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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Bellen
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Positionen (Hist. Aug. Marc. Aur. 11, 2) und baute die Institution überhaupt stärker aus. Der Grund
     bestand wohl im Nachlassen der Kräfte, welche die Städte bisher mehr oder weniger selbst aufgebracht hatten, um ihre Probleme
     zu meistern. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch kaiserliche Beauftragte brachte natürlich die Gefahr mit sich, daß die
     städtische Autonomie sporadisch oder gar dauernd beeinträchtigt wurde. Jedenfalls setzte Commodus die Einsetzung von
curatores rei publicae
fort.
    Über die
curatores rei publicae
erlangte das Kaisertum eine Möglichkeit des Eingriffs in die ‘inneren Angelegenheiten’ der italischen Städte, wie es sie durch
     die Statthalter gegenüber den Städten in den Provinzen besaß. Wenn die Kaiser davon auch keinen erkennbaren Gebrauch machten,
     so bedeuteten die
curatores rei publicae
nichtsdestoweniger einen Schritt in Richtung auf die Entprivilegisierung Italiens gegenüber den Provinzen. Der nächste Schritt
     war die Einteilung Italiens in 4 Gerichtsbezirke und die Bestellung kaiserlicher Mandatare als deren Vorsteher. Sie hießen
iuridici
und waren prätorischen Ranges. Rom blieb von dieser Einteilung ausgenommen; in der Stadt und im Umkreis bis zum 100. Meilenstein
     übten die stadtrömischen Prätoren die Gerichtsbarkeit aus. Marcus Aurelius war es, der die Institution der
iuridici
ins Leben rief (Hist. Aug. Marc. Aur. 11, 6), nachdem Hadrian sozusagen |147| einen Probelauf mit vier Konsularen entsprechender Kompetenz unternommen hatte (Hist. Aug. Hadr. 22, 13) – der Trend zur ‘Provinzialiserung’
     Italiens war unverkennbar!
    Italien erlitt im Laufe des 2. Jahrhunderts beträchtliche Einbußen im Senat: Die Zahl der in den Provinzen beheimateten Senatoren
     nahm weiter (vgl. oben S. 98) zu und betrug schließlich ca. 45%. Dieser Vorgang hatte Folgen für Grund und Boden in Italien.
     Denn Trajan machte den Senatoren aus den Provinzen zur Pflicht, ein Drittel ihres Vermögens in italischem Grundbesitz anzulegen
     (Plin. min. ep. 6, 19, 4). Das führte zu einem Run der Betroffenen auf Grundstücke und zu einem Ansteigen der Bodenpreise.
     Die Verfügung Trajans blieb in Kraft, nur änderte Marcus Aurelius die Quote von einem Drittel in ein Viertel (Hist. Aug. Marc.
     Aur. 11, 8).
    Der Übergang größerer Ländereien in andere Hände, wie er zu Beginn des 2. Jahrhunderts in Italien verstärkt zu verzeichnen
     war, brachte Fragen der Bewirtschaftung und damit des Einsatzes entsprechender Arbeitskräfte mit sich. Die Entwicklung auf
     diesem Feld war dahin fortgeschritten, daß sich der Kolonat als Pachtsystem durchgesetzt hatte und die mit Sklaven betriebene
     Wirtschaftsform zurückgehen ließ. Aber es herrschte Mangel an geeigneten Kolonen (Plin. min. ep. 7, 30, 3), und – schlimmer
     noch – die als solche Tätigen waren verschuldet (ebd. 3, 19, 6). Ihr Problem bestand in den Pachtrückständen, die selbst bei
     gelegentlichen Nachlässen immer wieder sich ergaben und zu Verzweiflungsreaktionen der Kolonen (Raubbau u.a.) führten. Als
     Heilmittel wandte man die Umwandlung der Geld- in Naturalpacht an, bei der die Kolonen als Pacht einen bestimmten Teil des
     jeweiligen Jahresertrags statt eines fixen Geldbetrages abzuführen hatten (Plin. min. ep. 9, 37). Das war zweifellos eine
     Verbesserung des Systems, doch blieb grundsätzlich auch so die Möglichkeit zur Ausbeutung der Kolonen (durch hohe Bemessung
     des Prozentsatzes vom Ertrag) bestehen. Es kam alles auf die Einstellung des jeweiligen Grundherrn an, und da gab es gewiß
     große Unterschiede.
    Dem Problem der Verschuldung landwirtschaftlicher Betriebe in Italien suchte auch der Staat mit den Alimentardarlehen (oben
     S. 124) zu steuern. Dabei hatte er als besonders förderungswürdig die Güter mittlerer Größe im Auge. Die Eigentümer solcher
     Güter konnten mit den ihnen langfristig gewährten zinsgünstigen Staatskrediten ihre teureren privaten Geldgeber befriedigen
     und die Rentabilität ihrer Betriebe auf eine bessere Grundlage stellen. Die Verteilung der Alimentardarlehen auf alle Teile
     Italiens und ihre |148| Wirksamkeit im ganzen 2. Jahrhundert lassen sie als starke Stütze der italischen Landwirtschaft erscheinen.
    Die Sklaverei als Wirtschaftsform war, wie schon angedeutet, im Rückgang begriffen, und zwar nicht nur in Italien, sondern
     auch in den Provinzen. Da neue Sklaven nicht mehr in Massen auf den Markt kamen – die 50   000 dakischen Kriegsgefangenen Trajans

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