Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
weitere ‘Wassergrenze’ hinzu (vgl. Tac. ann. 1, 9, 5). Im Süden dagegen war die ‘natürliche’ Grenze von anderer Beschaffenheit:
Die Wüste schied hier das römische Afrika von den Berberstämmen, deren Räubertum eine ständige Gefahr für die prokonsularische
Provinz darstellte. Im Jahre 17 fanden die Musulamii südlich von Ammaedara („am Rande der Wüstengebiete Afrikas“, Tac. ann.
2, 52, 2) in Tacfarinas, einem Numider, der aus dem römischen Auxiliardienst desertiert war, einen Führer im Kampf um bessere
Wohnsitze. Ihm schlossen sich die Nachbarstämme an, so daß die ganze Provinz Africa Proconsularis bedroht war. Die römische
Legion in Ammaedara nahm den Kampf gegen Tacfarinas auf und erhielt Verstärkung durch eine aus Pannonien herangeführte Legion.
Indem der Prokonsul Q. Iunius Blaesus (21 – 22) sich geschickt auf die Kampftaktik des Tacfarinas einstellte, errang er große Erfolge. Die Kampfhandlungen dauerten bis
ins Jahr 24; sie endeten mit dem Tod des Tacfarinas.
Die Kriegführung gegen Tacfarinas brachte dem Prokonsul Iunius |60| Blaesus die Auszeichnung der Akklamation zum Imperator ein. Es war dies insofern etwas Besonderes, als er keine Auspizien
besaß. Der Kaiser als alleiniger Inhaber der Auspizien mußte ausdrücklich der Akklamation zustimmen, die als letzter ‘republikanischer’
Akt dieser Art in die Annalen einging (Tac. ann. 3, 74, 7). Unter Caligula wurde dann dem Prokonsul von Africa überhaupt sein
militärisches Kommando genommen. Dieses ging 39 an den Legaten der
legio III Augusta
, die in Ammaedara ihr Standlager hatte, über (Cass. Dio 59, 20, 7). Caligula war es auch, der die Provinzialisierung des
Königreichs Mauretanien in die Wege leitete, nachdem er den letzten König ums Leben gebracht hatte (40). Unruhen im Land ließen
es aber erst 42 dazu kommen, die administrative Einteilung vorzunehmen. Claudius bildete aus dem langgestreckten Küstensaum
zwei Provinzen: Mauretania Tingitana und Caesariensis (nach den Städten Tingis/Tanger und Caesarea/Cherchel).
Der letzte Kriegsschauplatz, der in diesem Kapitel ins Auge gefaßt werden muß, ist Judäa, wo im Jahre 66 der seit Jahrzehnten
schwelende Haß gegen die römische Herrschaft in einer Weise zum Ausbruch kam, welche die Römer zum massiven Eingreifen zwang.
Der Römerhaß der Juden war religiös motiviert und hatte sich an der Steuererhebung entzündet. Auch Jesus von Nazareth mußte
sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Steuer zu zahlen (Matth. 22, 17). Die radikale Gruppe
der Zeloten lehnte die Steuerforderung als Zeichen der Herrschaft strikt ab; nur Gott allein sei der Herr. Die Animosität
der Juden gegen die Römer wurde verstärkt durch das rücksichtslose Verhalten der Prokuratoren. Auslöser des Krieges war der
Griff des Gessius Florus, der seit 64 Prokurator war, in den Tempelschatz (17 Talente). Anfängliche Erfolge der Juden gegen
Florus und den syrischen Statthalter C. Cestius Gallus veranlaßten Nero, ein Sonderkommando für den ›Jüdischen Krieg‹ (zeitgenössisches
Geschichtswerk des Flavius Josephus) zu schaffen, mit dem er Anfang 67 den T. Flavius Vespasianus betraute. Mit drei schon
gegen Armenien eingesetzten Legionen eroberte Vespasian große Teile des Landes und stand vor Jerusalem, als die Nachricht
vom Tode Neros (9. 6. 68) eintraf.
Der Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Juden und Römern war begleitet von solchen zwischen Juden und Griechen. In Caesarea
Maritima (Iudaea) kamen bei den Auseinandersetzungen 20 000 Juden ums Leben, in Alexandria (Aegyptus) gar 50 000. Die Griechen in Alexandria hatten schon im Jahre 38 eine Judenverfolgung |61| vom Zaun gebrochen. Die Juden wurden in ein ‘Ghetto’ (den Stadtteil Delta) zusammengepfercht und ihnen großer materieller
Schaden zugefügt. Sie erhoben sich dann ihrerseits (41) und zahlten den Alexandrinern heim, was diese ihnen angetan hatten.
Der schon erwähnte Brief des Claudius an die Alexandriner (oben S. 43) wies beide Seiten in ihre Schranken, bestätigte aber
auch ausdrücklich den Juden die freie Religionsausübung. Dies war zugleich eine Befreiung vom Kaiserkult, wie Caligula ihn
den Juden zugemutet hatte: Er wollte ja seine Statue im Tempel zu Jerusalem aufstellen lassen (Tac. hist. 5, 9, 2) und konnte
nicht begreifen, daß die Juden seine Göttlichkeit leugneten (Philo leg. 353).
Was den Juden ein Greuel war –
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