Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Charakteristika des Zeitalters zählt.
Die Sophisten waren brillante Redner, die bei vielfältigen Gelegenheiten in den griechischen Städten des Mutterlandes und
Kleinasiens auftraten und Einfluß auf die politischen und sozialen Verhältnisse nahmen. Ihre weitreichenden Verbindungen verschafften
ihnen Ämter und Ehren, einem von ihnen, dem Athener Herodes Atticus (Ti. Claudius Atticus Herodes), sogar das Konsulat in
Rom (143) und das Lehrerverhältnis zu Marcus Aurelius, übrigens Seite an Seite mit dem bedeutendsten lateinischen Redner der
Zeit, M. Cornelius Fronto, ebenfalls Konsul im Jahre 143. M. Antonius Polemo aus Laodicea in Phrygien/Asia wurde von Hadrian,
den er auf dessen zweiter Reise in den Osten begleitete, mit der Festrede zur Einweihung des Tempels für den olympischen Zeus
in Athen beauftragt (132). Der Sophist zählte zu den Ratgebern des Kaisers. Von ihm stammt die bewundernde Kennzeichnung der
Stadt Rom als „Inbe griff der Welt“ (Athen. 1, 20 b). Eine ganze Rede widmete diesem Thema Aelius Aristides aus Hadrianoutherai in Mysien/Asia (or.
26). Dieses 143 an Antoninus Pius gerichtete Preislied auf das Römische Reich seiner Zeit gab dem Hochgefühl Ausdruck, mit
dem gerade im Osten die politische und kulturelle Mission Roms von der Oberschicht verstanden und akzeptiert wurde. Als Marcus
Aurelius 176 in Smyrna war, ließ er sich die Gelegenheit nicht entgehen, eine Rede von Aelius Aristides zu hören (Philostr.
vit. soph. 2, 9, 2).
Einer der großen Sophisten, Dio Chrysostomus aus Prusa/Bithy nien , wurde bereits im vorigen Kapitel erwähnt – als Leidtragender der Philosophenausweisung Domitians (oben S. 93). Er hatte
seine |137| Laufbahn als Philosoph begonnen und blieb auch als Redner dieser Herkunft verhaftet. So zeichneten die vier Reden ݆ber das
Königtum‹ (or. 1 – 4) ein Bild des idealen Herrschers aus kynischer Sicht; Trajan konnte sich in ihm wiederfinden. Auch eine ganze Reihe der
anderen ca. 80 erhaltenen Reden Dios war philosophisch durchtränkt. Mit Trajan verband den Redner ein enges Verhältnis.
Der Einfluß der Philosophie war natürlich nicht auf die Sophisten beschränkt. Sie prägte z. B. auch das literarische Schaffen
Plutarchs aus Chaeronea in Böotien/Achaea auf weiten Strecken. L. Flavius Arrianus aus Nicomedia/Bithynien, der Alexander-Historiker
und Verfasser anderer Geschichtswerke (u. a. einer Geschichte des Partherreiches), dokumentierte mit der Herausgabe der Schriften
Epiktets (›Handbüchlein der Moral‹, ›Lehrgespräche‹) seine philosophische Bildung. Schließlich mag noch Galenus aus Pergamum/Asia
genannt werden, der sich nicht nur als Arzt, sondern auch als Philosoph verstand und in einer eigenen Schrift ›Der wahre Arzt
muß auch Philosoph sein‹ die Heilkunst mit der Ethik in engen Zusammenhang brachte.
Plutarch, Arrian, Galen – drei Beispiele für den Lebensbezug der Philosophie im 2. Jahrhundert! Am wirksamsten war wohl die
Popularphilosphie Plutarchs, die sich in dem umfangreichen Corpus der ›Moralia‹ niederschlug. Ihre Thematik reichte auch in
die Politik hinein, wie besonders der Titel ›Anweisungen zur Staatsführung‹ beweist. Im Traktat ›Vom Glück der Römer‹ behandelte
Plutarch die Frage nach den Ursachen der römischen Weltherrschaft. Letztere war für ihn eine Gegebenheit, mit der die Griechen
sich abfinden müßten. Doch sollten sie ihre eigene große Vergangenheit in die jetzige Kulturgemeinschaft mit den Römern einbringen.
Der Propagierung des letzteren Gedankens dienten die ›Parallelbiographien‹, bei denen jeweils ein griechischer Feldherr oder
Staatsmann mit einem römischen verglichen wurde. Trajan würdigte die Verdienste Plutarchs um das griechisch-römische Verhältnis
durch Zuerkennung der
ornamenta consularia
. Arrian war wirklicher Konsul und langjähriger Statthalter der Provinz Cappadocia (130 – 137). Er stand in hoher Gunst bei Hadrian. Galen, der die medizinischen Lehren des Hippocrates von Cos (5. / 4. Jh. v. Chr.) zu allgemeiner Anerkennung brachte, wirkte die meiste Zeit seines Lebens in Rom. Hier erlebte er den Ausbruch
der großen Pest (166). Später wurde Marcus Aurelius sein prominentester Patient.
Denkt man an die Philosophenausweisungen unter Vespasian |138| und Domitian zurück (oben S. 93f.), so muß man bei den ‘Adoptiv kaisern ’ einen grundsätzlichen Wandel der Einstellung zu den Philosophen
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