Die Kaffeemeisterin
Mörsern, Töpfen und anderen Küchengeräten gab es in dem hölzernen Ungetüm nichts zu sehen
»Nein, im Keller! Die Falltür unter der Truhe führt zum Keller. Die Hoffmanns lagern dort ihre Apfelweinvorräte. Das Haus ist vollständig unterkellert.«
Ännchen begann am ganzen Körper zu zittern.
»Wenn ihr nur nichts passiert ist!«
Johanna stemmte sich gegen die Truhe.
»Sie müssen mir helfen! Alleine kriege ich das Ding nicht von der Stelle. Ich müsste die Truhe erst ausräumen. Aber zu zweit schaffen wir es vielleicht.«
Zögernd betrat Ännchen die geräumige Küche. Sie drehte sich noch einmal um, zog den Schlüssel aus der Haustür, steckte ihn in die linke Schürzentasche, ließ die Tür aber offen. Sie öffnete eine Schublade und nahm ein großes Messer heraus, das sie griffbereit neben sich auf den Boden legte.
»Wer weiß, was wir dort finden …«, raunte sie unheilvoll.
Gemeinsam schoben sie die Truhe an. Mit einem fürchterlichen Quietschen bewegte sie sich langsam vom Fleck. Als die Falltür endlich frei zugänglich vor ihnen lag, trafen sich die Blicke der beiden Frauen. Auf den groben Holzbrettern, genau dort, wo die Truhe gestanden hatte, befand sich ein dunkler Fleck. Blut!
Kreidebleich lief Ännchen Münch nach draußen. Wenig später kam sie mit einer riesigen Leiter zurück, die sie mehr hinter sich herschleifte als trug.
»Die brauchen wir, um in den Keller zu kommen«, keuchte sie.
Mühsam zog Johanna die Falltür an dem eingelassenen Eisenring hoch. Sie kniete sich nieder und steckte den Kopf in den Kellerraum hinein. Kälte und ein leicht muffiger Geruch schlugen ihr entgegen. Nur der Raum direkt unterhalb der Luke wurde durch das einfallende Licht der Laterne erhellt, die Ännchen über ihr hielt. Weiter hinten war nichts als schwarze Dunkelheit. Kein Laut war zu vernehmen.
»Gehen Sie vor! Ich kann da nicht reingehen. Ich habe Angst vor Geistern.« Bedauernd zuckte die Nachbarin mit den Schultern. »Ich leuchte Ihnen, während Sie hinuntersteigen.«
Gemeinsam ließen sie die Leiter in die Dunkelheit hinab, bis diese auf dem Boden aufkam. Ännchen kniete sich nieder, um das obere Ende der Leiter festzuhalten. Vorsichtig setzte Johanna einen Fuß auf die dritte Sprosse, um zu testen, ob die Leiter auch nicht abrutschen würde. Doch Ännchen sorgte dafür, dass sie nicht hin und her wippte. Sie hängte die eine Laterne an einen Haken nahe der Falltür und drückte Johanna die andere in die Hand.
Während Johanna vorsichtig begann, eine Stufe nach der anderen hinunterzuklettern, sagte Ännchen:
»Das nehmen Sie besser auch noch mit!«
Sie reichte ihr mit ausgestrecktem Arm das Küchenmesser hinunter.
Die Leiter endete in einem kleinen Vorraum, der bis unter die Decke mit aufeinandergestapelten Fässern gefüllt war. Ein schmaler Gang führte tiefer in das Kellergewölbe hinein.
»Und?«, fragte Ännchen mit furchtsamer Stimme von oben.
Johanna hob die Laterne, um besser sehen zu können. Aber so weit ihr Blick reichte, sah sie nichts als mehrreihig den Gang säumende Fässer, Kisten und pralle Säcke.
»Ich schaue mal nach, was am Ende des Ganges ist«, flüsterte sie, als könnte jemand mithören.
Ein seltsames Kratzgeräusch, das aus den Tiefen des Kellers zu ihr drang, ließ sie herumfahren. Fast wäre ihr vor Schreck die Laterne aus der Hand gefallen.
»O Gott!«, schrie Ännchen, die das Geräusch ebenfalls gehört hatte. »Was war das?«
Johanna war die paar Schritte, die sie sich schon in den schlauchartigen Raum zwischen den Fässern hineinbegeben hatte, aufgescheucht zurückgerannt und stand nun wieder am Fuß der Leiter. In was für eine Lage hatte sie sich da bloß gebracht? Warum war sie so dumm gewesen, Gabriels Begleitung abzulehnen? Ob sie ans andere Ufer laufen und Hilfe holen sollte? Doch dann müsste sie möglicherweise Sperrgeld zahlen, und sie hatte ihre Geldkatze nicht dabei. Und ob Elisabeth dann noch am Leben war, wenn sie jetzt in die Stadt zurückkehrte …
Johanna sah in Ännchens ängstliches Gesicht, das über ihr in der Luke erschienen war. Nein, sie musste sofort handeln! Wenn es sein musste, eben allein.
»Elisabeth?«, rief sie beklommen. »Bist du das?«
Wieder hörte sie ein Geräusch. Diesmal klang es so, als träte jemand mit dem Fuß gegen ein Fass. Immer wieder.
Johanna riss sich zusammen und ging in die Richtung, aus der die unheimlichen Laute kamen. Ihre Knie zitterten. Zwar hatte sie im Gegensatz zu Elisabeths Nachbarin
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