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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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allerdings nicht erhoben worden. Dieses Mankos war sich Maximinus Thrax
     natürlich bewußt und noch viel mehr, daß er das Kaisertum nicht als Erbe im dynastischen Sinne übernommen hatte. Um so begieriger
     trachtete er danach, sich durch Leistung zu legitimieren: Von seinem Sieg über die Germanen im Jahre 235 (oben S. 197) schickte
     er einen ruhmredigen Bericht nach Rom und ließ große Gemälde des Kriegsgeschehens anfertigen, die vor der Kurie aufgestellt
     wurden (Herodian. 7, 2, 8). Daneben aber traf er – als Mann über 60 – Vorsorge, daß das Kaisertum wieder dynastisch weitergegeben
     werden könne: Er erhob 236 seinen Sohn Maximus zum Caesar.
    Waren es 235 die Soldaten, welche die Kaisererhebung vornahmen, so ging 238 die Revolte gegen Maximinus Thrax, die zur Proklamation
     eines neuen Kaisers führte, von der ‘Zivilbevölkerung’, den Bewohnern der Provinz Africa Proconsularis, aus. Näherhin war
     es die organisierte Jungmannschaft der Grundbesitzer um Thysdrus (in der Landschaft Byzacium), die durch Ermordung eines im
     Sinne des Maximinus Thrax brutal vorgehenden Prokurators (vgl. unten S. 207) die Kaisererhebung Gordians, des Prokonsuls von
     Africa, in Gang setzte. Ihr schloß sich die Stadtbevölkerung von Thysdrus an. Gordian befand sich in der Stadt, was der ganzen
     Bewegung ihren Sinn gab. Der Bekleidung mit dem Purpur folgte die Beilegung des Ehrennamens „Africanus“ (Herodian. 7, 5, 3
     + 8). Dieser wiederum fand in der Zustimmung der ganzen Provinz zum Kaisertum Gordians seine Rechtfertigung. Auf diese Zustimmung,
     den
consensus universorum
der augusteischen Prinzipatsideologie, berief sich Gordian, als er dem Senat in Rom die Ereignisse in Africa zur Kenntnis
     brachte (Herodian. 7, 6, 3).
    |204| Gordian war ein Mann um die 80. Er machte daher seinen Sohn gleichen Namens zum Teilhaber in der Stellung des Augustus und
     meldete auch dies nach Rom. Der Senat erkannte die beiden Gordiane Mitte Januar 238 als Augusti an und übertrug ihnen die
     kaiserlichen Gewalten. Dabei spielte gewiß ihr konsularer Rang, d. h. ihre
nobilitas
, ebenso eine Rolle wie ihr Versprechen, das Regiment nach den Grundsätzen der
clementia
zu führen. Die Ankündigung eines sehr hohen Donativs durch die beiden Kaiser sollte die Garnison von Rom auf ihre Seite bringen;
     die Auslobung eines Congiariums war auf das Wohlwollen der Plebs berechnet. Maximinus, der an der Donau stand, wurde zum Staatsfeind
     erklärt; gegen seine Anhänger in Rom erhob sich ein Sturm.
    Den Gordianen in Africa waren indes nur insgesamt etwa 20 Tage der Herrschaft zugemessen. Der Statthalter Numidiens, Capellianus,
     der sich Maximinus Thrax verpflichtet fühlte, zog mit der ihm unterstehenden
legio III Augusta
nach Karthago, wo die beiden Kaiser residierten. In einem Kampf mit den Karthagern, die ihm bewaffnet vor der Stadt entgegentraten,
     siegte er; der jüngere Gordian fiel. Daraufhin nahm der Vater sich selbst das Leben. Karthago und große Teile der Provinz
     Africa büßten schwer für die Hoffnungen, die sie auf einen Kaiser ihrer Wahl gesetzt hatten.
    Der Senat geriet durch den Tod der beiden Gordiane in Zugzwang gegen Maximinus Thrax, dessen Rache für seine Ächtung zu fürchten
     war. Auf einer Sitzung im Tempel des kapitolinischen Jupiter (Herodian. 7, 10, 2) wurden 20 Konsulare in eine Kommission gewählt,
     die für das Wohl des Staates sorgen sollte (Corp. Inscr. Lat. XIV 3902:
vigintiviri ex senatus consulto rei publicae curandae
). Aus dieser Kommission gingen, wiederum durch Wahl, zwei Männer als gleichgestellte Augusti hervor, welchen der Senat die
     kaiserlichen Gewalten verlieh (Herodian 7, 10, 3 + 5): Pupienus und Balbinus. Die Gleichstellung ging so weit, daß beide auch
     das Amt des
pontifex maximus
erhielten. Bei der Wahl der ‘Senatskaiser’ wurde anscheinend darauf geachtet, daß sie sich durch ihre Fähigkeiten ergänzten.
     Jedenfalls war Pupienus auf militärischem Gebiet der Fähigere, so daß ihm der Krieg gegen Maximinus Thrax zufiel. Balbinus
     sollte die Aufgaben des Kaisertums in Rom wahrnehmen.
    Die außergewöhnliche Prozedur bei der Vergabe des Kaisertums an Pupienus und Balbinus war ein Rückgriff auf senatorische Vorstellungen
     vom Prinzipat und senatorische Kriterien der Staatslenkung überhaupt. Der Senat reagierte damit auf die ‘Entartung’ der Kaisererhebungen,
     als die sich ihm sowohl die des Maximinus |205| Thrax als auch die der Gordiane darstellte. Das

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