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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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übermütiger Heiterkeit, tanzte und sang und malte sich mit Freude die Einfachheit der neuen Wohnung aus und fragte mich um Rat wegen der Lage und des Viertels. Sie war glücklich über diesen Entschluß, der uns beide endgültig zusammenbringen mußte. Aber ich wollte nicht hinter ihr zurückstehen. In einem Augenblick hatte ich über mein Leben entschieden. Ich überdachte meine finanzielle Lage und vermachte Marguerite die Einkünfte aus dem Vermögen meiner Mutter. Es schien mir viel zuwenig für das Opfer, das ich von ihr angenommen hatte.
Mir blieben die fünftausend Francs meines Vaters. Was auch immer kommen mochte, es war genug, um leben zu können. Ich sagte Marguerite nichts von meinem Entschluß, überzeugt, daß sie dieses Geschenk nicht annehmen würde. Außer dem Zuschuß meines Vaters stammte mein Einkommen aus dem Ertrag jenes Hauses, das ich noch nie gesehen hatte. Ich wußte nur, daß der Notar meines Vaters, ein alter Freund unserer Familie, mir dreimal im Jahr siebenhundertfünfzig Francs gegen meine Unterschrift aushändigte. An dem Tage, als Marguerite und ich in Paris waren, um eine Wohnung zu suchen, ging ich auch zu jenem Notar. Ich fragte ihn, auf welche Weise ich diese Einkünfte einer anderen Person überschreiben könne.
Der gute Mann glaubte, ich sei ruiniert, und fragte nach dem Grund meines Vorhabens. Da ich ihm früher oder später doch sagen mußte, wem ich das Geld schenken wollte, zog ich es vor, ihm gleich die Wahrheit zu sagen. Er machte keinerlei Einwände, wozu er als Notar und Freund unserer Familie doch das Recht gehabt hätte. Er versicherte mir, alles aufs beste in die Wege zu leiten. Ich erbat von ihm natürlich absolutes Stillschweigen meinem Vater gegenüber. Dann eilte ich zu Marguerite, die bei Julie Duprat wartete. Sie hatte es vorgezogen, zu ihr zu gehen, um von Prudence nicht wieder Belehrungen anhören zu müssen. Wir machten uns auf, um eine Wohnung zu suchen. Alle, die wir uns ansahen, fand Marguerite zu teuer und ich zu einfach. Endlich wurden wir uns einig und mieteten einen kleinen Pavillon, der abseits vom Haupthaus stand, in einem der ruhigsten Viertel von Paris. Hinter dem Häuschen lag ein hübscher Garten. Er war von Mauern umgeben, die uns von den Nachbarn abschlossen, die aber doch niedrig genug waren, uns noch einen Ausblick zu gewähren. Alles war schöner als wir je gehofft hatten. Während ich in meine Wohnung ging, um sie zu kündigen, begab sich Marguerite zu einem Sachwalter, der, wie sie sagte, schon einmal für eine Freundin das getan hatte, was sie von ihm erbitten wollte.
Hocherfreut kam sie zu mir in die Rue de Provence. Der Mann hatte ihr versprochen, all ihre Schulden zu zahlen und ihr außerdem noch zwanzigtausend Francs zu geben, vorausgesetzt, daß sie auf ihre Möbel verzichtete. Sie haben auf der Versteigerung gesehen, wie die Preise gestiegen sind. Der Mann hätte also damals mehr als dreißigtausend Francs an seiner Klientin verdient.
Glücklich kehrten wir nach Bougival zurück. Wir machten Zukunftspläne, die dank unserer Sorglosigkeit und unserer Liebe in den goldensten Farben leuchteten. Acht Tage später waren wir beim Frühstück, als Nanine hereinkam und mir mitteilte, mein Diener sei da. Ich ließ ihn eintreten.
,Ihr Vater ist in Paris angekommen. Er bittet Sie, so schnell wie möglich in Ihre Wohnung zu eilen, wo er Sie erwartet', sagte er mir. Es handelte sich um die einfachste Sache der Welt. Und doch blickten Marguerite und ich uns erschrocken an. Wir ahnten ein Unglück.
Ohne daß sie mir von dieser Empfindung gesprochen hätte, die ich mit ihr teilte, sagte ich ihr beim Abschied: ,Fürchte nichts.' ,Komm recht bald wieder', flüsterte Marguerite und küßte mich. ,Ich warte am Fenster auf dich.' Ich schickte Joseph voraus und ließ meinem Vater sagen, ich käme sofort. Tatsächlich war ich zwei Stunden später in der Rue de Provence.
     

XX
     
    Mein Vater saß im Hausrock in meinem Salon und schrieb. Ich begriff sofort aus der Art, wie er mich bei meinem Eintreten ansah, daß es sich um ernste Dinge handelte. Ich ging auf ihn zu, als hätte ich nichts auf seinem Gesicht gelesen, und küßte ihn:
,Wann sind Sie gekommen, Vater?' ,Gestern abend.' ,Sie wohnen doch, wie immer, bei mir?' ,Ja'
,Ich bedaure sehr, daß ich nicht hier war, um Sie zu begrüßen.'
Auf diese Worte hin erwartete ich die ernsten Vorwürfe meines Vaters zu hören, die ich aus seiner kühlen Miene gelesen hatte. Aber er antwortete nichts, steckte

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