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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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allein hier unten, dann verhallen meine Klänge ungehört. Das ist nicht weiter schlimm, im Gegenteil, dann spiele ich eben nur für mich und den Wind.« Er lachte vergnügt. »Wenn er mich mit seinem Geheul nicht übertönt! An stürmischen Tagen pfeift es einem hier um die Ohren, fast wie bei einem Orgelkonzert.«
    Johanna hatte es sich auf dem großen Stein neben dem Geigenkasten bequem gemacht, sie hatte die Beine hochgezogen und die Knie mit beiden Armen umschlungen. Erwartungsvoll schaute sie ihn an.
    »Als Erstes werden Sie eine Gavotte von meinem verehrten Lehrer Antonio Vivaldi zu hören bekommen, der mich mehr beeinflusst hat, als meine Eltern es je vermochten. Es ist ein eher unbedeutendes Stück, zumindest aus Sicht des prete rosso selbst. Ich hingegen mag dieses kleine Tänzchen ungemein, es ist so anders als alles andere – wissen Sie?« Wieder warf er ihr einen kurzen Blick zu, wie um ihre Reaktion zu prüfen. »Dann folgt noch eine Sonate von Salomone Rossi, einem jüdischen Geiger und Komponisten, der vor hundert Jahren am Hof des Herzogs von Mantua lebte, und am Schluss eine Überraschung, Sie werden sehen.«
    Bevor sie etwas erwidern konnte, hatte er schon den Bogen angesetzt. Ganz zart und leise begannen sich die Töne zu entwickeln, ein Wispern und Schleifen, als würde eine leichte Brise über die Wasseroberfläche, durch die Zweige eines Baumes streifen, um dann in einem plötzlichen Crescendo immer ausgreifender, immer ungebändigter zu werden, bis Johanna das Gefühl hatte, sich in einem wilden Tanz mit dem Erzeuger dieser wunderschönen Musik im Kreise zu drehen.
    Als der letzte Ton der Gavotte verklungen war und Gabriel für einen kurzen Moment innehielt, war sie fast so außer Atem wie er selbst. Doch er nickte ihr nur zu, rückte das Instrument unter seinem Kinn zurecht und setzte den Bogen erneut an.
    Johanna wusste nicht, wie lange er gespielt hatte, als er endlich Geige und Bogen langsam sinken ließ und eine angedeutete Verbeugung vor ihr machte. Sein Gesicht war gerötet, die hohe Konzentration hatte ihm das Blut in die Wangen steigen lassen. Kleine Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
    Stumm erwiderte sie seinen Blick. Sie konnte nicht sprechen. Sie ahnte, ihre Stimme würde ihr nicht gehorchen, wenn sie jetzt auch nur ein einziges Wort sagte. Wenn sie versuchen würde auszudrücken, was sie empfunden hatte während seines Spiels. Wenn sie die unermesslich weite Landschaft von Emotionen zu beschreiben trachtete, die sie im Laufe seines Konzerts durchschritten war: Berge, Täler, reißende Flüsse und plätschernde Bächlein, Wiesen mit leuchtend bunten Blumen, schroffe Felsen, wogende Felder – und darüber ein Himmel, der mal strahlend blau, dann wieder düster und von dräuenden Wolken durchzogen war.
    Verstohlen wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Gabriel war auf sie zugetreten. Vorsichtig deponierte er die Geige in dem neben ihr liegenden Geigenkasten und deckte sie mit einem bunten Seidentuch ab. Er klemmte den Bogen in die dafür vorgesehenen Halter.
    »Hat es Ihnen gefallen?«, fragte er betont beiläufig.
    Johanna nickte. Sie räusperte sich und rückte ein Stück zur Seite, als er den Geigenkasten zuklappte, ihn auf dem grasbewachsenen Boden abstellte und sich neben sie auf den großen Stein schwang. Sie löste ihre Knie aus der Umklammerung, ließ die Beine hinunterbaumeln und stützte sich mit beiden Händen hinter ihrem Rücken ab. Zu spät bemerkte sie, dass auch Gabriel seine Hand dort abgelegt hatte. Ihre Finger berührten sich leicht.
    »Die Überraschung am Schluss …«, begann sie stockend. »Das war eine Komposition von Ihnen, nicht wahr?«
    Sie wagte nicht, ihn anzusehen. Hinter ihr schlugen leise die Wellen gegen das Ufer. Aus der Ferne läuteten mehrere Kirchglocken in einer seltsamen Harmonie zum Abendgebet.
    »Ja, das war von mir«, erwiderte er leichthin. »Wollen Sie wissen, wie das Stück heißt?«
    Wieder nickte sie stumm. Sie wollte ihre Haltung verändern, um ihre Hand aus der gefährlichen Nähe zu seiner zu nehmen, doch er kam ihr zuvor.
    »Gute Idee!«, sagte er. »Wir sollten auf den Fluss schauen und nicht von ihm weg!«
    In einer fließenden Bewegung war er von dem Stein hinuntergeglitten und hatte ihre Beine auf Kniehöhe ergriffen, um sie einfach einmal um die eigene Achse zu drehen, bis sie mit dem Gesicht in die andere Richtung blickte.
    »He, was machen Sie da?«
    Johanna musste lachen. Sie hatte Strenge in ihre Stimme zu

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