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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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weiß ich, was ich zu tun habe.' Er läutete. Joseph erschien.
»Bringen Sie meine Koffer ins Hotel Paris', sagte er zu meinem Diener.
Dann ging er in sein Zimmer, um sich fertig anzukleiden. Als er wieder herauskam, trat ich ihm entgegen. ,Sie müssen mir versprechen, Vater, daß Sie nichts unternehmen, was Marguerite Kummer bereiten könnte.' Mein Vater blieb stehen, sah mich mit Verachtung an und antwortete:
,Ich glaube, Sie sind verrückt geworden.' Darauf ging er und warf die Türe heftig hinter sich ins Schloß.
Auch ich verließ meine Wohnung, nahm einen Wagen und eilte nach Bougival. Marguerite saß am Fenster und erwartete mich.
     

XXI
     
    ,Endlich bist du da!' rief sie und fiel mir um den Hals. ,Wie blaß du bist?'
Ich erzählte ihr von dem Auftritt mit meinem Vater. ,O mein Gott, das befürchtete ich. Als Joseph kam und die Ankunft deines Vaters meldete, zitterte ich wie bei einer Unglücksnachricht. Armer Freund! Und ich bin die Ursache deines Kummers. Vielleicht ist es wirklich besser, du verläßt mich und söhnst dich mit deinem Vater aus. Unser Leben war so schön und wäre noch schöner geworden. Er muß doch verstehen, daß du eine Geliebte haben mußt, und kann doch zufrieden sein, daß ich es bin. Denn ich liebe dich und will ja nichts, was deine Mittel dir nicht erlauben. Hast du ihm gesagt, wie wir uns die Zukunft gedacht haben?' Ja, und das hat ihn am meisten verärgert, weil er in diesem Entschluß den Beweis unserer gegenseitigen Liebe sieht.' ,Was machen wir nun?'
,Meine liebe Marguerite, wir bleiben zusammen und lassen den Sturm vorüberziehen.' ,Wird er vorüberziehen?'
,Er muß.' ,Aber dein Vater wird sich nicht zufriedengeben.' ,Was denkst du, könnte er tun?'
,Weiß ich das? All das, was ein Vater unternehmen kann, um seinen Sohn zum Gehorsam zu zwingen. Er wird dir meine Vergangenheit vorhalten und dir einige neue Geschichten darüber erzählen, damit du mich verläßt.' ,Du weißt genau, daß ich dich liebe.'
,Ja, aber ich weiß auch, daß man früher oder später seinem Vater gehorchen muß. Und auch du wirst dich eines Tages beugen müssen.'
,Nein, Marguerite, denn die Entscheidung darüber liegt bei mir. Nur die Klatschereien einiger Freunde bringen ihn so auf. Er ist gut und gerecht, und er wird sich besinnen. Im übrigen geht mich das alles nichts mehr an.'
,Sage das nicht, Armand. Ich wünsche alles andere, als daß du glaubst, ich möchte dich mit deinem Vater entzweien. Bleibe heute hier und fahre morgen nach Paris. Dein Vater wird, ebenso wie du, nachgedacht haben, und ihr könnt euch vielleicht einigen. Versteife dich nicht auf deinen Entschluß. Gib dir den Anschein, als wärst du zu Konzessionen bereit. Tue so, als würdest du nicht mehr unbedingt zu mir stehen, und dann wird alles beim alten bleiben. Hoffe, mein Freund, und sei überzeugt, daß deine Marguerite, was auch kommen mag, dir gehört.' ,Schwörst du mir das?' ,Muß ich das noch schwören?'
Wie schön ist es, sich von der geliebten Stimme überreden zu lassen.
Marguerite und ich verbrachten den Nachmittag und Abend damit, unsere Pläne eingehend durchzusprechen, als hätten wir die Notwendigkeit erkannt, sie auf dem schnellsten Wege zu verwirklichen. Jeden Augenblick erwarteten wir irgendein Ereignis, aber glücklicherweise verging der Tag, ohne daß etwas Unverhofftes geschah. Am nächsten Tage fuhr ich um zehn Uhr fort und war gegen zwölf Uhr vor dem Hotel. Mein Vater war schon ausgegangen.
Ich ging in meine Wohnung, in der Hoffnung, ihn dort zu finden. Niemand war gekommen. Ich ging zum Notar, auch dort war niemand.
Ich begab mich wieder ins Hotel und wartete bis sechs Uhr. Mein Vater kam nicht wieder. Dann fuhr ich nach Bougival zurück.
Diesmal fand ich Marguerite nicht am Fenster auf mich wartend. Sie saß vor dem Feuer, das schon brennen mußte wegen der kalten Jahreszeit.
Sie war so in Gedanken versunken, daß ich mich ihrem Sessel nähern konnte, ohne von ihr gehört zu werden. Als ich meine Lippen auf ihre Stirn drückte, zitterte sie, als hätte ich sie unsanft geweckt. ,Du erschreckst mich', sagte sie. ,Und dein Vater?'
,Ich hab ihn nicht gesehen. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Ich fand ihn weder im Hotel noch beim Notar noch in meiner Wohnung. Ich wußte nicht, wo ich ihn noch hätte suchen sollen, und habe lange im Hotel auf ihn gewartet.' ,Also mußt du es morgen noch einmal versuchen.' ,Ich möchte lieber warten, bis er mich rufen läßt. Ich glaube, ich habe getan, was ich

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