Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Konsekration erfolgt. Nero setzte die Depravation des Konsekrationsaktes fort, indem
er 63 seine im Alter von drei |63| Monaten verstorbene Tochter Claudia zur Diva erklären ließ! Für seine eigene Person trug er keine Bedenken, Münzen prägen
zu lassen, auf denen er die Strahlenkrone trug (Rom. Imp. Coin. I 2 163, Nr. 202) wie der Divus Augustus. Den stärksten Ausdruck fand Neros Selbsteinschätzung in der Kolossalstatue mit seinen
Gesichtszügen, vielleicht auch der Strahlenkrone, die in der Vorhalle des Goldenen Hauses Aufstellung fand; sie war sage und
schreibe 35 m hoch (Plin. nat. hist. 34, 45).
Nero war der Meinung, keiner seiner Vorgänger habe gewußt, was er sich alles herausnehmen könne (Suet. Nero 37, 3). So betätigte
er sich als Wagenlenker und trat als Schauspieler auf (Tac. ann. 14, 14 – 15). Schlimmer aber war, daß er es wagte, Bruder (Bri tannicus ), Mutter (Agrippina) und Gattin (Octavia) umzubringen, also mit dem Stigma des Verwandtenmörders zu leben. Ein zeitgenössischer
Tragödiendichter hat in der Ermordung der Octavia (62) den Höhepunkt der Verkommenheit Neros und den Grund für seinen Sturz
gesehen (Praetexta ›Octavia‹, nach Neros Tod entstanden). Tatsächlich traten mit dem Brand Roms (64, oben S. 40f.), der großen
Seuche, der pisonischen Verschwörung und dem Tod der Poppaea Sabina Ereignisse ein (alle im Jahre 65), die Rachecharakter
an sich zu tragen schienen, doch traf nur der Tod seiner Gemahlin Poppaea Sabina Nero persönlich, die übrigen Ereignisse brachten
vielmehr der Bevölkerung Roms großes Leid. Die Brandkatastrophe zerstörte ihre Häuser, die Pest raffte 30 000 Personen jeglichen Standes dahin (Suet. Nero 39, 1), und die Aufdeckung der pisonischen Verschwörung sowie die nachfolgenden
(Justiz-) Morde beraubten Rom vieler führender Männer.
Den Verschwörern, welche den altadligen C. Calpurnius Piso zum Princeps erheben wollten, war gemeinsam, daß ihnen Neros schändliches
Treiben als Untergang des Staates erschien. Seine Ermordung sollte die Katastrophe abwenden (Tac. ann. 15, 50, 1). Im einzelnen
waren es ganz verschiedene Charaktere, die als Akteure und Sympathisanten der Verschwörung oder auch nur als Opfer von Neros
Haßgefühlen im Jahre 65 oder später den Tod fanden. Piso selbst und der designierte Konsul Plautius Lateranus waren die ersten
einer langen Reihe, aus der ‘von Amts wegen’ der Konsul M. Vestinus Atticus und der Prätorianerpräfekt L. Faenius Rufus herausragten.
Die römische Geisteswelt verlor mit L. Annaeus Seneca ihren vortrefflichsten Vertreter, der vergeblich versucht hatte, Neros
Prinzipat eine ethische Grundlage zu geben. Seit 62 (nach dem Tode seines ‘Kollegen’ Sex. Afranius Burrus) nicht mehr |64| im Staatsdienst, blieben ihm noch drei Jahre für seine wissenschaftlichen Studien, in denen er die Geheimnisse der Welt zu
ergründen suchte (›Naturales quaestiones‹). Einen frühen Tod erlitt Senecas Neffe, der Dichter M. Annaeus Lucanus. 25jährig
hatte er sich der Verschwörung angeschlossen, weil Nero ihn in seiner Dichtkunst behinderte. Lukans Epos über den Bürgerkrieg
(›Pharsalia‹) hatte den Argwohn des Kaisers und seinen Neid (als Dichter, der er sein wollte) erregt.
Neros Handlanger bei dem Vorgehen gegen den Verschwörerkreis um Piso war T. Ofonius Tigellinus, Prätorianerpräfekt seit 62.
Er war es auch, der T. Petronius Niger, den Arbiter elegantiae am Hofe Neros und Autor des ›Satyricon‹, in den Prozeßstrudel
der Jahre 65 / 66 hineinzog. Der Konsular sollte Verbindung zu einem der Verschworenen gehabt haben. Zu einem Prozeß kam es nicht. Petronius
schied aus dem Leben in derselben leichten Art, wie er es genossen hatte – auf seinem Landgut in Cumae (65). Zwei andere Kreaturen
Neros, Cossutianus Capito und Eprius Marcellus, erfüllten den sehnlichsten Wunsch des Kaisers: sie klagten P. Thrasea Paetus
vor dem Senat des Majestätsverbrechens an (66). Anklagepunkte ließen sich im Verhalten des stoischen Prinzipien zuneigenden
Konsulars leicht finden. Im Grunde genügte schon die Tatsache, daß er dem Konsekrationsakt für Poppaea Sabina (65) ferngeblieben
war, um ihn als Gegner der Kaiserherrschaft zu überführen. So war denn auch der Tod als Urteilsspruch nicht zweifelhaft. Thrasea
vollzog ihn selbst: Er opferte sein Blut dem Iupiter Liberator (Tac. ann. 16, 35)!
Im Winter 66 / 67 wagte Nero es, den Mann, welchem er die
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