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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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Mund. »Sie meinen, ob ich ein Alibi habe? Nein.«
    »Wohnen Sie allein?«
    »Mit meinem Sohn. Meine Frau ist vor zwei Jahren gestorben. Nach längerer Krankheit. Rocco hatte ein Studium in Köln angefangen. Nach Margits Tod kam er nach Hause, um mir auf dem Hof zu helfen. Er soll den Betrieb mal übernehmen.« Graupner fuhr sich mit der Hand über die Augen.
    Zagrosek erinnerte sich, was er bei der ersten Begegnung mit Graupner gedacht hatte. Einsam. Der Mann ist einsam.
    »Sie klingen da nicht sehr zuversichtlich?«, fragte er.
    »Rocco interessiert sich nicht für Tannen. Meistens ist er mit den Kumpels aus seiner Band unterwegs. Und wenn er mal zuhause ist, sitzt er stundenlang am Computer.« Graupner schüttelte den Kopf. »Manchmal bekommt man Lust, alles aufzugeben. Ich habe die Möglichkeit, Land zu verkaufen. Ein lukratives Angebot. Aber verstehen Sie, wenn Sie Ihr Leben in so einen Betrieb gesteckt haben, ist es schwer zu akzeptieren, dass das alles verschwinden wird.«
    Zagrosek sah Graupner an. »Warum haben Sie seit Jahren nicht mehr mit Konrad Verhoeven gesprochen?«
    »Er hat bei der Polizei behauptet, mein Sohn und ich hätten seine siebentausend Tannenspitzen abgeschlagen. Einfach lächerlich.«
    Zagrosek erinnerte sich dunkel an den internen Polizeibericht vor einigen Wochen, der vom Vandalismus in einer Weihnachtsbaumkultur gehandelt hatte.
    »Diese zerstörten Tannen gehörten Verhoeven?« Zagrosek wechselte einen Blick mit Blessing.
    Graupner nickte. »Und auf seinem Lagerplatz wurden Tannen auf Paletten mit Diesel bespritzt. Gleich am nächsten Tag hatte ich die Kaarster Polizei hier. Da war mir schon klar, wer die auf die Spur gesetzt hatte.« Er lächelte müde. »Aber womit Verhoeven nicht gerechnet hatte: Auch ich bin ein Opfer dieser Verbrecher. Meine Tannen wurden in der gleichen Nacht mit Diesel wertlos gemacht. Ich habe selbst Anzeige erstattet.«
    »Was war los zwischen Ihnen und Konrad Verhoeven?«, fragte Blessing.
    Graupners Gesicht war abweisend. »Wir sind Konkurrenten. Das ist alles. Jeder muss sehen, wo er bleibt.«
    Zagrosek dachte an die Brandnacht. Die zwanzig Meter Abstand zwischen Graupner und Konrads Familie, Graupners Körperhaltung, Wolf Hendricks böse Blicke. Konkurrenz hin oder her, die Familien waren Nachbarn, ein tragischer Todesfall hatte sich ereignet, Graupner hatte die Feuerwehr alarmiert. Unter normalen Umständen würde man doch miteinander reden.
    »Wir haben von einem Streit gehört?«, fragte Blessing.
    Graupner stützte den Kopf auf und seufzte. »Ja, wir hatten Ärger miteinander, aber die Sache spielt hier keine Rolle. Eine Lappalie.« Er berichtete lustlos von dem Gerangel um den Verkaufsplatz vor dem Rathaus.
    Da flog mit einem lauten Knall die Haustür zu. Alle fuhren zusammen.
    »Papa? Bist du noch auf?«
    Ein Mann um die Dreißig in Motorradkluft erschien und lehnte sich in den Türrahmen. An einem Ohr blinkte silbern ein Totenkopfanhänger. »Is’ das ne Party hier? N’Abend zusammen.«
    »Das ist die Polizei«, sagte Graupner.
    Rocco Graupners Mundwinkel zuckten nervös. »Aber wieso denn, ich . . .?«
    »Konrad Verhoeven ist tot.«
    »Was?« Rocco Graupner blickte seinen Vater an. «Wie . . . tot?«
    »Verbrannt, in den alten Nordmännern. Ich habe die Feuerwehr alarmiert.«
    »Du . . . hast . . .?«
    »Wo warst du denn? Es kann doch nicht sein, dass du von den Sirenen nichts mitbekommen hast.«
    »Ich war bei Fred in der Garage. Der hat Dämmplatten an den Wänden. Wir haben ein bisschen . . . gespielt. Gitarre«, fügte er mit einem Blick auf Zagrosek hinzu.
    Zagrosek roch seine Alkoholfahne.
    Blessing zückte ihren Block. »Bitte geben Sie uns Name und Adresse Ihres Freundes.« Sie notierte die Angaben. »Ab wann waren Sie dort?«
    »So seit Neun.«
    »Durchgehend? Oder sind Sie zwischendurch mal weggegangen?«
    »Ganz bestimmt nicht.«
    Graupner stand auf und fasste seinen Sohn unsanft an der Schulter. »Geh ins Bett. Du hast zuviel getrunken.«
    Blessing erhob sich. »Sind Sie in diesem Zustand Motorrad gefahren?«
    Graupner stellte sich zwischen sie und Rocco. »Er war nur bei den Nachbarn. Zu Fuß.«
    »Warum dann die Klamotten?«
    »Die trag ich immer. Na dann, ich hau mich hin.« Er verschwand ins obere Stockwerk.
    »Glauben Sie, diese Attacke auf die Tannenspitzen und die Brandstiftung stehen in Zusammenhang?«, fragte Zagrosek.
    Graupner und Blessing setzten sich wieder.
    »Tja, merkwürdig ist das schon«, meinte Graupner. »Wir

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