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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Lukanien
     (Hor. epod. 1, 27   –   28). Die Transhumanz erforderte zahlreiche Hirten für die Großgüter
( saltus )
, welche die Weidewirtschaft betrieben. Die Hirten aber waren Sklaven und bildeten, da sie sich zumeist selbst überlassen
     waren, ein Sicherheitsrisiko. Im Jahre 24 wäre es fast zu einem Aufstand der Hirtensklaven gekommen, als sich ein Anführer
     fand, der sie aufrief, die Freiheit zu erringen. Die Verschwörung wurde durch ein Prätorianerdetachement niedergeschlagen
     (Tac. ann. 4, 27). Die Lage in Kalabrien blieb aber unübersichtlich, wenn nicht bedrohlich. Sie beruhigte sich erst, als im
     Jahre 54 der kalabrische Großgrundbesitz der Domitia Lepida in kaiserliche Verwaltung überging. Die Schwägerin der Kaiserin
     Agrippina war im Zusammenhang mit der Anklage wegen Magie beschuldigt worden, ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihren Sklavenscharen
     in Kalabrien vernachlässigt und dadurch den Frieden Italiens gestört zu haben (Tac. ann. 12, 65, 1). Im Jahre 60 führte Nero
     eine Veteranendeduktion nach Tarent durch (Tac. ann. 14, 27, 2) – wohl auch als Sicherheitsmaßnahme.
    |48| Süditalien war allgemein das Land der Viehzucht und damit der Großbetriebe (Latifundien). Aber solche gab es in einem anderen
     Sinne des Wortes auch im übrigen Italien. Hier ging der Trend schon lange dahin, Güter in verschiedenen Gegenden als Vermögenskomplex
     in einer Hand zu vereinigen. Im Jahre 33 ergab sich eine neue Gelegenheit zu solchen Akkumulationen, als infolge einer Kreditkrise
     viel Land zum Verkauf stand (Tac. ann. 6, 17, 2   –   3). Latifundien dieser Art wurden von den Grundherren nicht selbst bewirtschaftet, sondern teils Verwaltern aus dem Sklavenstande
( vilici
) anvertraut, teils an freie Pächter
( coloni
) vergeben. Columella bedauerte in seinem Werk ›De re rustica‹ diese Entwicklung als dem Profitstreben entsprungen (Colum.
     de re rust. 1 praef.), und Plinius (der Ältere) wagte sogar die verallgemeinernde Feststellung, die Latifundien (jeglicher
     Art) hätten Italien zugrunde gerichtet (Plin. nat. hist. 18, 35).
    Das Schreckbild einer durch die Latifundien ruinierten italischen Landwirtschaft traf auf deren tatsächlichen Zustand nur
     bedingt zu. Der auf eigener Scholle wirtschaftende Bauer mit kleinem oder mittelgroßem Betrieb hatte ein zähes Leben. Ihm
     wurden gelegentlich auch staatliche Hilfen zuteil, die seine Überlebenschancen mehrten (vgl. oben S. 10f.). So richtete Tiberius
     auf dem Höhepunkt der schon erwähnten Kreditkrise des Jahres 33 eine staatliche Bodenkreditbank ein, die zinslose Darlehen
     auf drei Jahre gegen Übereignung von Landbesitz vergab. 100 Millionen Sesterzen stellte Tiberius dafür dem Aerarium zur Verfügung
     (Tac. ann. 6, 17, 3). Mit diesem Kapital konnte Tausenden von Bauern fürs erste geholfen werden. Dann freilich ging der Existenzkampf
     weiter.
    Wenn Plinius das Umsichgreifen der Latifundien als Niedergangssymptom deutete, dann wohl hauptsächlich deswegen, weil der
     Begriff
latifundium
mit der Vorstellung einer Vielzahl von Sklaven verbunden war und man allgemein glaubte, die Zahl der Sklaven wachse ständig,
     während die der römischen Bürger zurückgehe (Tac. ann. 4, 27, 2). Dem stand freilich gegenüber, daß der Zensus, den Claudius
     in den Jahren 47   /   48 durchführte, eine Zunahme der römischen Bürgerschaft um eine Million Menschen seit der Zählung des Augustus in den Jahren
     13   /   14 ergab. 4   937   000 waren damals gezählt worden (Mon. Anc. c. 8); in den Zensuslisten des Claudius erschienen 5   984   072 (Tac. ann. 11, 25, 5). Auch wenn man berücksichtigt, daß diese Zahlen die in den Provinzen lebenden Römer mitenthielten,
     so läßt sich dennoch nicht in Abrede stellen, daß Italien an der allgemeinen Zunahme Anteil hatte.

|49| Von den Provinzen traten nach dem Tode des Augustus (14) zunächst Germanien und Pannonien ins Rampenlicht: Die 4 im niedergermanischen
     Militärdistrikt stationierten Legionen nahmen ebenso wie die 3 pannonischen Legionen den Princepswechsel in Rom zum Anlaß,
     ihrer Unzufriedenheit mit dem harten und langen Dienst, dem niedrigen Sold und der Ansiedlung der Veteranen in fernen Ländern
     Ausdruck zu verleihen. Die Meutereien nahmen einen gefährlichen Umfang an. Indes brachte es am Rhein Germanicus, an der Donau
     Drusus, der Sohn des Tiberius, fertig, durch den Wechsel von Strenge und Nachgiebigkeit, im Falle des Drusus auch durch Ausnutzen
     einer

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