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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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schweinsäugigen Dicken mit Stupsnase. Anne setzte sich vor allem durch lautes Zetern gegen einen kaum dem Kindesalter entwachsenen Jüngling zur Wehr, der ihr einen großen Stößel zu entreißen versuchte. Trotz allem gelang es ihr, Johanna durch heftiges Rucken mit dem Kinn zur Zimmerdecke zu bedeuten, dass die Mädchen sich oben in ihren Zimmern und damit in Sicherheit befanden.
    Erleichtert setzte Johanna ihren makaberen Rundgang durch die Coffeemühle fort. Wenigstens eine Sorge war von ihr genom men! Aber wo um Himmels willen war Gabriel? Wahrscheinlich war er von all ihren Leuten der Gefährdetste. Wenn Gottfried Hoffmann herausbekam, dass er Jude war, würde er sicher nicht lange fackeln und kurzen Prozess mit ihm machen.
    Mit einem Ruck stieß sie die Tür zum Damensalon auf. Sie spürte einen Widerstand, der von einem am Boden liegenden Verletzten kam. Stöhnend rollte der Mann in die Zimmerecke hinter der Tür. Auch ihn hatte sie nie zuvor gesehen. In dem Moment näherte sich Justus von Zimmer, der sie wohl nicht bemerkt hatte, dem Liegenden. Er hielt einen dreiarmigen Leuchter in der Hand, mit dem er sich drohend vor dem wehrlosen Mann aufbaute. Auch den Neffen des Schultheißen hatte es ordentlich erwischt: Er hielt sich mit seiner freien Hand ein blutiges Küchenhandtuch vor die Nase gepresst, und sein Rüschenhemd hing in Fetzen an ihm herunter. Mit dem eleganten Schnösel, den sie kannte, hatte dieser aus allen Poren schwitzende Mann mit dem verstrubbelten Haar und dem angriffslustigen Funkeln in den Augen nichts mehr gemein.
    Plötzlich sah sie ein Messer hinter dem Kämpfenden aufblitzen.
    »Vorsicht! Attacke von hinten!«, rief sie angsterfüllt.
    Als würde er eine Abfolge mehrerer gut einstudierter Tanzschritte vollführen, drehte sich Justus von Zimmer schwungvoll einmal um die eigene Achse, schmetterte seinem Angreifer den Leuchter ins Gesicht und trat ihm mit dem rechten Fuß kräftig zwischen die Beine. Vor Schmerz brüllend ging Jockel Lauer in die Knie.
    »Danke, Frau Wirtin! Sie haben mir das Leben gerettet«, winkte der Neffe des Schultheißen ihr leutselig zu. »Ganz schön was los heute, gell?«
    Er lachte, als er ihren entsetzten Gesichtsausdruck sah, und versetzte dem Schnapsbrenner noch einen weiteren Tritt mit seinen auf Hochglanz polierten Stiefeln.
    Sämtliche Polster des Sofas und der Fauteuils waren der Länge nach aufgeschlitzt. Auf den Venedig-Veduten prangten matschige Tortenreste. Der Deckel des Spinetts war aus den Angeln gerissen, die Saiten durchtrennt. Nur ein einziger Vorhang hing noch in seinen Gardinenringen. Johanna schossen die Tränen in die Augen: ihr Damensalon! Was für eine Mühe hatte sie sich mit der Einrichtung gegeben! Schulden hatte sie gemacht! Und nun das! Selbst ihr Giraffentischchen hatten die Randalierer nicht verschont. Als hätte man ihm mutwillig beide Vorderläufe gebrochen, stand es fragil auf seinen eingeknickten Beinen da.
    Plötzlich hörte sie einen gellenden Schrei. Aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie eine große bullige Gestalt eine sehr viel kleinere auf das zerfetzte Sofa warf. Christine Haberkorn, die Gattin des Bijoutiers, erkannte Johanna. Doch bevor sie etwas tun konnte, hatte sich der Riese schon auf die sich verzweifelt wehrende Frau gestürzt und ihr das Mieder aufgerissen. Schon nestelte er mit der anderen Hand an seiner Hose.
    Panisch sah Johanna sich um. Um Gottes willen, was sollte sie tun? Sie konnte doch nicht mit ansehen, wie hier in ihren Räumen eine Frau vergewaltigt wurde! Aber wie sollte sie gegen den Riesen ankommen, der sich nun mit seinem ganzen Gewicht auf die noch immer schreiende Bijoutiersgattin legte und versuchte, ihre Beine unter den Stoffmassen ihrer weiten Röcke freizulegen?
    Kurz entschlossen packte Johanna das Giraffentischchen und hob es hoch über ihren Kopf. Sie wollte schon ausholen und es mit aller Wucht auf den Rücken des Mannes niederkrachen lassen, als sie fühlte, wie ihr das Möbelstück brutal von hinten aus der Hand gewunden wurde.
    »Du gönnst meinem Freund wohl seinen Spaß nicht, was, Johanna Berger?«
    Das Giraffentischchen in der einen, eine gewaltige Sichel in der anderen Hand stand Gottfried Hoffmann direkt vor ihr. Seine eine Braue war aufgeplatzt, sodass ihm das Blut über das Gesicht rann. Immer wieder leckte er mit seiner fleischigen Zunge die Tropfen auf, die von seiner Nase herabfielen. Die Haare hingen ihm wirr in die Stirn, seine rot unterlaufenen Augen waren nur noch

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