Die Kalte Sofie
geringste Problem«, sagte sie vieldeutig.
»Kommt gar ned infrage, Sofie!« Missbilligend verdrehte Joe die Augen. »Illegale Handyortung, illegale Beschaffung der DNA eines hohen Regierungsbeamten, wenn ich das richtig seh – und jetzt … Moanst ned, es reicht allmählich? Du bist immerhin Staatsbeamtin, vergiss des ned! Und ich im Übrigen auch.«
Charly meldete sich mit einem diskreten Räuspern zu Wort. »Im Gegensatz zu mir, Herr Lederer. Ich würde mich deshalb gern als Freiwilliger melden, wenn Sie erlauben, und dem Herrn Gfeiter etwas Erbgut abluchsen.«
53
Heiße Spur
B isher war die Tür stets zu gewesen. Immer.
Ein wenig großkotzig sprach man intern gern von der »beeindruckenden« Präparatesammlung des Instituts. Genauer betrachtet handelte es sich um einen fensterlosen, knapp fünfzehn Quadratmeter großen Raum, in dem auf zahlreichen mehr oder minder verstaubten Regalen Trocken- und Nasspräparate menschlicher Körperteile ihr Dasein fristeten.
Sofie hatte ihn bislang nur einmal betreten, an Spikes Seite, der für sie eine Privatführung veranstaltet hatte.
»Sozusagen mein Reich. Auch wenn ich offiziell nichts drüber verlauten lass.« Die Neonröhren an der Decke hatten ihn ungewöhnlich bleich aussehen lassen. Wie sie selbst in diesem unvorteilhaft grünlichen Licht wirken mochte, daran hatte sie lieber gar nicht denken wollen. Seine wild zugepiercten Brauen waren nach oben geschnellt.
Ob Spike ausnahmsweise vergessen hatte, die Tür zu schließen? Sofie hielt die Klinke schon in der Hand, als seltsame Geräusche sie aufhorchen ließen.
War da drin etwa jemand in Not?
Nein. Wenn man genauer hinhörte, klang es eher wie – entfesseltes Stöhnen!
Neugierig drückte Sofie die Tür einen Spalt weit auf und lugte in den Raum.
Vor einem Regal mit Zungen-Kehlkopf-Präparaten und diversen in Formalin eingelegten Fettlebern bewegte sich das athletische Hinterteil eines offensichtlich jungen Mannes rhythmisch auf und ab. Dazu schlanke Schenkel und muskulöse, braun gebrannte Wadln, in der Optik freilich leicht beeinträchtigt durch die schwarze Radlerhose, die in den Kniekehlen hing. Um den schnittigen Radlhelm tanzten bei jedem Stoß braune Locken.
Unter dem Mann: Dr. Elke Falk, den Kittel weit geöffnet, den modischen grünen Strickrock bis zur Leibmitte hochgezogen. Ihre tadellosen Beine umklammerten ihn so eng es nur ging.
»Jaaaaa …«, gurrte sie, während sie ekstatisch die gepflegten Fingernägel in seine Hüften trieb. »Jaaaaaaaaaaaaaaaaa ….«
Sofie schloss schmunzelnd die Tür und lehnte sich an die Wand.
Da schau her! Offenbar hatte Frau Dr. Iglu endlich den richtigen Kurier vor die Flinte gekriegt.
War die lange Abstinenz etwa der Grund dafür gewesen, dass die werte Kollegin sich derart kratzbürstig aufgeführt hatte? Blieb zu hoffen, dass das leidenschaftliche Stelldichein ihre Stimmung diesmal etwas dauerhafter aufhellte. Das kleine Geheimnis würde Sofie jedenfalls vorerst für sich behalten. Gut möglich, dass sie es eines Tages brauchen konnte.
Bei der Rückkehr in ihr Kabuff fand sie Spike vor, der mit unergründlichem Grinsen auf sie wartete.
Wusste etwa auch er von Dr. Falks heimlichem Treiben?
Sein Iro leuchtete heute ozeanblau. Seine Miene war freundlich entspannt wie eh und je.
»Die Analyse des DNA -Materials.« Er deutete auf ihren PC . »Alles ordentlich aufbereitet. Der oide Kaugummi, den der rasende Reporter angeschleppt hat, hat’s voll gebracht!« Er deutete zur Tür. »Oder willst ihm des lieber gleich selbst sagn? Er wartet nämlich bereits an der Pforte.« Er beugte sich vor und spitzte die Lippen. »Der hat aber ned zufällig vor, hier einzuziehen, oder? Tät mich eher wundern bei diesem stadtbekannten lonely rider .«
Was sollte das jetzt schon wieder heißen?
Dass Frauen auf einen wie Charly flogen, wunderte Sofie kein bisschen. Ging ihr ja nicht anders …
Ihr Atem kam ungewollt ins Stocken angesichts der verstrubbelten rotblonden Locken, der ansehnlich verteilten Knochen und des Strahlens aus graugrünen Augen, wie sie es bisher noch nie an ihm gesehen hatte.
»Und? Hat mein 007-Einsatz sich gelohnt?«, fragte er auf dem Weg zu Sofies Kabuff.
Die Tür zur Präparatesammlung war wieder geschlossen, wie Sofie aus dem Augenwinkel bemerkte. Ob die beiden sich dort drinnen gerade die Zigarette danach gönnten? Dann würde unweigerlich einer der zahlreichen Rauchmelder Alarm schlagen. Oder hatten sie Teil zwei ihres Schäferstündchens in
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