Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
‘Senatskaisertum’ erfuhr jedoch schon gleich nach seiner Entstehung eine Korrektur
durch den jahrhundertelang im Prinzipat wirksamen dynastischen Gedanken: Die Plebs demonstrierte auf dem Kapitol für die Wahl
eines Kaisers aus dem Hause der Gordiane. Vielleicht spielte dabei das von Vater und Sohn versprochene Congiarium eine Rolle.
Jedenfalls sahen Pupienus und Balbinus sich gezwungen, den 13jährigen Enkel des älteren Gordian (von seiner Tochter) dem Senat
als Caesar zu empfehlen. Seine Ernennung gab der Plebs das Gefühl, in das politische Geschehen eingebunden zu sein. Das im
Namen der beiden Augusti und des Caesars ausbezahlte, wohl entsprechend hoch dortierte Congiarium tat ein übriges, die Akzeptanz
der ‘Senatskaiser’ zu vergrößern. Eine allgemeine Zustimmung war dadurch allerdings nicht erreicht. Denn mit den Prätorianern
stand eine ‘Gruppe’ abseits, die ihr vermeintliches Anrecht auf Kaisererhebungen keineswegs preisgegeben hatte.
Auf die etwa Anfang Februar 238 anzusetzende Erhebung der beiden ‘Senatskaiser’ folgte im April die Ermordung des Maximinus
Thrax durch seine eigenen Soldaten bei der Belagerung von Aquileia, noch bevor es zum Zusammenstoß mit der Armee des Pupienus,
die sich im Raum Ravenna befand, gekommen war. Auch der Caesar Maximus wurde ermordet. Das ‘Senatskaisertum’ hätte sich nun
entfalten können, wenn nicht der Streit zwischen Pupienus und Balbinus um den Vorrang es gelähmt hätte. Dazu kam der Haß der
Prätorianer auf die beiden Kaiser, der neue Nahrung erhalten hatte durch die germanischen Truppen, die Pupienus mit nach Rom
gebracht hatte. In ihnen sah die Garde Rivalen. So kam es im Mai 238 zur Mordaktion. Pupienus und Balbinus wurden im kaiserlichen
Palast auf gräßliche Art ums Leben gebracht. 99 Tage hatte ihre Herrschaft gedauert (Chron. Min. I 147).
Der Prätorianercoup brachte Gordian das Avancement vom Caesar zum Augustus. Von der Garde erhoben, vom Senat anerkannt, blieb
Gordian III., wie er zur Unterscheidung von seinen beiden Vorgängern genannt wird, fast sechs Jahre im Besitz der Kaiserwürde.
244 kam er auf dem ein Jahr zuvor von ihm begonnenen Perserfeldzug ums Leben, wahrscheinlich durch Verwundung in der Schlacht.
Als seinen Nachfolger erhob das Ostheer den Prätorianerpräfekten M. Iulius Philippus, einen gebürtigen Araber (aus dem Hauran),
dem allerdings nachgesagt wurde, daß er am Tod Gordians irgendwie schuld sei. Wohl gerade deshalb war Philippus Arabs bemüht,
seinem Vorgänger alle erdenklichen Ehren zukommen zu |206| lassen: ein Kenotaph zwischen Circesium und Dura-Europos, die Rückführung seiner sterblichen Überreste nach Rom und die Erhebung
zu den Göttern, so daß es nun – die beiden ‘afrikanischen’ Gordiane waren schon 238 konsekriert worden – drei Divi Gordiani
gab. Überhaupt bewegte sich Philippus Arabs ganz in den Bahnen der römischen Tradition. Seinem nördlich von Bostra gelegenen
Heimatort gab er den Rang einer römischen Kolonie (Philippo polis : Aur. Vict. de Caes. 28, 1) mitsamt dem Aussehen einer solchen (Amphitheater, Aquädukt, Thermen). Seine Frau, Otacilia Severa,
bekam den Augusta-Titel und (wie vor ihr Iulia Domna, oben S. 176) den Ehrennamen
mater castrorum et senatus et patriae
. Sein Sohn, M. Iulius Philippus (iunior), wurde zum Caesar ernannt, später (247) wurde ihm auch die Augustus-Würde zuteil.
Die beste Gelegenheit aber, seine Verbundenheit mit der römischen Tradition zu zeigen, erhielt Philippus Arabs durch die 1000-Jahr-Feier
Roms im Jahre 248.
Der Geburtstag Roms, dessen tausendste Wiederkehr vom 21. – 23. April 248 mit Spielen aller Art und einem Geldgeschenk an die Plebs gefeiert wurde, gab Gelegenheit, die Menschen im ganzen
Reich an den ‘ewigen’ Herrschaftsanspruch Roms zu erinnern. Überall, wo man römische Münzen in die Hand nahm, las man die
Kunde, daß mit dem zu Ende gegangenen Säkulum eine Epoche von 1000 Jahren vollendet sei (MILIARIVM SAECVLUM: Rom. Imp. Coin.
IV 3, 88, Nr. 157) und daß ein neues Säkulum begonnen habe mit allen Hoffnungen, die man auf ein solches und auf Roma aeterna
setzte, deren Tempel mit der Legende SAECVLVM NOVVM auf den Münzen erschien (ebd. 71, Nr. 25). Den Blick in die Zukunft propagandistisch
zu verbrämen, war um so dringender geboten, als die letzten Jahrzehnte des verflossenen Säkulums Verwirrung, Besorgnis, ja
Schrecken ausgelöst hatten, so daß der
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