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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Marguerite wirklich vergessen. Nur Marguerite ahnte wohl den Grund meines Handelns. Meinen täglichen Beleidigungen begegnete sie würdevoll. Dennoch schien sie zu leiden. Jedesmal, wenn ich ihr begegnete, war sie trauriger und blasser. Meine Liebe zu ihr, die auf einem Punkt angekommen war, wo sie mehr als Haß erschien, ergötzte sich am Anblick ihres täglichen Schmerzes. Mehrmals hob Marguerite flehend die Augen zu mir auf, wenn ich grausam zu ihr war. Dann errötete ich und war nahe daran, sie für alles um Verzeihung zu bitten. Aber diese Reuegedanken dauerten nie lange. Olympia hatte alle Grenzen vergessen. Sie merkte, daß sie bei mir alles erreichen konnte, wenn sie Marguerite weh tat. Sie hetzte mich beständig gegen sie auf. Sie beleidigte Marguerite, wo sie nur Gelegenheit dazu fand, und mit der nachlässigen Hartnäckigkeit der Frau, die im Manne den Rückhalt findet.
Marguerite ging schließlich auf keinen Ball und in kein Theater mehr, weil sie ständig fürchtete, uns zu begegnen. Da folgten den direkten Beleidigungen anonyme Briefe. Es gab nichts Häßliches, das ich meiner Geliebten nicht antat und mir selbst über sie vormachte. Man muß den Verstand verloren haben, um so weit zu gehen. Ich war wie ein Mensch, der von schlechtem Wein trunken ist, und dessen Hand nun zu jedem Verbrechen fähig ist, ohne daß sich seine Gedanken darüber klar sind. Und doch litt ich Qualen. Marguerite antwortete auf alle meine Angriffe mit Ruhe, ohne mich zu verachten - mit Würde, ohne mich zu verdammen. Ich empfand selber, daß sie sich dadurch über mich stellte, und das brachte mich noch mehr gegen sie auf. Eines Abends war Olympia allein ausgegangen. Sie hatte Marguerite getroffen, die ihr diesmal nicht den Gefallen tat, sich von dem dummen Mädchen beleidigen zu lassen. Olympia mußte das Feld räumen und kam wütend nach Hause. Marguerite hatte man ohnmächtig fortgetragen. Olympia berichtete mir, was sich zugetragen hatte. Marguerite hatte sie ohne mich gesehen; sie wollte sich für die angetane Schmach rächen. Ich sollte schreiben, daß Marguerite die Frau, die ich liebte, zu achten habe, gleichviel, ob sie in meiner Begleitung sei oder allein. Ich brauche nicht zu betonen, daß ich einverstanden war. Alle bitteren, schändlichen und grausamen Worte, die ich finden konnte, schrieb ich in diesem Brief. Noch am selben Tage sandte ich ihn ihr zu.
Dieses Mal war der Schlag zu heftig. Das konnte sie nicht wortlos hinnehmen.
Ich war überzeugt, daß sie antworten würde, und verließ den ganzen Tag über meine Wohnung nicht. Um zwei Uhr läutete es, und Prudence trat ein. Ich versuchte, eine gleichgültige Miene zu zeigen, als ich fragte, welcher Anlaß mir die Ehre ihres Besuches verschaffe. Diesmal aber war Frau Duvernoy nicht zum Spaßen aufgelegt, sondern tief bewegt. Sie sagte mir, ich würde seit meiner Rückkehr, also seit ungefähr drei Wochen, keine Gelegenheit versäumen, um Marguerite zu verletzen. Die gestrige Szene und mein heutiger Brief hätten sie sogar aufs Krankenlager geworfen.
Kurz, ohne einen Vorwurf bat Marguerite um Nachsicht und ließ mir sagen, sie habe weder die seelischen noch die körperlichen Kräfte, um das, was ich ihr antäte, zu ertragen. ,Wenn Fräulein Gautier mich fortschickt, so ist das ihr Recht. Aber sie darf die Frau, die ich liebe, nicht beleidigen, nur weil diese meine Geliebte ist. Das erlaube ich nicht.' ,Mein Freund', sagte Prudence, ,Sie unterliegen dem Einfluß eines Frauenzimmers ohne Herz und Verstand. Aber Ihre Verliebtheit ist noch kein Grund, um eine wehrlose Frau zu quälen.'
,Fräulein Gautier kann mir ihren Grafen von N... schicken, das wäre doch ein Ausgleich.'
,Sie wissen genau, daß sie das nicht tut. Also, mein lieber Armand, lassen Sie Marguerite in Frieden. Sie wären beschämt, wenn Sie sie sehen würden, wohin Sie sie gebracht haben. Sie ist blaß, hustet, und es wird mit ihr nicht mehr lange gehen.'
Prudence reichte mir die Hand und fügte hinzu: ,Besuchen Sie Marguerite, das wird sie glücklich machen.' ,Ich habe keine Lust, dem Grafen von N... zu begegnen.' ,Herr von N... ist niemals bei ihr. Sie kann ihn nicht ertragen.'
,Wenn Marguerite mich sehen will, kann sie zu mir kommen. Sie weiß, wo ich wohne. Ich setze keinen Fuß mehr in die Rue d'Antin.' ,Sie würden sie empfangen?' ,Natürlich.' ,Gut, ich bin überzeugt, daß sie kommt.' ,Mag sie kommen.' ,Gehen Sie heute aus?' ,Ich bin den ganzen Abend zu Hause.' ,Das werde ich ihr sagen.' Prudence

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