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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Fälle sich 287 in der Stadt Rom häuften, erteilte Diocletian dem
praefectus urbi
Maximus die strikte Order, das seit Septimius Severus als kapital geltende Verbrechen (oben S. 181) mit der Todesstrafe zu
     ahnden, „damit durch die Art der Strafe die übrigen abgeschreckt würden“ (Cod. Iust. 9, 20, 7). Womöglich noch stärker trat
     der Rigorismus Diocletians im Ehe-Edikt von 295 hervor, weil er hier mit der moralischen Grundhaltung des Kaisers verbunden
     erschien. Der „Moralkodex unseres Zeitalters“
( disciplina nostrorum temporum
), so ließ er sich vernehmen, mahne ihn einzugreifen, wenn es etwas abzustellen oder zu strafen gebe (Font. iur. Rom. anteiust.
     II 559). Im vorliegenden Falle handelte es sich um die geziemende Bestrafung von Ehebruch, Inzest und Bigamie, damit die alten
     Gesetze wieder Geltung erlangten, welche die Ehe als eine religiös fundierte Institution behandelten.
    Im Ehe-Edikt bekannte Diocletian sich zur
religio
als staatserhaltender Kraft. Allerdings könne sie, so gab er zu bedenken, ihre Wirkung nur dann entfalten, wenn alle unter
     seiner Herrschaft stehenden Menschen nach dem Beispiel der Vorfahren ein gottesfürchtiges Leben führten. Dies zu erreichen,
     war sein erklärtes Ziel, d. h., seine Religionspolitik erfolgte zu Nutz und Frommen des Staates mit Blick auf das Vorbild
     der Vätersitte. Sein Zorn entlud sich daher 297 über die Anhänger des persischen Religionsstifters Mani (oben S. 220), dessen
     Lehren er als dem römischen Götterglauben zuwiderlaufend brandmarkte. Die Manichäer sollten, so befahl er dem Statthalter
     von Africa, Iulianus, der um Verhaltensmaßregeln gebeten hatte, vom Erdboden vertilgt, ihre Schriften verbrannt werden (Font.
     iur. Rom. anteiust. II 580   –   581).
    Unter diesen Umständen war es in hohem Maße verwunderlich, daß Diocletian so spät gegen die Christen vorging; das Edikt, welches
     die Verfolgung auslöste, trug das Datum vom 23.   2.   303 (Lact. de mort. persec. 12, 1). Hatte Diocletian etwa deshalb so lange gewartet, um die ‘Lösung’ des Christenproblems
     als Höhepunkt und Abschluß seiner von ihm selbst auf 20 Jahre bemessenen, nur noch bis 305 währenden Regierungszeit verbuchen
     zu können? |258| Welche Gründe auch immer ihn zur Wahl dieses Zeitpunkts veranlaßt haben mochten, die Auseinandersetzung als solche war in
     Diocletians Persönlichkeitsstruktur, vor allem aber in den Grundgedanken seines Staatsbaus, der Tetrarchie, angelegt und daher
     unausweichlich. Der gemeinsame Nenner der beiden Kausalstränge hieß:
utilitas publica
. Die „Staatsräson“ erforderte das Einschreiten gegen die Christen (Lact. de mort. persec. 34, 1).
    Die Christen hatten – so einfach stellte sich für Diocletian die Sachlage dar – den Glauben der Väter aufgegeben und damit
     das größte für ihn denkbare Verbrechen begangen. Denn auf der alten Götterverehrung beruhte für ihn, wie soeben aus dem Ehe-Edikt
     vernommen, das Wohlergehen des Staates. Es ergab sich daher für Diocletian die Notwendigkeit, die Christen zu den „Sitten
     und Gewohnheiten der Vorfahren“ zurückzuführen (Lact. de mort. persec. 34, 3). Die Form der alten Götterverehrung aber war
     das Opfer. Mit ihm bekundete jeder, der es darbrachte, seine Loyalität zum Staat und, seit es Kaiser als Divi gab, zum Kaisertum.
     Dieses Opfer hatte durch Diocletian eine neue Dimension erhalten, da es nun auch den Tetrarchen als Iovii bzw. Herculii galt
     und damit die Legitimation der Tetrarchie betraf. Das von Diocletian im Kampf gegen die Christen ausgesprochene Opfergebot
     war demnach für ihn gewissermaßen die von der Reichsbevölkerung geforderte Zustimmung zu der neuen sakralen Grundlage des
     von ihm errichteten Herrschaftssystems. Vorangegangen war diesem allgemeinen Opfergebot ein Tagesbefehl an das Heer, der die
     Soldaten vor die Wahl stellte, zu opfern und ihre Stellung zu behalten oder durch Ungehorsam ihre Ausstoßung aus dem Heer
     zu provozieren. Nicht wenige christliche Soldaten wählten den letzteren Weg (Euseb. hist. eccl. 8, 4, 2   –   3).
    Über die einzelnen Maßnahmen Diocletians gegen die Christen haben die zeitgenössischen Schriftsteller (Lactantius, Eusebius)
     ausführlich berichtet, wobei sich aus Eusebius’ Darstellung der Eindruck ergeben könnte, es habe vier, in den Jahren 303   /   4 aufeinanderfolgende Edikte gegeben. Zusammengenommen führen die beiden Berichte jedoch nur auf die umfangreichen und

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