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Die Kameliendame

Die Kameliendame

Titel: Die Kameliendame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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halbentblößte volle Brust. Das Mädchen war schön, in den Formen sogar schöner als Marguerite. Das kam mir voll zu Bewußtsein, als ich Blicke von Marguerite auffing, die sie Olympia zuwarf, während wir miteinander sprachen. Der Mann, der ihr Geliebter war, durfte ebenso stolz darauf sein, sie zu besitzen, wie der Graf N... auf Marguerite. Sie war schön genug, um einem Leidenschaften, wie ich sie für Marguerite empfunden hatte, einzuflößen. Damals hatte sie keinen Geliebten. Es konnte nicht schwer sein, diesen Platz zu erringen. Man mußte nur genug Gold funkeln lassen, um beachtet zu werden.
Mein Entschluß stand fest. Diese Frau mußte meine Geliebte werden. Ich begann die Rolle als Bewerber, indem ich mit ihr tanzte.
Eine halbe Stunde später nahm Marguerite, totenblaß, ihren Mantel und verließ den Ball.
     

XXIV
     
    Das war ein Anfang, aber noch nicht genug. Ich merkte, wie groß meine Macht über diese Frau war, und nützte das aus. Wenn ich daran denke, daß sie jetzt nicht mehr lebt, frage ich mich, ob Gott mir jemals vergeben wird, was ich ihr antat.
Nach dem sehr lauten Essen wurde gespielt. Ich nahm neben Olympia Platz und setzte mein Geld so kühn, daß es ihr nicht entgehen konnte. In Kürze hatte ich hundertfünfzig oder zweihundert Francs gewonnen. Ich häufte das Geld vor mir auf, und sie besah es mit blitzenden Augen.
Ich war der einzige, den das Spiel nicht voll in Anspruch nahm. Ich beschäftigte mich auch mit ihr. Ich gewann immer und gab ihr Geld zum Spielen, denn sie hatte alles, was vor ihr gelegen hatte, verloren. Vermutlich hatte sie auch nichts mehr im Haus.
Um fünf Uhr früh brach man auf. Ich hatte dreihundert Louis gewonnen.
Alle Spieler waren schon gegangen. Nur ich war geblieben, ohne daß man es bemerkte, denn ich war mit keinem der Herren befreundet.
Olympia selber leuchtete den Gästen die Treppe hinunter. Ich tat, als ginge ich mit den anderen fort. Dann kam ich unbemerkt zu ihr zurück und sagte: ,Ich muß Sie sprechen.' ,Morgen', antwortete sie. ,Nein, jetzt.' ,Was haben Sie mir zu sagen?' ,Das sollen Sie hören.' Ich ging wieder in ihre Wohnung. ,Sie haben im Spiel verloren?' sagte ich. ,Ja.' ,Alles, was Sie zur Verfügung hatten?' Sie zögerte. ,Sagen Sie die Wahrheit.' ,Nun ... ja.' ,Ich habe dreihundert Louis gewonnen, die Ihnen gehören, wenn ich bei Ihnen bleiben darf.' Bei diesen Worten warf ich das Geld auf den Tisch. ,Und warum dieser Vorschlag?' ,Mein Gott, weil ich Sie liebe!' ,Nein, denn Sie lieben Marguerite und wollen sich an ihr rächen, indem Sie mein Geliebter werden. Eine Frau wie mich kann man nicht täuschen, mein lieber Freund. Leider bin ich noch zu jung und zu schön, um die Rolle, die Sie mir zuschieben wollen, anzunehmen.'
,Also soll es nicht sein?'
,Nein.'
,Ist es Ihnen lieber, mich umsonst zu lieben? Das würde ich nicht annehmen. Bedenken Sie doch, Olympia, wenn ich irgend jemanden hierhergeschickt hätte, und er würde Ihnen, wie ich, dreihundert Louis anbieten, mit meinen Bedingungen, Sie würden einverstanden sein. Ich wollte lieber mit Ihnen selbst verhandeln. Sagen Sie »ja«, ohne nach Ausreden zu suchen, die mich nur zu weiteren Handlungen veranlassen würden. Sagen Sie sich, daß Sie schön sind und daß es also nicht im geringsten erstaunlich ist, wenn ich in Sie verliebt bin.'
Marguerite war, wie Olympia, ein ausgehaltenes Mädchen.
Aber ich hätte niemals gewagt, so zu ihr zu sprechen wie jetzt zu dieser Frau. Denn Marguerite liebte ich. Ich hatte eine Empfindsamkeit bei ihr geahnt, die den anderen Wesen dieser Art fehlte. So war mir in demselben Augenblick, als ich meinen Plan verwirklichen wollte, diese Frau, die mir dazu dienen sollte, trotz ihrer Schönheit widerlich. Endlich war sie einverstanden, und am anderen Morgen verließ ich sie als ihr Geliebter. Aber ich hatte mich von ihrem Lager erhoben ohne jede Erinnerung an Zärtlichkeiten oder Liebesworten, die sie mir für die sechstausend Francs, die ich ihr daließ, schuldig zu sein glaubte.
Und doch richteten sich auch für diese Frau Männer zugrunde.
Marguerite mußte vom Stand der Dinge unterrichtet sein, denn sie verkehrte nicht mehr mit Olympia. Warum, ist leicht verständlich. Ich gab meiner neuen Geliebten einen Wagen und Schmuck. Ich spielte, kurz, ich beging alle Dummheiten, die ein normaler Mann für eine Frau wie Olympia beging, wenn er in sie verliebt ist. Bald wußten alle von meinem neuen Verhältnis. Sogar Prudence ließ sich täuschen und glaubte, ich habe

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