Die Kalte Sofie
stirnrunzelnd, während er sich nach kurzem Zögern das letzte Pflanzerl einverleibte. »Was war ihr Motiv?«
Sofie zuckte mit den Achseln. »Das soll am besten der zuständige Herr Kommissar klären.«
Sie griff zum Telefon und wählte, nicht ohne dabei erneut in den verlockenden Korb zu spähen.
»Jetzt heb schon ab!« Sofie zog ein langes Gesicht, als sich noch immer nichts tat. »Teilnehmer derzeit nicht erreichbar. Herrschaftszeiten, das darf doch ned wahr sein!«
Sie wurde unruhig. »Der meldet sich doch sonst auch immer. Und ausgerechnet jetzt soll Sendepause sein – nachdem er Siebert und Schlegl beobachtet hat?«
»Die beiden haben sich getroffen?«, rief Charly. »Und warum?«
»Keine Ahnung. Das Gespräch brach plötzlich ab, bevor er mir mehr sagen konnte.«
Sofies Blick verriet Sorge, während sie erneut wählte – und erneut nur die bereits bekannte Ansage erhielt.
»Des gfallt mir gar ned.« Gedankenverloren rieb sie an ihrem rechten Nasenflügel, der plötzlich heftig zu jucken begann. »Der Joe wird doch ned …«
»Wie wär’s, wenn wir sein Handy orten?«, sagte Charly.
Sofie seufzte. In ihrer Zeit als Polizistin wäre das die leichteste Fingerübung gewesen. Aber jetzt?
»Wenn ich vielleicht mal kurz an den PC dürfte?«, schlug Spike vor.
Zögernd machte ihm Sofie Platz.
Love stand als stark verblasstes Tattoo auf seinem linken Hand rücken. Hatred auf dem anderen.
Wieso war ihr das bislang noch nicht aufgefallen?
»Jugendsünden«, murmelte er, als könnte er in Sofies Kopf schauen. »Fast scho nimmer wahr.«
Spike versuchte es mit einem ersten Kennwort.
Doch leider: Fehlanzeige …
50
Das Spiel ist aus
S chwungvoll und frisch geföhnt betrat Greta Siebert die Villa, knallte ihren Autoschlüssel auf die Ablage, legte den leichten Mantel ab und warf ihrem Spiegelbild ein ermutigendes Lächeln zu. Dann öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer.
»Tut mir leid, dass es etwas länger gedauert hat, Schatz«, rief sie so munter sie nur konnte. »Aber bei der Manu standen die Leute heut wieder mal Schlange. Eine Unverschämtheit. Wo ich doch extra einen Termin gemacht hatte!«
Keine Antwort.
Verdutzt sah Greta sich um. Hatte ihr Mann heute früh nicht noch geächzt, weil er den ganzen Tag an seiner Rede würde feilen müssen?
»Konni?«
Niemand da, weder in der Küche noch im Garten oder in den anderen Räumen.
Seltsam. Dabei stand sein Wagen doch vor der Tür.
Schließlich öffnete sie zögernd die Tür zu seinem Arbeitszimmer. Doch auch hier schien niemand zu sein – der Schreibtisch, halb verdeckt von dem riesigen Bürosessel, war unberührt.
Schon wollte sie den Raum wieder verlassen, als der Sessel plötzlich umschwenkte. Der Mann, der darin saß, erinnerte nur noch entfernt an ihren Ehegatten: Sein Gesicht war verzerrt und voller Hass, die Augen waren rot geschwollen. Etwa von – Tränen?
Greta schluckte.
»Konni! Was hast du, um Himmels willen?«
Siebert sah auf, den Mund zu einem dünnen Strich zusammengepresst.
»Das fragst du mich? Du – Mörderin?« Wie rostige Nägel spuckte er jedes einzelne Wort aus.
Bestürzt rang sie nach Luft.
»Was soll das heißen? Du glaubst doch nicht etwa, dass ich …«
»Das glaub ich nicht nur, das weiß ich sogar, Greta.« Aus blutunterlaufenen Augen starrte Konstantin Siebert seine Frau an. »Und du? Wie lang hast du schon von Mychaijl und mir gewusst?«
Greta startete einen letzten schwachen Versuch.
»Mychaijl? Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst, Konni. Wer soll das sein?«
Wenn Blicke töten könnten …
»Du langweilst mich, Greta. Und zwar schon seit Jahren. Also erspar uns beiden endlich das Theater!«, sagte Siebert gepresst. »Du hast dich neulich mit Kai Schlegl getroffen, um ihn ruhigzustellen. Stimmt’s?«
Greta erstarrte. »Woher weißt du …«
»Mit den fünfundzwanzigtausend, die du ihm gegeben hast, war er allerdings alles andere als zufrieden«, fuhr Siebert unerbittlich fort. »Also hat er mich heute angerufen und den Rest des Schweigegelds verlangt.«
Greta ballte die Fäuste.
»Dieser Mistkerl …«, entfuhr es ihr.
»Mehr hast du mir nicht zu sagen?«
»Na schön.« Greta atmete tief durch, dann straffte sie sich und sah ihrem Mann in die Augen. »Ja, ich hab diesen dreckigen kleinen Ukrainer umgebracht. Aber ich hab’s für uns beide getan. Das ist die Wahrheit!«
»Ach, wirklich? Und warum? Was hat er dir getan? Warst du eifersüchtig? Auf einen Mann, der mir so viel mehr
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