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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Apfelweinbauer davon Wind bekommen, dass seine Frau ihrer alten Freundin alles erzählt hatte, und sie grün und blau geprügelt. Danach waren ihr Gottfrieds Drohungen nicht mehr als bloße Großsprecherei vorgekommen. Die Angst um Elisabeth hatte Johanna dazu gebracht, sich all die Monate die Schikanen des mächtigen Apfelweinwirts gefallen zu lassen. Zuletzt hatte er versucht, sie einzuschüchtern, indem er die Kaffeeguckerin zu ihr geschickt hatte. Ob er es wirklich ernst meinte und so lange nicht aufgab, bis er sie und ihr Geschäft zugrunde gerichtet hatte?
    Ratlos schaute sich Johanna um. Warum war die Küchentür abgeschlossen? Kein Mensch schloss doch tagsüber seine Türen ab! Es sei denn, er war verreist und sein Gesinde gleich mit. Aber Elisabeth hatte doch niemanden in Frankfurt, zu dem sie gehen konnte, sie musste zu Hause sein! Warum machte sie dann nicht auf? Das konnte doch nur bedeuten, dass etwas Schreckliches geschehen war.
    Ihr Blick fiel auf ihre Begleiterin. Ännchen Münch würde ihr keine große Hilfe sein, das war klar. Dazu war die Frau, die sich neben ihr in eine Ecke drückte, viel zu verängstigt. Dass es Leute gab, die noch weniger Mut hatten als sie selbst, hätte Johanna nicht gedacht.
    Eine Fledermaus segelte im Tiefflug über sie hinweg. Ännchen schrie auf. Nun machte sich auch in Johanna Panik breit. Wie unheimlich das war!
    Ohne einen Ton zu sagen, rannte Ännchen aus dem Hof.
    Johanna sah, wie sie quer über die Straße auf ihr eigenes Hoftor zulief und in dem sich öffnenden Manntor verschwand. Gut, jetzt war sie also allein in ihrem Gang, Elisabeth zu retten, dachte sie resigniert und duckte sich vor einer weiteren Fledermausattacke. Sie wusste, dass die Tiere im Grunde vollkommen harmlos waren. Trotzdem hatten sie etwas furchtbar Gruseliges an sich, wenn sie so dicht über einen hinwegflogen, dass man meinte, ihre Flügelspitzen über das Gesicht streifen zu fühlen.
    Sie staunte nicht schlecht, als sie kurz darauf hörte, wie die Hoftür der Münchs wieder zufiel und Ännchen mit zwei brennenden Laternen in der Hand neben ihr auftauchte. Immer noch wortlos steckte Elisabeths Nachbarin einen großen Schlüssel ins Schloss und schob vorsichtig die Küchentür auf.
    »Huhu! Elisabeth, bist du da? Ich bin’s, Ännchen! Ich wollte nur mal sehen, ob bei dir alles in Ordnung ist!«
    Johanna war überrascht von der unerwarteten Beherztheit der kleinen Frau. Sie hatte Ännchen Münch eindeutig unterschätzt.
    Niemand antwortete. Zögernd blieb die Nachbarin in der Eingangstür stehen.
    »Es ist etwas geschehen«, flüsterte sie Johanna zu. »Schauen Sie sich nur an, wie die Küche aussieht!«
    Johanna stellte sich auf die Zehenspitzen, um Ännchen über die Schulter zu gucken. Tatsächlich sah die Küche aus wie ein Schlachtfeld. Ein Regal war heruntergebrochen und schräg auf dem Küchentisch gelandet. In einem wilden Durcheinander waren die Vorräte im ganzen Raum verstreut. Auf dem Steinboden lagen die Scherben einer Porzellanschüssel, die Johanna Elisabeth zur Hochzeit geschenkt hatte und von der sie wusste, dass die Freundin sie wie ihren Augapfel gehütet hatte.
    »Warum haben sie nur die Truhe über den Kellereingang gerückt?«, fragte Ännchen zaghaft, nachdem sie das Durcheinander eine Weile sprachlos betrachtet hatten. »Die steht doch sonst nicht da!«
    Einem Impuls folgend, schob Johanna die Frau zur Seite und betrat die Küche. Geschwind flitzte eine Maus, die an den verschütteten Dinkelkörnern geknabbert hatte, in ihr Loch gleich neben der Tür zurück. Johanna durchquerte mit großen Schritten die Küche und die angrenzenden Räume. Im Gegensatz zur Küche waren alle anderen Zimmer im Erdgeschoss ordentlich aufgeräumt und sahen aus, als hätte sich seit Ewigkeiten niemand mehr in ihnen aufgehalten. Als sie in die Küche zurückging, merkte sie, dass sie Mehlspuren auf dem Boden hinterlassen hatte.
    Ännchen hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Wie jemand, der damit rechnete, im nächsten Augenblick fliehen zu müssen, stand sie wie angewurzelt im Türrahmen und starrte auf die eisenbeschlagene Truhe.
    »Hier unten ist niemand. Ich schaue noch schnell in den oberen Räumen nach. Sagen Sie mir nur rechtzeitig Bescheid, wenn jemand kommt!«, rief Johanna und nahm ihr die Laterne aus der Hand.
    »Sie ist nicht oben. Sie ist da!«, sagte Ännchen mit bebender Stimme und zeigte auf die Truhe.
    »In der Truhe?«
    Johanna hob den schweren Deckel an. Außer ein paar

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