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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Es geht darum, Lincoln ins Visier eines gewissen Sami Achbar zu bringen, das ist ein Aserbaidschaner, der Waffen für eine Al-Kaida-Zelle in Bosnien kauft.«
    »Sie haben wie immer an alles gedacht, Fred«, hatte der CIA-Chef mit einem offenkundigen Mangel an Begeisterung bemerkt.
    »Sir, dafür werde ich schließlich bezahlt«, hatte sie erwidert.
    In den nächsten vier Monaten war Lincoln in einem strapazierfähigen Buick an der dalmatinischen Küste entlanggegondelt. Er hatte die serbischen Undercoveragenten gemieden wie die Pest, per Fax einen nebulösen Frankfurter Händler kontaktiert und russischen Soldaten, die bald aus Ostdeutschland zurück in die UdSSR versetzt würden, ganze Lkw-Ladungen von Armeebeständen abgekauft. Die Treffen mit den Fahrern fanden nachts auf entlegenen Straßen in Slowenien statt, das sie auf dem Weg in die Heimat durchquerten, und die Übergaben irgendwo an der dalmatinischen Küste zwischen Kroatien und Bosnien. Bei einem dieser nächtlichen Rendezvous spürte Lincoln zum ersten Mal, wie der Fisch am Köder knabberte.
    »Kommen Sie auch an Sprengstoff ran?«, hatte ein muslimischer Händler, der sich Sami Achbar nannte, beiläufig gefragt, als er einen Konvoi von zwei Lkws mit TOW-Raketen und Granatwerfern übernahm und Lincoln eine Tasche voll neuer Hundert-Dollar-Scheine in Banderolen einer Schweizer Bank entgegennahm.
    Lincoln hat in den vergangenen vier Monaten fünfmal mit Sami zu tun gehabt. »Was brauchen Sie denn?«, hatte er gefragt.
    »Ein saudischer Freund von mir ist auf der Suche nach Semtex oder Ammoniumnitrat.«
    »In welchen Mengen?«
    »In sehr großen Mengen.«
    »Ihr Freund will das Ende des Ramadan wohl mit einem großen Feuerwerk feiern, was?«
    »So ungefähr.«
    »Die Russen handeln nicht mit Semtex oder Ammoniumnitrat. Das muss ich aus den Staaten besorgen.«
    »Dann wäre es also machbar?«
    »Alles ist machbar, Sami, aber es kostet seinen Preis.«
    »Geld ist für meinen saudischen Freund kein Problem. Dank Allah und seinem verstorbenen Vater ist er stinkreich.«
    Der Muslim zog aus einer Hemdtasche einen Zettel, drückte ihn auf den Kotflügel eines der Lkws und schrieb mit einem Bleistiftstummel den Namen einer Stadt und die Adresse einer Moschee darauf, außerdem ein Datum und eine Uhrzeit. Lincoln las den Zettel im Schein des Standlichts seines Buicks. »Wo zum Teufel liegt Foz do Iguaçú?«, hatte er gefragt, obwohl er die Antwort kannte.
    »In Brasilien, direkt an der Grenze zu Paraguay, im Dreiländereck von Brasilien, Paraguay und Argentinien.«
    »Wieso können wir uns nicht irgendwo in Europa treffen?«
    »Wenn Sie nicht interessiert sind, finde ich schon jemand anderen.«
    »He, verstehen Sie mich nicht falsch, Sami. Ich bin interessiert. Ich hab bloß Sorge, der weite Weg könnte sich nicht lohnen.«
    Sami lachte laut auf. »Ihr Waffenhändler seid manchmal komische Vögel. Ich finde nicht, dass zweihundertfünfzigtausend US-Dollar sich nicht lohnen.«
    Lincoln schaute wieder auf den Zettel. »Sind Sie sicher, dass Ihr reicher saudischer Freund mich kontaktiert, wenn ich heute in zehn Tagen morgens um zehn vor einer Moschee in Foz do Iguaçú stehe?«
    Sami hatte genickt. »Es wird Sie jemand abholen und zu ihm bringen.«
    In dem kleinen Raum über der Kneipe hörte der Ägypter schweigend zu, während Lincoln von seinen Geschäften in Kroatien erzählte. In der Nische machte der Junge, der wieder vor seinem Puzzle saß, Kaugummiblasen, bis sie ihm über den fleischigen Lippen platzten. Leroy machte sich mit einem Fingernagel der rechten Hand die Nägel der linken sauber. Als Lincoln mit seiner Geschichte fertig war, saß der Ägypter mit gespitzten Lippen da und überlegte. Schließlich sagte er: »Leroy bringt Sie in Ihr Hotel in Foz do Iguaçú. Warten Sie dort, bis Sie von mir hören.«
    »Wie lange wird das dauern?«, fragte Lincoln. »Jeder Tag, den ich nicht im Balkan bin, kostet mich Geld.«
    Der Ägypter zuckte die Achseln. »Wenn Sie sich langweilen, gähnen Sie ruhig.«
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte Lincoln, als er mit Leroy allein im Wagen war und Richtung Brücke und Foz do Iguaçú fuhren.
    »Ich würde sagen, gut, sonst wären Sie nicht mehr am Leben.«
    Lincoln blickte den Texaner an, dessen Gesicht im Scheinwerferlicht entgegenkommender Autos immer wieder aufleuchtete. »Ist das Ihr Ernst?«
    »Und ob das mein Ernst ist. Eins sollten Sie in den Schädel kriegen«, sagte er und klopfte sich mit dem Zeigefinger an den Kopf.

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