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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Erscheinen mußte jederzeit gerechnet
     werden. Es hatte auch eine Usurpation gegeben: Beim Angriff der Perser auf Emesa (253) war der Baalpriester Uranius Antoninus
     als Kaiser aufgetreten und hatte mit einer Miliz die Stadt vor der Eroberung bewahrt. Bis Frühjahr 254 wurde er in Syrien
     als Kaiser anerkannt.
    Valerian begann seine Tätigkeit im Osten mit dem Wiederaufbau Antiochias. Als Helfer zog er einen Offizier namens Successianus
     heran, der sich 254 in Pityus (heute Picunda/Georgien) am Ostufer des Schwarzen Meeres bei der Abwehr eines von See her geführten
     Angriffs der Boraner (Borani) bewährt hatte. Successianus wurde
praefectus praetorio
und leistete dem Kaiser vermutlich gute Dienste, aber er fehlte dort, wo er hergekommen war. Denn die Boraner verbanden sich
     mit dem an bzw. auf der Krim wohnenden Teil der |219| Goten und unternahmen 255 mit der von ihnen in Besitz genommenen Flotte des Bosporanischen Königreichs einen Raubzug an der
     Ostküste des Schwarzen Meeres entlang bis nach Trapezus/Trabzon (Türkei) am Südufer. Hier richteten sie in der Stadt und ihrer
     Umgebung große Zerstörungen an und schleppten eine riesige Beute, Menschen eingeschlossen, fort (Zosim. 1, 32   –   33). 256 folgte ein neuer Raubzug, der aber von den Goten an der unteren Donau ausging und am Westufer des Schwarzen Meeres
     entlang teils zu Lande, teils zur See erfolgte. Chalcedon und die großen Städte Bithyniens (Nicomedia, Nicaea, Apamea, Prusa)
     wurden heimgesucht und ausgeplündert (Zosim. 1, 34   –   35).

Die schrecklichen Ereignisse in Kleinasien haben sich in einem Brief niedergeschlagen, den Gregor der Wundertäter (Gregorius
     Thaumaturgus), Bischof von Neocaesarea in Kappadokien, an einen Amtsbruder gerichtet hat. Wegen seines vorschriftartigen Charakters
     heißt er der ›Kanonische Brief‹ (Patrol. Graec. 10, 1019   –   1048). Gregor beschäftigte sich einerseits mit den Leiden, andererseits mit dem Fehlverhalten der pontischen Christen während
     der gotischen Invasion. Von Raub, Vergewaltigung und Gefangennahme ist da die Rede, von Kollaboration mit den Feinden, Änderung
     der Besitzverhältnisse und Unterdrückung der Schwächeren. Natürlich erhielt auch Valerian solche alarmierenden Nachrichten.
     Sie veranlaßten ihn, 256 mit einem Heer von Antiochia in das Krisengebiet zu ziehen. Er war schon in Kappadokien, als die
     Kunde vom Anmarsch der Perser auf Dura-Europos ihn zur Umkehr zwang. So blieben die Küsten des Schwarzen Meeres sich selbst
     überlassen. Lediglich nach Byzanz beorderte Valerian einen Emissär, der die Stadt vor dem Schicksal Chalcedons bewahren sollte
     (Zosim. 1, 36, 1).
    Die persische Offensive gegen Dura-Europos 256 führte nach schweren Kämpfen zur Eroberung der Festung. Sie geschah sozusagen
     unter den Augen des Kaisers und muß dessen Prestige großen Schaden zugefügt haben. Was hatte denn Valerian in den zwei Jahren,
     seit er Antiochia zu seiner Residenz gemacht hatte, überhaupt erreicht? Die Suche nach den Gründen für seine mißliche Lage
     ließ in ihm den Gedanken übermächtig werden, es sei die Ausbreitung des Christentums, die das Römische Reich ins Verderben
     ziehe. Bestärkt wurde er darin durch seinen Vertrauten Macrianus, der ihm suggerierte, die Christen behinderten die Götter
     in ihrem Wirken (Euseb. hist. eccl. 7, 10, 4). So entschloß er sich, die christliche Kirche entscheidend zu treffen, ohne
     Rücksicht darauf, |220| daß dies große Unruhe hervorrufen würde, und ohne zu bedenken, daß sein Gegner Schapur mit der entgegengesetzten – toleranten
     – Religionspolitik Erfolg hatte; die Christen im Sassanidenreich, vor allem aber die Anhänger des zeitgenössischen Religionsstifters
     Mani profitierten davon.
    Im August 257 erging ein erstes Edikt gegen die Christen. Es war, entsprechend der Zielsetzung Valerians, die Kirche im Zentrum
     zu treffen, gegen den Klerus gerichtet: Bischöfe, Presbyter und Diakone sollten durch ein den Staatsgöttern darzubringendes
     Opfer ihre Loyalität beweisen; Opferverweigerung hatte Verbannung zur Folge. Weiter wurde den Klerikern verboten, die Gemeinden
     zum Gottesdienst oder zum Totengedenken (auf den Friedhöfen) zu versammeln (Euseb. hist. eccl. 7, 11, 7   –   11). Ein Jahr später (258) erließ Valerian ein zweites, viel schärferes Edikt. Danach sollten Kleriker „ohne weiteres“ mit
     dem Tode betraft werden. Neu in dem von Strafe bedrohten Personenkreis waren die als

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