Die kalte Brut
möglich, daß ich mir diese Toten näher ansehe?«
Darren stöhnte auf. »Mann, du bringst mich in Teufels Küche!«
Lilith lächelte gewinnend. »Da war ich schon. Und glaub mir, du hast nichts verpaßt, wenn du nicht dort warst.«
Darren sah sie zweifelnd und ein klein wenig beängstigt an, aber Hendriks' erschrockener Ausruf enthob ihn einer Erwiderung.
»Meine Güte, seht euch das an, Kinder!« Der Doc wies auf den Fernseher.
Im Hintergrund war eine Einblendung zu sehen, die einen übel zugerichteten Toten zeigte. Rot beherrschte das Standbild. Daneben, kleiner, ein düsteres Haus, das sowohl Lilith als auch Darren nur zu gut kannten. Davor saß eine Nachrichtensprecherin, im unteren Bildschirmrand war das Senderkürzel WGKB zu lesen, sowie die Zeile Drama in der Paddington Street.
». hat sich die Situation dramatisch verändert«, las die Moderatorin vom Teleprompter ab. »Die Polizei stürmte das Haus, nachdem es sich als stabil erwies .«
Darren Secada richtete sich alarmiert auf. 333, Paddington Street war für ihn zu so etwas wie einer fixen Idee geworden. Seit er erfahren hatte, daß sein Vater vor Jahren in diesem Haus dem Wahnsinn verfallen war, der irrsinnigen Vorstellung, er sei ein Vampir, und seither in einer psychiatrischen Anstalt einsaß, setzte er alles daran, das Geheimnis dieses unheimlichen Hauses zu lüften. Und seit gestern nun überschlugen sich die Ereignisse in der Paddington Street geradezu, nachdem er in den vielen Monaten vorher kaum etwas von wirklicher Bedeutung hatte herausfinden können.
Um so begieriger war er jetzt zu erfahren, was aktuell dort vor-g in g.
Lilith teilte dieses Interesse, wenn auch aus anderem Grund. Immerhin war sie vor über 100 Jahren in diesem Haus zur Welt gekommen, als Tochter einer Vampirin und eines sterblichen Mannes, und nachdem sie 98 Jahre träumend dort zugebracht hatte und schließlich erwacht war, hatte sich das Haus wieder und wieder als Dreh-und Angelpunkt ihres Lebens erwiesen. Nicht von ungefähr war sie vor zwei Jahren einmal mehr dorthin gebracht worden, um weitere zwei Jahre zu schlafen und sich von der mörderischen Schlacht gegen das Böse selbst zu erholen.
»... sehen Sie als nächstes den Film, den Marc Loeblin in dem Haus drehen konnte, bevor auch er Opfer der schrecklichen Ereignisse wurde«, sagte die Nachrichtensprecherin gerade. »Und bringen Sie vorher bitte Ihre Kinder aus dem Zimmer. Wir melden uns wieder, gleich nach der Werbung.«
»Ist ja widerlich«, meinte Darren angeekelt, als eine glückliche Familie den Geschmack einer furchtbar neuen und furchtbar fruchtigen Erdbeerkonfitüre anpries.
»Was?« fragte Hendriks. »Daß das Zeug garantiert aus gentechnisch hochgezüchteten Erdbeeren besteht?«
Darren winkte ab. Er wollte endlich sehen, was in der Paddington Street los war.
Vier, fünf Spots flimmerten noch über den Bildschirm, dann meldete sich WGKB zurück, und die Sprecherin faßte noch einmal zusammen, was sie vor dem Break schon gesagt hatte. Danach wurde endlich Loeblins Film gezeigt, der, davon war auszugehen, auf nicht ganz sauberem Wege in die Hände des Senders gelangt sein mußte.
Im Grunde war nicht viel zu erkennen. Andererseits war es ganz gut so. Denn die größtenteils verwackelten Bilder der Handkamera zeigten immer noch genug, um ganz Sydney das Frühstück zu verderben. Mehr Details waren niemandem zumutbar, und selbst diese Bilder gingen schon weit über die Grenzen dessen hinaus, was im Fernsehen gezeigt werden sollte. Trotzdem würde dieser Film - und er würde an diesem Tag ganz sicher noch etliche Male gezeigt werden - Rekordquoten erreichen, wenn sich seine Existenz erst einmal wie ein Lauffeuer herumgesprochen hatte.
Loeblins Kamera hatte eine Police-Squad eingefangen, die in das Haus an der Paddington Street eingedrungen war. Und dort wurden die Männer angegriffen - von monströsen Kreaturen, die an Ratten erinnerten und sich wie Bestien gebärdeten!
Sie wüteten furchtbar unter den Männern, Blut spritzte im Scheinwerferlicht der Kamera, wenn die hundsgroßen, rattenhaften Wesen zuschlugen und um sich bissen. Die Kugeln der Polizeiwaffen zerrissen mindestens ein Dutzend der Tiere, aber ihre Zahl wurde nicht geringer. Einmal hatte Loeblin kurz auf die Kellertür des Hauses gehalten, und dort strömte das Getier hervor wie eine Flut aus pelzlosen Leibern.
In der letzten Szene sprang eine der Kreaturen mit aufgerissenem Maul der Kamera förmlich entgegen, wuchs zu riesenhafter
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