Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
einem Edikt sich für den Schutz kranker Sklaven gegen Herrenwillkür
eingesetzt hatte.
Unter den Problemen, welche die Sklaverei der Gesetzgebung stellte, war die Freilassung eines der wichtigsten, und zwar in
der Hauptsache deswegen, weil es Freilassungsformen gab, die nicht wie die testamentarische
( manumissio testamento
) und die vor dem Magistrat erfolgende
( manumissio vindicta
) zum Bürgerrecht führten, sondern nur die faktische Freiheit bewirkten. Der vor Freunden
( inter amicos
) oder brieflich
( per epistulam
) freigelassene Sklave wurde zwar vom Prätor vor Rückgängigmachung der Freilassung geschützt, aber seine Freiheit hatte dennoch
kein rechtliches Fundament. Die
lex Iunia Norbana
gab nun diesen Freigelassenen das latinische Recht und sanktionierte damit ihre Freiheit. Das Gesetz gehört wahrscheinlich
ins Jahr 19; es gab Anlaß zu ausgiebiger Kasuistik (vgl. Gai. inst. 1, 28 – 35 u. ö.).
Ein anderes, durch die Sklaverei bedingtes Problem, das nach gesetzlicher Regelung verlangte, waren die eheähnlichen Verbindungen,
welche freigeborene Römerinnen mit Sklaven fremder Herren eingingen. Claudius führte im Jahr 52 einen Senatsbeschluß herbei,
der zwei Fälle unterschied: Erfolgte die Verbindung gegen den Willen des Herrn, dem der Sklave gehörte, so verlor die Frau
ihre Freiheit und wurde Sklavin. Gab der Herr seine Zustimmung zu der Verbindung, so konnte die Frau mit ihm eine Übereinkunft
( pactio
) treffen, die ihr die Freiheit sicherte; die Kinder aber wurden auch in diesem Falle als Sklaven geboren und gehörten dem
paktierenden Herrn (Tac. ann. 12, 53, 1; Gai. inst. 1, 84). Daß Claudius für die Klärung der Rechtssituation einen Senatsbeschluß
als Publikationsform benutzte, stand im Einklang mit der Entwicklung, die Volksversammlung nicht mehr oder nur ausnahmsweise
mit Gesetzgebungsakten zu befassen. Das Senatusconsultum trat auch insofern die Nachfolge der Lex an, als es mit dem Namen
des Antragstellers bezeichnet wurde; hier:
SC Claudianum
.
Wie das
SC Claudianum
, so erging unter den julisch-claudischen |45| Kaisern eine ganze Reihe rechtsetzender Senatsbeschlüsse. Zu ihnen gehört auch das 1978 bekannt gewordene
SC
der
Tabula Larinas
aus dem Jahre 19, das Nachkommen von Senatoren und Angehörigen des Ritterstandes verbot, gewerbsmäßig in der Arena oder auf
der Bühne aufzutreten (Zeitschr. f. Papyr. u. Epigr. 81, 1990, 60 – 63). Einen langen Nachhall hatte das
SC Trebellianum
des Jahres 56 (Dig. 36, 1, 1, 2). Es regelte das Erbschaftsfideikommiß, bei dem der erste Erbe nach einer gewissen Zeit die
Erbschaft einem zweiten Erben zu übergeben hatte. Das Fideikommiß war ein typisches Produkt der unter dem Prinzipat sich vollziehenden
Rechtsentwicklung. Nachdem Augustus seine Rechtsgültigkeit anerkannt hatte, war die Anwendung dieser Form, den letzten Willen
zu artikulieren, sprunghaft angestiegen. Claudius hielt es für nötig, die aus Fideikommissen sich ergebenden Streitigkeiten
zwei eigens dafür bestellten Magistraten, den
praetores fideicommissarii
, zu übertragen (Dig. 1, 2, 2, 32). Das mit dem
SC Trebellianum
im Rechtsleben verankerte Erbschaftsfideikommiß war ein neuer Beweis für die Beliebtheit, die das Fideikommiß als solches
genoß. Dabei darf nicht vergessen werden, daß die ganze Entwicklung in Gang gesetzt wurde durch ein Rechtsgutachten des C.
Trebatius Testa (oben S. 8).
Der Beitrag, den die römischen Juristen zur Fortentwicklung des römischen Rechts leisteten, ist sehr hoch zu veranschlagen.
Sie waren es, die durch ihre Rechtsgutachten eine geradezu rechtschaffende Tätigkeit ausübten. Das traf vor allem für die
Juristen zu, die vom Kaiser mit der Vollmacht, kraft seiner
auctoritas
zu respondieren, ausgezeichnet wurden (vgl. oben S. 8). Man könnte die Rechtsgelehrten insgesamt auch als das Gewissen der
Rechtspflege bezeichnen, wenn man an den Widerstand denkt, den sie Caligulas rechtsverletzenden Gerichtsverfahren (Suet. Cal.
38) entgegensetzten. Kein Wunder, daß der Kaiser ihnen androhte, er werde die ganze Rechtswissenschaft auslöschen (Suet. Cal.
34, 2). Diese stellte auch ‘korporativ’ einen beachtlichen Faktor im öffentlichen Leben Roms dar. Sie war in zwei Schulen
organisiert, deren Häupter ihr Wissen in praxisbezogener Weise an den Nachwuchs weitergaben. Masurius Sabinus und C. Cassius
Longinus standen der einen Schule vor, deren Anhänger daher Sabiniani oder Cassiani
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