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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Sicherung des Ostens verdankte, zu beseitigen: Cn. Domitius Corbulo wurde nach
     Korinth beschieden, wo Nero sich aufhielt. Als er bei seiner Ankunft hörte, daß sein Tod beschlossene Sache sei, gab er ihn
     sich selbst durch einen seiner hünenhaften Gestalt entsprechenden Schwerthieb. „Du verdienst ihn“, soll er zu sich selbst
     in der plötzlichen Erkenntnis gesagt haben, daß er einem Kitharöden gedient hatte (Cass. Dio 63, 17, 6). Tatsächlich war Nero
     nach Griechenland gekommen, um Triumphe seiner ‘Sangeskunst’ zu feiern, um überhaupt an allen Wettkämpfen teilzunehmen. Es
     genügte ihm nicht, in Neapel (64) und Rom (65) als Kitharöde aufgetreten zu sein, er wollte an den altehrwürdigen Festspielorten
     Griechenlands die „heiligen Kränze“ (Tac. ann. 15, 33, 2) gewinnen. 1808 waren es, die er mit nach Rom nahm (Cass. Dio 63,
     21, 1). Die sonst in verschiedenen Jahren stattfindenden Spiele waren auf Neros Befehl |65| hin alle in die Zeit seines Aufenthalts (66   /   67) zusammengelegt worden.
    Nero glaubte, in Griechenland auch eine politische Mission erfüllen zu müssen, freilich eine, die ihn persönlich für alle
     Zeit als Philhellenen kennzeichnen sollte: Er erklärte (wohl eher 66 als 67) in Korinth die Provinz Achaea für frei (Inscr.
     Lat. Sel. 8794). Das war in der Tat ein großartiges Geschenk der Dankbarkeit für den Empfang, den die Griechen ihm bereiteten.
     Sie brauchten jetzt keine Steuern mehr zu zahlen. Hatte Nero diese aber nicht im voraus vereinnahmt durch den Kunstraub großen
     Stils, den er nach dem Brande Roms in Griechenland (und Kleinasien) durchführen ließ? Allein aus Delphi sollen 500 Statuen
     nach Rom geschafft worden sein (Paus. 10, 7, 1)! Die Freiheitserklärung als solche war anachronistisch und hatte nicht lange
     Bestand (unten S. 91).
    In Rom reagierte die öffentliche Meinung empfindlich auf die Abwesenheit des Kaisers; Gerüchte von konspirativen Aktivitäten
     signalisierten Gefahr. Da hielt der Freigelassene Helius, den Nero als seinen Vertrauensmann in der Hauptstadt zurückgelassen
     hatte, es für angezeigt, den Kaiser in einem Blitzbesuch zur Rückkehr nach Rom zu veranlassen. Nero gestaltete seinen Einzug
     in die Stadt nach Art eines Triumphzuges (Suet. Nero 25, 1   –   2). Ihm wurden die Siegeskränze und ihre Herkunftsbezeichnungen vorangetragen – 1808, wie erwähnt. Er selbst trug, im Triumphwagen
     des Augustus stehend, den olympischen Kranz auf dem Haupt, den pythischen in der Rechten. Seinem Wagen folgten Soldaten, Ritter
     und Senatoren. Das Volk hatte den Zugweg (durch den Circus Maximus und über das Forum) mit Girlanden und Lichtern versehen,
     die Luft war voll von Wohlgerüchen. Und alle riefen: „Heil dem Olympiasieger, Heil dem Sieger in den Pythien, Augustus, Augustus“
     (Cass. Dio 63, 20, 5)! Die Zeremonie endete im Apollo-Tempel auf dem Palatin.
    Nero wertete offenbar die Begeisterung, mit der er in Rom empfangen wurde, als Loyalitätsbeweis, vor dem alle Warnzeichen
     sich verflüchtigten. Er begab sich Anfang 68 wieder in griechische Umgebung – nach Neapel. Dort erfuhr er im März vom Aufstand
     des C. Iulius Vindex in Gallien. Damit kamen die Ereignisse in Gang, die zu seinem Untergang führten, dem Untergang eines
     Künstlers, wie Nero selbst seinen Tod beurteilte (Suet. Nero 49, 1).

|66| 3. DIE BEWÄHRUNGSPROBE DES KAISERTUMS
    (68   /   69 n. Chr.)
    Läßt man das Kaisertum mit der Schlacht von Actium (31 v. Chr.) beginnen, so bestand es im Jahre 69 n. Chr. genau 100 Jahre
     – als Herrschaft eines einzelnen über das Imperium Romanum. Dieses Jahr aber sah vier Inhaber des Kaisertums – nebeneinander
     und gegeneinander, anders ausgedrückt: es war ein Jahr der Bürgerkriege. Bedenkt man, daß Augustus dem Kaisertum mit der Überwindung
     der Bürgerkriege seinen stärksten Legitimitätsfaktor verschafft hatte (oben S. 8. 23f.), so kann man ermessen, welche Bedrohung
     für die Institution als solche das Vierkaiserjahr bedeutete: Es stellte das Kaisertum als Garanten des Friedens in Frage.
     Nun mußte sich zeigen, ob die Prinzipatskonzeption des Augustus aus sich selbst, d. h. mit den in den hundert Jahren ihres
     Bestehens entwickelten Mechanismen der Machtausübung, die Krise, in die sie geraten war, meistern könnte.
    Die Krise des Kaisertums hatte Nero heraufbeschworen. Die Art, wie er sich seit 62 gerierte, war seiner Princepsstellung in
     höchstem Maße abträglich und brachte den Staat

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