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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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verließ mich.
Ich schrieb Olympia nicht einmal, daß ich nicht käme. Ich machte mit diesem Mädchen nicht viel Umstände. Kaum eine Nacht in der Woche verbrachte ich mit ihr. Sie tröstete sich, glaube ich, mit einem Schauspieler von irgendeinem Boulevard-Theater.
Zwar ging ich zum Essen, war aber fast im gleichenAugenblick wieder zurück. Überall ließ ich Feuer machen und beurlaubte dann Joseph.
Ich kann über die verschiedenartigsten Gefühle, die mich in der einen Stunde des Wartens bewegten, keine Rechenschaft ablegen. Als es gegen neun Uhr läutete, überfielen mich alle diese Gefühle auf einmal. Ich war so erregt, daß ich mich die Wand entlang tasten mußte, um nicht zu fallen, als ich zur Türe ging.
Glücklicherweise war das Vorzimmer nur schwach erleuchtet. Dadurch war mein verstörtes Gesicht weniger deutlich zu erkennen. Marguerite trat ein.
Sie war schwarz gekleidet und verschleiert. Kaum konnte ich unter den Spitzen ihre Züge erkennen. Sie betrat den Salon und lüftete den Schleier. Sie war marmorbleich.
,Hier bin ich, Armand, Sie wollten mich sehen. Ich bin gekommen.' Dann ließ sie ihren Kopf in die Hände sinken und weinte fassungslos. Ich trat neben sie.
,Was haben Sie?' fragte ich aufgeregt.
Sie drückte mir die Hand, ohne zu antworten. Tränen erstickten ihre Stimme. Bald darauf hatte sie sich gefaßt und sagte: ,Sie verletzen mich sehr, Armand. Ich habe Ihnen doch
nichts getan.'
,Nichts?' fragte ich bitter.
,Nur das, wozu die Umstände mich gezwungen haben.' Ich weiß nicht, ob Sie je im Leben das empfunden haben oder einmal empfinden werden, was in mir beim Anblick Marguerites vorging.
Darauf warf sie Mantel und Hut ab und legte sich auf das Kanapee.
Rasch öffnete sie ihr Mieder, denn infolge der plötzlichen Erregung stieg ihr das Blut zu Kopf und benahm ihr den Atem.
Sie hustete trocken und rauh.
,Lassen Sie meinem Kutscher sagen, er soll den Wagen nach Hause fahren.'
Ich ging selber hinunter, den Mann zu beurlauben. Als ich wieder heraufkam, lag Marguerite vor dem Fenster auf dem Boden. Ihre Zähne schlugen vor Kälte aufeinander. Ich nahm sie in meine Arme. Willenlos ließ sie sich entkleiden. Sie war ganz steif. Ich legte sie in mein Bett. Dann setzte ich mich neben sie und versuchte, sie mit meinen Zärtlichkeiten wieder zu erwärmen. Sie sprach kein Wort, aber sie lächelte mich an.
Ach, das war eine merkwürdige Nacht. Alles Leben von Marguerite war in den Küssen, mit denen sie mich überschüttete. Ich liebte sie so sehr, daß ich mich manchmal sogar fragte, ob ich sie nicht töten sollte, damit sie keinem anderen mehr gehören könne. Wenn man einen Monat lang so lieben würde, mit allen Kräften der Seele und des Körpers, wäre man am Ende nur noch ein Schatten seiner selbst. Bei Morgengrauen erwachten wir beide. Marguerite sah aschfahl aus. Schwere Tränen rannen dann und wann über ihre Wangen und schillerten wie Diamanten. Ihre müden Arme öffneten sich von Zeit zu Zeit, um mich zu umarmen, und fielen wieder kraftlos aufs Bett. Einen Augenblick lang glaubte ich, ich könnte vergessen, was sich seit meiner Abreise aus Bougival ereignet hatte, und ich fragte Marguerite:
,Wollen wir zusammen abreisen, Paris verlassen?' ,Nein, nein', sagte sie fast erschrocken, ,wir würden sehr unglücklich werden. Ich kann nicht mehr dein Glück sein, aber solange ich atme, bin ich der Sklave deiner Launen. Zu welcher Tages- und Nachtzeit du mich willst, komme, ich gehöre immer dir. Aber den Gedanken, deine und meine Zukunft miteinander zu verbinden, mußt du aufgeben. Du würdest sehr unglücklich werden und ich auch. Ich bin eine Zeitlang noch ein hübsches Mädchen. Nütze das aus, aber mehr erbitte nicht von mir.'
Als sie fort war, lähmte mich die Einsamkeit, in der sie mich zurückließ. Zwei Stunden später saß ich noch immer auf dem Bett, in dem sie gelegen hatte. Der Abdruck ihres Kopfes zeichnete sich noch auf dem Kissen ab. Ich fragte mich, was aus mir werden sollte in diesem Zwiespalt von Liebe und Eifersucht.
Um fünf Uhr begab ich mich in die Rue d'Antin, ohne jedoch zu wissen, was ich dort wollte. Nanine öffnete mir.
,Die gnädige Frau kann Sie nicht empfangen', sagte sie verwirrt. ,Warum?'
,Weil der Graf von N... da ist. Sie hat angeordnet, daß ich niemanden hereinlasse.'
,Das ist wahr, ich hatte das vergessen', stammelte ich. Wie betrunken kehrte ich nach Hause zurück. Und wissen Sie, was ich tat in diesen eifersüchtigen Minuten, die genügten, mich zu einem

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