Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
schreckenverbreitenden Mondfinsternis die Disziplin wiederherzustellen. Germanicus gelang es vor allem, die 4 Legionen
des obergermanischen Heeres von den Aktionen der Truppen am Niederrhein fernzuhalten. Er wehrte auch den Versuch der Meuterer
ab, ihn gegen Tiberius auszuspielen. Den Schlußpunkt unter die Meuterei setzte Germanicus, der inzwischen ein
imperium proconsulare
erhalten hatte, mit einem eilig unternommenen Marsch der 4 niederrheinischen Legionen sowie 34 Auxiliareinheiten in das rechtsrheinische
Germanien. Ziel war das Gebiet der Marser, das von Vetera Castra/Xanten aus lippeaufwärts erreicht wurde. Hier ließ der römische
Feldherr seinen Truppen freie Hand zu einem furchtbaren Massaker: Eine Fläche von 50 Meilen (7 qkm) wurde systematisch verwüstet
und alle Menschen umgebracht. Trotz eines Angriffs der Nachbarstämme auf das zurückmarschierende Heer erreichte dieses unversehrt
die Ausgangsbasis. Die Erinnerung an die Meuterei war getilgt – mit dem Blut Unschuldiger!
Germanicus hatte 13 n. Chr. Tiberius im Kommando über die Tres Galliae und die beiden germanischen Militärdistrikte abgelöst.
Ihm war, wie einst seinem Vater Drusus (13 v. Chr.), der Zensus in Gallien aufgetragen worden. Diese Aufgabe beschäftigte
ihn, als die Meuterei am Niederrhein ausbrach (Tac. ann. 1, 33, 1). Nach ihrer Niederschlagung und der Expedition gegen die
Marser hätte Germanicus den Zensus zu Ende führen können. Statt dessen bereitete er für das Jahr 15 die gesamte Streitmacht
am Rhein auf einen Feldzug gegen die Germanen vor. Es scheint, daß der Streit zwischen den Cheruskerfürsten Segestes und Arminius
zu diesem Entschluß geführt hat, der die Möglichkeit bot, die Niederlage des Varus zu rächen und an die Erfolge des Drusus
anzuknüpfen.
Germanicus drang zunächst (im Frühjahr 15) mit den obergermanischen Legionen von Mogontiacum/Mainz aus ins Land der Chatten |50| ein, das er verwüstete. Die Krieger des Stammes bekam er allerdings nicht zu fassen; sie retteten sich über die Eder (Adrana),
wo die Wälder ihnen Schutz boten. So setzte dieser Feldzug mehr ein Fanal – die Hauptstadt Mattium ging in Flammen auf –,
als daß er einen greifbaren Erfolg gezeitigt hätte. Da kam ein Hilferuf des Segestes dem Germanicus sehr gelegen. Gewissermaßen
in einem Stoßtruppunternehmen befreite er den Cheruskerfürsten von seinen Belagerern und nahm ihn nebst seiner Tochter Thusnelda,
der Gattin des Arminius, mit an den Rhein. Im Sommer 15 bestimmte Germanicus dann die Gegend an der mittleren Ems (Amisia)
zum Sammelplatz aller ihm unterstehenden Truppen; er selbst führte die 4 obergermanischen Legionen mit der Nordseeflotte
( classis Germanica
) heran. Das Land der Brukterer wurde verwüstet, gegen die Cherusker unter Arminius eine Schlacht mit unentschiedenem Ausgang
geschlagen. Germanicus hatte die Genugtuung, daß er im Teutoburger Wald die Gefallenen der
clades Variana
bestatten konnte (Tac. ann. 1, 61) und daß er auch einen der damals verlorenen Adler zurückgewann (Tac. ann. 1, 60, 3). Der
Rückmarsch der niedergermanischen Legionen unter A. Caecina hätte allerdings in den zu durchquerenden Moorgebieten
( pontes longi
) fast zur Katastrophe geführt; Arminius griff sie tagelang an. Nur durch die Erfahrung Caecinas erreichten sie Vetera Castra/Xanten.
Tiberius war mit der Kriegführung des Germanicus nicht einverstanden; ihre Erfolge entsprachen nicht dem Aufwand. Andererseits
erkannte er in der Rückgewinnung des Legionsadlers und vermutlich anderer Feldzeichen die Möglichkeit, ein wichtiges Kriegsziel
als erreicht zu bezeichnen: die Rache für die Niederlage des Varus. Er ließ daher für Germanicus den Triumph beschließen und
erhielt selbst vom Senat einen Ehrenbogen zuerkannt
ob recepta signa
(Tac. ann. 2, 41, 1). Dieser Bogen wurde an der Via sacra auf dem Forum in der Nähe des Saturn-Tempels errichtet. Nur etwas
mehr als 100 m von ihm entfernt stand auf der gleichen Straße neben dem Tempel des Divus Iulius der Bogen des Augustus, der
die Wiedererlangung der Feldzeichen von den Parthern pries. Die Parallelisierung des Geschehens der Jahre 20 v. und 15 n.
Chr. war offenkundig, damit aber auch, daß dem Krieg gegen die Germanen eigentlich der Grund entzogen wurde.
Germanicus beurteilte diese Dinge anders; vor allem sah er in der Zuerkennung des Triumphes keine Veranlassung, nach Rom zurückzukehren.
Sein Ziel war ein entscheidender Sieg
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