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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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die Truhe zu, nahm ihre ganzen Kräfte zusammen und hob mit einer letzten Anstrengung den schweren Deckel auf.
    In gekrümmter Haltung, die Knie zur Brust gezogen, lag Elisabeth, einen Knebel vor dem Mund, an Hand- und Fußgelenken gefesselt, in dem hölzernen Schrein und rang um Luft.
    »Mein Gott, Elisabeth! Was hat dieses Schwein dir angetan?«
    Johanna schlug entsetzt die Hände vors Gesicht. Tränen der Wut und des Entsetzens stiegen ihr in die Augen. Was musste Elisabeth für Ängste durchlitten haben! Was für Qualen! Von ihrem eigenen Mann derart misshandelt zu werden!
    Elisabeths flehender Blick brachte sie wieder zur Besinnung. Hastig begann sie die Binde um den Mund der Freundin mit dem Messer aufzuschneiden.
    »Halt still!«, befahl sie, als Elisabeth sich aus ihrer unbequemen Haltung aufrichten wollte.
    Kaum hatte sie endlich das Tuch von ihrem Gesicht entfernt, spuckte Elisabeth japsend den Knebel aus und atmete mehrmals tief durch. Ein keuchender Husten entrang sich ihrer Brust, der in ein undeutliches Stammeln mündete.
    »Pscht!«, versuchte Johanna die Freundin zu beruhigen. »Es ist alles in Ordnung, du bist gerettet.«
    »Was ist los?«, rief Ännchen in einer Mischung aus Panik und Neugier von oben.
    »Es ist Elisabeth, sie lebt!«, erwiderte Johanna halb erschöpft, halb triumphierend. »Ich bringe sie hoch!«
    Mühsam half sie Elisabeth, sich aus ihrer liegenden Haltung aufzurichten. Die Freundin stöhnte vor Schmerz. Es dauerte schier endlos, bis Johanna endlich die Stricke aufgesäbelt hatte, mit denen die Handgelenke der Gefangenen zusammengebunden waren. Sie hatte nur eine Hand zur Verfügung, in der anderen hielt sie die Laterne, um besser sehen zu können.
    Kaum hatte Elisabeth die Hände frei, wollte sie Johanna die Laterne abnehmen. Doch ihre Finger waren von den Fesseln so steif geworden, dass sie sie nicht bewegen konnte. Wieder stöhnte sie schmerzvoll auf.
    »Halt den Arm hoch!«
    Johanna hängte ihr die Laterne in die Armbeuge, bevor sie sich an den Fußfesseln zu schaffen machte. Als sie auch diese endlich durchschnitten hatte, nahm sie die Laterne wieder an sich und stellte sie auf eines der Fässer.
    »Er wollte mich umbringen«, waren Elisabeths erste Worte, die in ein Wimmern übergingen.
    »Darüber reden wir später, jetzt müssen wir erst mal hier raus«, erwiderte Johanna knapp. »Kannst du aufstehen?«
    Elisabeth legte beide Hände auf den Rand der Truhe und versuchte sich hochzuziehen. Doch ihre Arme waren zu schwach, um ihr ganzes Körpergewicht zu tragen.
    Selbst bei der schlechten Beleuchtung konnte Johanna erkennen, dass die Freundin blutige Kratzspuren im Gesicht hatte und die Äderchen in ihren Augen geplatzt waren.
    »Setz dich erst mal einen Moment in der Truhe auf und schüttel deine Hände und Füße, damit wieder Blut in deine Glieder fließt!«
    Elisabeth gehorchte stumm. Mehrere Male holte sie tief Luft, als wollte sie ihre Lungen endlich wieder mit frischem Atem füllen. Ihre Hände ballte sie zu Fäusten und streckte sie dann. Johanna konnte sehen, dass sie auch ihre Beine vorsichtig bewegte. Noch immer ging ihr Atem rasselnd.
    »Da kommt jemand, ich höre Schritte!«, schrie Ännchen mit gellender Stimme vom Ausgang her. »Ich sehe nach. Lasst uns beten, dass das nicht Hoffmann ist!«
    Johanna und Elisabeth sahen sich an.
    »Das kann nur Gottfried sein«, stammelte Elisabeth.
    Wieder versuchte sie sich hochzustemmen. Diesmal kam sie mit Johannas Hilfe bis auf die Knie.
    »Halten Sie ihn auf, Ännchen!«, rief Johanna.
    Doch die Nachbarsfrau antwortete nicht. Sie schien ihren Posten oben an der Luke schon verlassen zu haben.
    Sie würde sich doch wohl nicht einfach aus dem Staub machen?, fragte sich Johanna angsterfüllt. Nun, so oder so: Es galt auf jeden Fall, schleunigst hier wegzukommen! Beherzt fasste sie Elisabeth noch fester unter den Armen und begann sie in eine stehende Haltung zu ziehen. Unter größter Anstrengung hob die Freundin erst das eine, dann das andere Bein über den Rand der Truhe.
    »Bitte, lass uns so schnell wie möglich hier raus!«, flüsterte Elisabeth mit schreckgeweiteten Augen.
    Taumelnd bewegte sie sich in Richtung Ausgang. Immer wieder drohten ihr die Beine wie zwei Strohhalme wegzuknicken.
    »Der Gang da ist versperrt!«, rief Johanna. »Hier entlang, zwischen den Fässern!«
    Sie fasste die Apfelweinwirtin bei den Schultern und schob sie den schmalen Gang zwischen den Fässern hindurch. Zum Glück war Elisabeth nicht mehr

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