Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
derjenigen, die sich
dem Befehl des Decius beugten, sei es, daß sie in aller Form opferten
( sacrificati
) oder, ohne zu opfern, sich einen
libellus
verschafften, der ihnen bescheinigte, das Opfer vollzogen zu haben
( libella tici
). Andere wieder ergriffen die Flucht, um sich den Anfechtungen zu entziehen oder um größeres Unheil zu verhüten. Den letzteren
Weg ging Cyprian, der Bischof von Karthago, der seine Gemeinde aus dem Untergrund weiter betreute.
Die ‘weltweit’ durchgeführte Aktion der Bittopfer ging im Laufe des Jahres 250 zu Ende. Damit ebbte auch die Christenverfolgung,
die siebte von Nero an gerechnet (Oros. 7, 21, 2), ab. Decius konnte für sich in Anspruch nehmen, fast die gesamte Reichsbevölkerung
zur Ehre der Götter an die Opferaltäre gebracht zu haben. Zugleich durfte er überzeugt sein, daß die Christen von der allgemeinen
Verfolgung schwer getroffen worden waren. Voll Stolz gab er eine Münzserie in Auftrag, von deren Stücken die Bilder seiner
konsekrierten Vorgänger sozusagen wohlgefällig auf das Werk ihres Nachfahren herabblickten (Rom. Imp. Coin. IV 3, 130 – 132, Nr. 77 – 98).
War der Appell an die religiösen Pflichten der Reichsbevölkerung aber wirklich ein Erfolg? Stiftete er nicht mehr Unfrieden
als daß er die Loyalität steigerte? Wer die allgemeine Lage im Römischen Reich sorgfältig beobachtete, mußte mit Cyprian konstatieren,
daß die schon vor Decius erkennbaren Niedergangssymptome sich unter ihm und nach ihm, d. h. in den Jahren 251 bis 253, in
einer Weise verstärkten und mehrten, daß bei einem Christen der Gedanke an das nahende Weltende aufkommen konnte, zumal nun
auch die Kirche über die Behandlung der unter Decius Abgefallenen
( lapsi
) in eine Zerreißprobe geriet. Cyprian sah sich nach seiner Rückkehr auf den Bischofsstuhl von Karthago (251) veranlaßt, dem
letzteren Problem eine eigene Schrift zu widmen: ›De lapsis‹. Auch |216| über die nun um sich greifende Pest mit ihren verheerenden Folgen äußerte er sich in Buchform: ›De mortalitate‹. Seine Ansichten
über die ‘Reichskrise’ faßte er in dem Traktat ›Ad Demetrianum‹ zusammen. Dabei betonte er das Zusammenspiel von äußerer Bedrohung
und innerer Zersetzung (Verödung des Landes, Mangel an Arbeitskräften, Ansteigen der Preise, Übergriffe von Mächtigen). Der
Negativeffekt des decianischen Zwangsopfers war für ihn mit Händen greifbar.
Während der von Decius entfachte religiöse Sturm seinen Weg durch das Reich nahm, wurden Dakien und Niedermösien von einem
aus dem Barbarenland heranziehenden Unwetter heimgesucht: Die Karpen überfielen Dakien, die Goten überschwemmten Niedermösien.
Decius erschien im Sommer 250 an der unteren Donau. Bei der Stadt Nicopolis ad Istrum/Moesia inferior gelang ihm ein Sieg
über den Gotenkönig Cniva. Aber eine andere Gotenschar war schon bis Philippopolis/Thracia gelangt, wohin nun auch Cniva zog,
gefolgt von Decius. Jenseits des Balkans kam es bei Beroea erneut zum Kampf, in dem die Römer schwerste Verluste erlitten.
Sie mußten sich nach Norden (zur Donau) zurückziehen. Die Goten aber eroberten Philippopolis und brachten in Thrakien eine
ungeheure Beute zusammen (Jord. Get. 18, 101 – 103). Niemand hinderte sie daran. Die Not der Bevölkerung in Mösien und Thrakien spiegelt sich in den zahlreichen der Erde
anvertrauten Münzschätzen, die erst in der Neuzeit in Bulgarien geborgen wurden.
Decius blieb als einzige Möglichkeit, den Goten erfolgreich zu begegnen, die Überwachung der Donau im Bereich der mutmaßlichen
Rückzugsstraßen aus Thrakien. Die Goten ließen lange auf sich warten, so daß Decius sein geschlagenes Heer reorganisieren
konnte. Zum Glück war es den römischen Truppen in Dakien gelungen, die Karpen zu vertreiben; in Apulum wurde Decius daraufhin
als
restitutor Daciarum
gepriesen (Corp. Inscr. Lat. III 1176). Im Sommer trafen die Goten beutebeladen in der Dobrudscha ein. Decius griff sie bei
Abrittus/Razgrad (Bulgarien) an, wurde aber von Cniva in ein Sumpfgelände gelockt, das die Römer ins Verhängnis zog. Decius
und sein Sohn Herennius, der kurz zuvor die Augustuswürde erhalten hatte, fielen. Die Ironie des Schicksals wollte es, daß
der Schlachtort, von da an Ara Decii genannt (Jord. Get. 18, 103), nicht weit von Tropaeum Traiani (oben S. 150) entfernt
war. So verlor Decius, der sich bei seiner Kaiserhebung den Namen „Traianus“
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