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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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trinkt.«
    Blessing blickte auf. »Und was hatte Lars Schäffer da oben zu suchen?«
    »Das frage ich mich auch«, sagte Zagrosek.
    Mit Lars Schäffer stimmte etwas nicht. Er war ihm heute früh sehr merkwürdig vorgekommen. Er wirkte wie ein Schauspieler, trug seinen eleganten Hut und Mantel wie ein Kostüm. Dieses Humphrey-Bogart-Getue mit der Kippe. Sein blasses Pokerface. Von wegen nicht befangen. Er nahm sich vor, den Kollegen im Auge zu behalten.
    Bei diesem Gedanken fiel ihm ein, dass Werner Kleinschmidt einen guten Bekannten im Regionalkommissariat Kaarst hatte. Einen älteren Polizeibeamten, mit dem Werner im Kegelverein war.
    Zagrosek wählte Kleinschmidts Durchwahl.
    Nach dem zweiten Klingeln hob dieser ab. »Ja?«
    »Gut, dass ich dich gleich erwische.«
    ». . . meinte der Gefängniswärter zum Zelleninsassen«, sagte Kleinschmidt. »Falls du es noch nicht bemerkt hast: Ich sitze hier fest. Endstation Aktenhaltung. Lebendig begraben. Alle zwei Stunden geh ich raus, um meine Windel zu wechseln; so sieht mein Unterhaltungsprogramm aus.«
    Zagrosek pfiff anerkennend, so dass Kleinschmidt es hören konnte. »Na, dann weiterhin frohes Schaffen.«
    Er legte den Hörer auf. Sofort tat es ihm leid.
    Blessing beobachtete ihn. »Werner Kleinschmidt?«, fragte sie.
    Zagrosek knurrte etwas und beugte sich über seine Tastatur. So ging das nicht weiter mit Werner. Krank hin oder her, so konnte er seine Leute nicht behandeln. Musste Zagrosek sich jetzt schuldig fühlen, weil er normal pinkeln gehen konnte?
    Zagrosek schluckte den Ärger herunter. Werner ging es schlecht. Aber würde es zwischen ihnen jemals wieder so werden wie früher? Vielleicht hatte die Freundschaft nur funktioniert, weil sie beide keine ernsthaften Probleme hatten. Weil alles gut lief, oberflächlich betrachtet. Aber nun war Werners Leben bedroht gewesen. Warte mal ab, wenn es einem an den Kragen geht, erkennt man seine wahren Freunde. Da trennt sich die Spreu vom Weizen, hatte er kurz nach der Diagnose gesagt. Red kein Blech, dir geht’s nicht an den Kragen. Mehr war Zagrosek nicht eingefallen. Damals hofften sie, die Krankheit würde wie eine Art Gewitter vorbeiziehen. Operation, Chemo, Reha – und anschließend geht das Leben weiter wie bisher. Aber so war es nicht. Und vermutlich meinte Kleinschmidt nun, Zagrosek gehöre nicht zum Weizen, sondern zur Spreu.
    »Er ist ungeduldig«, sagte Blessing mitten in seine Gedanken hinein. »Ich arbeite daran, dass er zurück ins Team kommt. Wir warten auf grünes Licht von oben.« Sie sah Zagrosek an. »Aber manchmal hab ich das Gefühl, er hat Angst davor. Angst, dass er es nicht mehr so schafft wie früher.«
    Zagrosek griff zum Telefon und drückte die Wahlwiederholung. Kleinschmidt nahm sofort ab.
    »Hat Maxi dir gesagt, wann unsere Weihnachtsfeier ist?«
    »Nein, die hat sich nicht gemeldet.«
    »Also, dann schreib auf. Am Zwanzigsten um fünfzehn Uhr. Ohne dich feiern wir nicht.«
    »Hab ich notiert.« Kleinschmidt klang besänftigt. »Und entschuldige, dass ich eben . . .«
    »Schon gut«, unterbrach ihn Zagrosek. »Kannst du mir einen Gefallen tun?« Er berichtete von Lars Schäffer, und Kleinschmidt versprach, sich mal in Kaarst umzuhören.
    »Tom, du musst erstmal allein weiter machen.« Blessing stand auf. »Ich hab gleich einen Termin. Vorstellungsrunde mit dem neuen Staatsanwalt. Ich soll morgen meinen Dienst antreten.«
    »Was?« Zagrosek beugte sich vor. »Morgen schon? Und die laufende Ermittlung?«
    »Du kriegst natürlich Ersatz.«
    »Ich will Werner Kleinschmidt.«
    Blessing lächelte.
    »Na, dann los, Frau Chefin. Aber eines sag ich dir: Du wirst uns noch vermissen.«
    »Ich bin kein Teammensch.«
    Zagrosek hob in gespieltem Ernst den Finger. »Polizeiarbeit ist Teamarbeit.«
    Blessing lachte laut. »Das sagst ausgerechnet du?«
    Zagrosek grinste. Da war was dran. »Du musst auf die Beförderung einen ausgeben. Hast du dir schon überlegt, wann?«
    Blessing seufzte. »Nein. Ach, ich hasse so was.«
    Zagroseks Handy gab zwei Töne von sich. Eine SMS von Lammert. Zagrosek las: ‚Auf ein Bier heute Abend? Alle kommen mit. Lammert.’ Es hatte sich rumgesprochen. Und die Jungs solidarisierten sich gegen die neue Chefin. Nun musste Mann Flagge zeigen.
    »Vera«, sagte Zagrosek mit Blick auf das Handy. »Braucht Hilfe mit einem Einbauschrank.«
    Blessing nickte.
    »Wann und wo?«, tippte er ein. Die Antwort kam postwendend. »Um Acht. Pizza im Menta.«
    »Okay. Bin dabei«, schrieb

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