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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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Gegenüber: »Seien Sie doch vernünftig, Herr Siebert! Sie machen einen Riesenfehler!«
    Schwer atmend, mit irrem Blick, hob Siebert das Messer und zielte nun auf Joes Brust.
    »Meinen Sie? Das spielt jetzt doch auch keine Rolle mehr. Meine Frau wird ihrer gerechten Strafe jedenfalls nicht entkommen. Davon wird mich niemand abhalten. Auch Sie nicht!«
    »Wenn Sie sich da mal nicht täuschen.«
    Der Ärmel eines feinen Tweedsakkos legte sich wie ein eiserner Riegel um Sieberts Kehle und riss ihn grob nach hinten. Über ihm tauchte Charly Loessls grimmiges Gesicht auf.
    »Das Spiel ist aus, Herr Ministerialdirigent!«

51
    Kronjuwelen
    D as fiese Schädelbrummen malträtierte ihn schon seit dem frühen Morgen. Ein dumpfer Schmerz, ausgehend vom linken Ohr, der sich schräg nach oben zog und im Lauf der Stunden immer stärker geworden war. Zwei hastig eingeworfene Aspirin hatten nichts gebracht, ebenso wenig wie die beiden Weizen, die er anschließend ohne rechte Lust hinuntergestürzt hatte. Nicht einmal der neue Auftrag schaffte es, seine Laune zu heben.
    Ohne den Hund war alles sinnlos. Rüdiger fehlte ihm bei jedem Atemzug.
    Seine Alte hatte das schon zu spüren bekommen, ebenso die beiden Schrazn, die allerdings schlau genug gewesen waren, sich unsichtbar zu machen, bevor der Watschnbaum nochmals umfallen konnte. Der ganzen Welt hätte er heut in den Arsch treten können – Kreizdeifi! Wer nur hatte es gewagt, ihm den einzigen Freund, den er je besessen hatte, zu nehmen, und auch noch auf derart brutale Weise?
    Doch nicht etwa …
    Nein, das konnte nicht sein. Oder?
    Er zündete sich eine Zigarette an, um sie nach ein paar Zügen wieder auszudrücken.
    Den Kadaver hatte er nach kurzem Zögern in sein Auto geschleppt und hinaus zur Tierverbrennung in der Riemer Straße gebracht. Wie sie ihn angeschaut hatten, als er die Decke zurückgeschlagen hatte! Als ob er höchstpersönlich am Verenden des Rüden schuld sei.
    Er hatte ordentlich zurückgebelfert, mit dem Resultat, dass er sich hinterher nur noch mieser fühlte.
    Nein, eine Abschiedszeremonie im Raum der Stille wollte er auf keinen Fall. Auch keinen Grabstein, und erst recht keine niedliche Urne in Form eines Hundekopfes.
    Mit all dem Firlefanz sollten sie ihm gefälligst vom Leib bleiben.
    Reichte schon, dass er stolze hundertsechzig Euro hinblättern musste, damit Rüdigers geschundener Körper verbrannt wurde – um später zusammen mit der Asche von Katzen, Kaninchen und anderem vierbeinigem Gesindel in einem Sammelgrab zu landen.
    Als er danach wieder im Auto saß und sein Blick aus Gewohnheit auf den leeren Platz hinter ihm fiel, hatte er sich wie der einsamste Mensch auf der Welt gefühlt.
    Er stand auf, riss ein Fenster auf und lehnte sich weit hinaus.
    Warum war er eigentlich noch da, jetzt, wo der Hund nicht mehr lebte? Nichts hielt ihn mehr, weder hier in der Firma, die sich, bei Licht besehen, als eine einzige Bruchbude entpuppte, noch in der trostlosen Wohnung, die noch nie ein Zuhause für ihn gewesen war.
    Weg musste er, so schnell wie möglich.
    Er schloss das Fenster, packte seinen Schlüsselbund, lief zur Tür – und wäre um ein Haar über das braune Päckchen gestolpert, das jemand auf der Schwelle abgelegt hatte.
    Doch nicht für ihn?
    Bestellt hatte er nichts, da war er sich ganz sicher. Und der bescheuerte DHL -Bote kam sowieso immer schon am Vormittag.
    Er hob das Päckchen auf. Wolfgang Gfeiter stand da in sauberen Druckbuchstaben sowie die Adresse seiner Spedition. Ein Absender fehlte.
    Missmutig kehrte er noch einmal in die muffigen Büroräume zurück. Den braunen Karton schnitt er an der Unterseite mit einem alten Teppichmesser auf. Ein zweiter Karton kam zum Vorschein, fast quadratisch, dunkelblau und seidig glänzend. Er zögerte, bevor er den Deckel öffnete.
    Sein Mund klappte auf.
    Wieder das verdammte Foto mit diesem rothaarigen jungen Mädchen!
    Plötzlich wurde ihm eiskalt.
    Bei der verreckten Taube hatte er es weggekickt, bei Rüdigers Kadaver rasch verschwinden lassen – und jetzt tauchte es zum dritten Mal auf!
    Also hatte es wirklich jemand auf ihn abgesehen. Jemand, der offenbar vor nichts zurückschreckte.
    Ein durchdringend süßlicher Geruch drang an seine Nase. Wolfgang Gfeiter griff nach dem Foto und ließ es achtlos zu Boden gleiten. Seine Augen weiteten sich vor Grauen.
    Auf hellblauem Seidenpapier lagen die blutverschmierten Kronjuwelen seines besten Freundes, daneben ein verführerisch glitzerndes

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