna.
    »Nehmt diese Frau fest!«, befahl er seinen Leibwächtern.
    An seine Schwester gewandt, fügte er hinzu:
    »Wer ist das überhaupt? Ich habe diese Frau hier noch nie gesehen.«
    Johanna hatte die Entwicklung der Ereignisse mit zunehmendem Entsetzen verfolgt. Sie hatte keine Ahnung, was passiert sein konnte. Sie hatte doch alles ganz genau so gemacht, wie die alte Aglaia es ihr erklärt hatte. Keinen Deut war sie von deren Anweisungen abgewichen, wie sie den Kaffee für den Sultan zubereiten sollte. Und nun wollte man sie festnehmen, weil sie ihn angeblich hatte vergiften wollen! Ein »Schlangennest« hatte Aglaia den Harem genannt. Ja, dieser Ort war in der Tat ein Schlangennest. Und sie war mittendrin.
    In diesem Augenblick stürzten sich die beiden Janitscharen auf sie. Brutal bogen sie ihr den Arm auf den Rücken und warfen sie zu Boden. Ihr Handgelenk knackte, als sie sich im Hinfallen auf dem Teppich abstützen wollte. Sie spürte einen Gewehrlauf an ihrem Hinterkopf. Ein roter Stiefel stand auf ihren Fingern.
    Aus ihrer knienden Haltung heraus konnte Johanna sehen, wie Emine Hanim, die Mutter von Zehra Sultan, auf den Bal kon trat. Majestätisch schwebte die Sechzigjährige in einem mohnblumenfarbenen Kleid heran, das über und über mit Gold fäden bestickt war. Ihre langen schwarzen Haare waren mit grauen Strähnen durchsetzt. Kein bisschen scherte sie sich da-rum, sich vor den anwesenden Männern zu verhüllen.
    »Da siehst du, was du davon hast, ein solches Natterngezücht an deinem Busen zu nähren, Zehra!«, rief sie mit ihrer zittrigen Stimme. »Diese Deutsche hat sich bei uns eingeschlichen und versucht unseren geliebten Padischah zu vergiften. Ein Attentat auf unseren Herrscher hat sie verübt – und in ihrer grenzenlosen Dummheit wohl gedacht, sie würde damit durchkommen.« Sie lachte scheppernd, sodass die Klunker um ihren Hals gegen einanderstießen. »Nein, nicht bei uns! Diese Frau hat den Tod verdient, Zehra! Und ihre Gönnerin genauso. Ja, auch Aglaia muss sterben! Dieser verlogenen Armenierin habe ich noch nie über den Weg getraut … Du bist einfach zu gutmütig, Zehra, mein Kind. Das warst du schon immer, selbst als du ganz klein warst. Jetzt siehst du, wie dein gutes Herz schamlos ausgenutzt wird: Um ein Haar hätte man deinen geliebten Bruder vergiftet!«
    Der Leibarzt, ein spindeldürrer Mann mit einem hennagefärbten Schnurrbart und einem gewaltigen Turban, drängte sich durch die Umstehenden. Er kniete neben dem Sultan nieder und sah ihm in den Mund.
    »Hm«, sagte er ratlos, nachdem er eine Weile mit dem Herrscher geflüstert hatte.
    Vorsichtig nahm er schließlich die Tasse vom Boden, aus der Mahmud getrunken hatte, und roch an der verbliebenen Flüssigkeit.
    »Aber … aber … ich verstehe das nicht! Ich habe alles genauso gemacht, wie Aglaia es mir gezeigt hat!«, rief Johanna zutiefst verzweifelt.
    Der größere der beiden Janitscharen hatte sein Knie auf ihren Rücken gestemmt, um sie am Aufstehen zu hindern, und hielt ihren Arm im Klammergriff nach oben gepresst. Johanna biss die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerz aufzuschreien. Eine panische Angst hatte sich ihrer bemächtigt.
    »Das behaupten alle Verräter«, sagte die alte Venezianerin kalt. »Immer beteuern diese Leute ihre Unschuld. Ich habe noch nie erlebt, dass einer von euch Pack sein Verbrechen zugegeben hätte. Immer versucht ihr euch herauszuwinden.«
    An die beiden Janitscharen gewandt, rief sie herrisch:
    »Los, tötet sie! Worauf warten wir noch? Bringen wir es hinter uns! Die Sache ist glasklar. Mahmud, wollt Ihr Euren Männern nicht endlich den Befehl erteilen?«
    » Hayır! Nein!«, schrie in dem Moment die kleine Selma und warf sich schluchzend vor Johanna auf die Knie.
    »Yuhanissa hat bestimmt nichts Böses im Sinn

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