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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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schloss die Wohnungstür hinter sich zu. Dann lief sie über den Hof.
    Ein Strahlen ging über ihr Gesicht, während sie bei Vroni klingelte. Eigentlich hätte es ja schon durch die Türritze nach dem Nusshefezopf duften müssen, den die Tante seit jeher traditionell am Geburtstag für sie backte – aber Sofie roch nichts.
    Sie klingelte abermals.
    Schweigen.
    Dann zum dritten Mal.
    Vroni würde doch nichts passiert sein?
    Sofie angelte in den Tiefen ihrer Tasche nach dem Schlüssel und sperrte auf.
    »Tante Vroni, ich bin’s …« Die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    Von wegen Geburtstagstisch!
    Die Wohnküche war peinlich aufgeräumt. Nicht ein Teller stand irgendwo herum. Milde lächelte die Madonna vom Herrgottswinkel herab.
    Auch das Badezimmer aufgeräumt. Der Morgenmantel akkurat am Haken hinter der Tür. Waschbecken und Wanne wie geschleckt.
    Sofie lief ins Schlafzimmer. Das Bett frisch bezogen, die Pantoffeln davor penibel ausgerichtet. Vom jüngst aufgemöbelten Nachtkästchen stieg ein schwacher Holzduft in ihre Nase.
    Wo um alles in der Welt steckte die Tante? Und wie konnte sie den Geburtstag ihrer einzigen Nichte vergessen?
    Offenbar nicht nur sie.
    Auch in der U-Bahn schwieg das Handy hartnäckig, ebenso auf dem Weg, den Sofie vom Goetheplatz zum Institut zu Fuß zurücklegte.
    Keine Tante, kein Joe, kein Charly, kein Spike, keine Manu – kein gar niemand.
    Gut, dann eben same procedure wie jeden Tag. Wenigstens gab es ja immer noch George, mit dem sie feiern konnte. Trotzdem musste Sofie sich eingestehen, dass ihre Stimmung ziemlich am Tiefpunkt war, als sie in der Nußbaumstraße ankam.
    »Da schau her, die Frau Dr. Rosenhuth. Auch schon da!« Nicht einmal der Pförtner schenkte ihr ein Lächeln, als sie mit einem kurzen Gruß an ihm vorbei wollte. »Einen kleinen Augenblick, bitte!«
    »Ja?« Ihre Stimme klang ungeduldig.
    »Alles klar.« Er legte den Hörer beiseite. »Jetzt können Sie durch«, sagte er mit einem rätselhaften Unterton. »Schönen Tag noch!«
    Sein seltsames Verhalten ging ihr nicht aus dem Kopf, während sie ihr Kabuff ansteuerte. Etwa eine neue Anordnung von der Kollegin?
    Eigentlich hatte Sofie ja aufgrund der jüngsten Ereignisse auf längerfristigen Waffenstillstand getippt, wenn nicht sogar auf mehr. Aber wer wusste schon, was …
    Zefix – jetzt stand die Tür zur Präparatesammlung ja schon wieder offen! War die Wildkatze etwa abermals im Einsatz?
    Was da von drinnen zu Sofie auf den Flur drang, klang allerdings eher wie …
    »Happy birthday!« , rief ein munterer Chor gemischter Frauen- und Männerstimmen. »Alles Gute zum Geburtstag, Sofie!«
    Zunächst war sie wie gelähmt. Doch Joe nutzte die Gunst des Augenblicks und zog sie in den Raum.
    Charly, Manu, Spike, Tante Vroni, direkt daneben ein Mann mit weißen Haaren, der ihr seltsam bekannt vorkam – sie alle standen breit grinsend vor den Regalen mit den Nass- und Trockenpräparaten.
    Fehlte nur noch George. Aber selbst der lümmelte mit seinem Schlips in einer Ecke herum und schien sie festlich anzugrinsen.
    »Der wollt unbedingt auch mit!« Spike drückte ihr eine CD in die Hand. »Und des is für dich. ›Carmen‹ – in einer Superbesetzung. Perfekte Musik beim Sezieren. Und a sonst. Damit geht ois wie von selbst.«
    Ungeduldig schob Joe ihn zur Seite.
    »Des Wichtigste hast no gar ned gsehn, Sofie.« Er zog an dem weißen Tuch, das über einen großen Gegenstand gebreitet war. »Tata!«
    Ein Traum in Blau und Silber, mit einundzwanzig Gängen, blitzenden Speichen und einem echten Ledersattel.
    Ein neues Radl!
    »Des geht doch ned«, flüsterte Sofie überwältigt.
    »Und ob des geht!« Joe legte seinen gesunden Arm fest um sie und küsste sie auf beide Wangen. »Für mei rasende Sofie. Die Beste von der ganzen Welt!«
    »Dem kann ich mich nur anschließen.« Entschlossen zog Charly Sofie aus Joes Umarmung und drückte sie an sich, zärtlich, aber durchaus innig.
    »Viele Geheimnisse und Abenteuer für dein neues Lebensjahr«, raunte er in ihr Ohr. »Würde mich freuen, wenn ich möglichst oft dabei sein kann.«
    Mit einem Mal war der Traum von vorhin wieder lebendig. Zwei Männer, deren Gesichter sich übereinanderschoben …
    Darüber würde sie morgen nachdenken. Oder besser noch übermorgen. Plötzlich sah sie etwas in zartem Lila auf einem der Tische leuchten. »Aber des gibt’s doch ned!« Wie der Blitz peste sie hin.
    »Passend zu deinen wunderschönen grünen Augen«, sagte Charly lächelnd.

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