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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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‘natürliche’ Verbindung von Währungsreform und Höchstpreis-Edikt ebenso wie die verhaltensändernde Kraft des letzteren
     mit seiner normativen und poenalen Komponente. Die von Laktanz bezeugten zahlreich ausgesprochenen Strafen lassen auf ein
     gut funktionierendes Kontrollsystem des Marktes schließen, welches dazu beigetragen haben dürfte, den Höchstpreisen des Edikts
     Beachtung zu verschaffen, d. h. die Herausbildung eines an ihnen orientierten Preisniveaus zu fördern.
    In der Praefatio des Höchstpreis-Edikts rechtfertigten die Tetrarchen ihren rigorosen Eingriff in die Wirtschaft sowohl mit
     praktischen als auch mit theoretischen Erwägungen. Lange Beobachtung des Marktes habe ihnen gezeigt, daß sich die Preise nicht
     mehr von selbst regulierten, sondern durch das verbrecherische Verhalten einer Clique bestimmt würden – zum Schaden aller.
     Der Gedanke an ihre Pflichten gegenüber der Menschheit
( ratio humanitatis
) zwinge sie deshalb, dafür zu sorgen, daß die Gerechtigkeit
( iustitia
) wieder den Verkehr der Menschen untereinander bestimme und der Nutzen einzelner sich nicht über das Allgemeinwohl
( commo dum publicum
) erhebe. Dabei sei es unerläßlich, durch strenge Strafen Furcht
( metus
) zu verbreiten – nach dem Beispiel der Vorfahren
( maiores )
.

|256| Die Prinzipien, nach denen Diocletian im Namen der Tetrarchen die ökonomischen Verhältnisse neu gestaltete, brachte er bei
     seiner gesamten Regierungstätigkeit zur Anwendung, am auffälligsten wohl in der Rechts- und Religionspolitik. Das Rechtsleben
     hatte sich seit dem Wirken der spätklassischen Juristen Papinian, Paulus und Ulpian (oben S. 180 f.) immer mehr auf die Rechtsbescheide
     hin orientiert, die von der kaiserlichen Kanzlei erbeten wurden (vgl. oben S. 127). Insofern diese Reskripte von kaiserlichen
     Juristen stammten, die der römischen Rechtstradition verhaftet waren, setzten sie diese fort, versperrten aber kraft ihres
     autoritativen Charakters den künftigen Rückgriff auf die Schriften der klassischen Juristen selbst. Diocletian förderte diese
     Tendenz einerseits durch eine ungeheure Flut von Reskripten – fast 1300 sind erhalten –, andererseits durch die in seiner
     Kanzlei entstandenen Sammlungen kaiserlicher Konstitutionen, den Codex Gregorianus und den Codex Hermogenianus. Ersterer reichte
     von Hadrian bis Diocletian (291 n. Chr.), letzterer enthielt die Konstitutionen Diocletians aus den Jahren 293 und 294. Vor
     Gericht galten nun fast ausschließlich Entscheidungskriterien, die sich aus diesen Sammlungen bzw. einem eigens angeforderten
     kaiserlichen Reskript ergaben.
    Die von Diocletian maßgeblich beeinflußte Herausbildung des kaiserlichen Monopols der Rechtssetzung bot dem Kaiser und seiner
     Kanzlei natürlich in besonderem Maße die Möglichkeit, bestimmten Grundsätzen allgemeine Geltung zu verschaffen. Für Diocletian
     war, wie er im Steuer- und dann im Höchstpreis-Edikt verlauten ließ, die Gerechtigkeit
( iustitia
) das maßgebliche Prinzip der Rechtsordnung. Aber auch bei anderen Gelegenheiten wies er der Gerechtigkeit die oberste Stelle
     im Rechtswesen zu, so, wenn er in einem Reskript über Appellationen geradezu den Lehrsatz aufstellte, in Prozessen habe nichts
     anderes als Gerechtigkeit zu walten (Cod. Iust. 7, 62, 6, 1). Eingebettet war die
iustitia
bei Diocletian in das größere Konzept der
humanitas
, der Verantwortung für alles Menschliche, die sich ihm aus seiner Stellung als „Vater des Menschengeschlechts“ (Paragraph
     7 der Praefatio des Höchstpreis-Edikts) ergab. Mit Diocletian begann daher die Verwendung des Humanitas-Begriffs als Begründung
     kaiserlicher Rechtsentscheidungen (Font. iur. Rom. anteiust. II 525). Andererseits verstand Diocletian sich als Sachwalter
     der
utilitas publica
, des „Staatsinter esses “ gegenüber den Interessen einzelner. Zum Beispiel betonte er das Vorrecht von Ansprüchen des Fiscus gegenüber solchen aus
     privaten Kontrakten (Cod. Iust. 12, 62, 3).

|257| Ein Kennzeichen der Wirksamkeit Diocletians auf dem Gebiet des Strafrechts war der Rigorismus. Der Kaiser hegte nach Ausweis
     der Praefatio des Höchstpreis-Edikts die Überzeugung, daß Verbrechen durch Abschreckung eingedämmt werden könnten. Dementsprechend
     verfuhr er im Einzelfall: Trat ein bestimmtes Verbrechen verstärkt in Erscheinung, dann begegnete er ihm mit größerer Strenge.
     So geschah es z. B. in bezug auf den Menschenraub
( pla gium
). Als solche

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