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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Vordertür stehen. Packer schrieb ein paar Worte auf ein Clipboard, und sie gingen nach draußen, wo ein weißer Transporter wartete. Die Wärter ergriffen Sams Arme und hoben ihn mitsamt seinen Ketten durch die Seitentür hinein. Packer setzte sich vorn neben den Fahrer.
    »Hat diese Kiste eine Klimaanlage?« fauchte Sam den Fahrer an, dessen Fenster geöffnet war.
    »Ja«, sagte der Fahrer, während sie vom HST zurücksetzten.
    »Dann schalten Sie das verdammte Ding gefälligst ein.«
    »Halt den Mund, Sam«, sagte Packer ohne besonderen Nachdruck.
    »Es ist schon schlimm genug, den ganzen Tag in einem Käfig ohne Klimaanlage schwitzen zu müssen, aber es ist Blödsinn, hier zu sitzen und zu ersticken. Schalten Sie das verdammte Ding ein. Ich habe meine Rechte.«
    »Einfach tief durchatmen, Sam«, näselte Packer und zwinkerte dem Fahrer zu.
    »Das kommt Sie teuer zu stehen, Packer. Sie werden sich noch wünschen, Sie hätten das nicht gesagt.«
    Der Fahrer drückte auf einen Schalter, und schon setzte das Gebläse ein. Der Transporter wurde durch das Doppeltor hinausgelassen und fuhr langsam die Schotterstraße entlang, fort vom Todestrakt.
    Trotz seiner Handschellen und Beinketten genoß Sam diese kurze Fahrt über das Gelände. Er hörte mit den bissigen Bemerkungen auf und ignorierte die anderen Insassen des Transporters. Der Regen hatte Pfützen in den grasbewachsenen Gräben neben der Straße hinterlassen und die Baumwollstauden abgespült, die mehr als kniehoch waren. Stengel und Blätter waren dunkelgrün. Sam erinnerte sich, daß er als Junge Baumwolle gepflückt hatte. Dann schob er den Gedanken rasch beiseite. Er hatte seinen Verstand darauf trainiert, die Vergangenheit zu vergessen, und in den seltenen Fällen, in denen eine Kindheitserinnerung aufflackerte, unterdrückte er sie so schnell wie möglich.
    Der Transporter fuhr im Schrittempo, und dafür war er dankbar. Er betrachtete die beiden Häftlinge, die unter einem Baum saßen und zusahen, wie ein dritter in der Sonne Gewichte stemmte. Sie waren von einem Zaun umgeben, aber wie schön, dachte er, draußen sein zu können, herumzuwandern, zu reden, zu trainieren oder sich anderweitig zu beschäftigen und nie an die Gaskammer zu denken, nie befürchten zu müssen, daß der letzte Einspruch abgewiesen würde.
    Die juristische Bibliothek wurde »der Ableger« genannt, weil sie ziemlich klein war. Die Hauptbibliothek des Gefängnisses befand sich tiefer im Innern des Geländes, in einem anderen Bau. Der Ableger wurde ausschließlich von Insassen der Todeszellen benutzt. Er war an die Rückfront eines Verwaltungsgebäudes angebaut worden und hatte nur eine Tür und keine Fenster. Im Laufe der letzten neun Jahre war Sam oft hier gewesen. Es war ein kleiner Raum mit einer anständigen Kollektion von gängigen juristischen Werken und Loseblattsammlungen auf dem jüngsten Stand. In der Mitte des Raumes stand ein ramponierter Konferenztisch, Bücherregale säumten alle vier Wände. Von Zeit zu Zeit erbot sich ein Vertrauenshäftling, als Bibliothekar zu fungieren, aber gute Helfer waren schwer zu finden, und die Bücher standen nur selten da, wo sie hingehörten. Das irritierte Sam gewaltig, denn er hielt auf Ordnung und verachtete die Afrikaner, und er war sicher, daß die meisten, wenn nicht sogar alle Bibliothekare schwarz waren, obwohl er nicht wußte, ob das stimmte oder nicht.
    Die beiden Wärter nahmen Sam an der Tür die Fesseln ab. »Du hast zwei Stunden«, sagte Packer.
    »Ich habe so lange, wie ich will«, sagte Sam und rieb sich die Handgelenke, als hätten die Handschellen sie ihm gebrochen. »Klar, Sam. Aber ich wette, wenn ich in zwei Stunden wiederkomme, werden wir deinen mageren kleinen Arsch in den Transporter befördern.«
    Packer öffnete die Tür, während die beiden Wärter sich zu beiden Seiten von ihr postierten. Sam betrat die Bibliothek und knallte die Tür hinter sich zu. Er legte seine Akte auf den Tisch und starrte seinen Anwalt an.
    Adam stand am entgegengesetzten Ende des Konferenztisches, hielt ein Buch in der Hand und wartete auf seinen Mandanten. Er hatte draußen Stimmen gehört, und jetzt sah er zu, wie Sam ohne Wärter und ohne Handschellen den Raum betrat. Der stand da in seinem roten Overall und wirkte jetzt wesentlich kleiner, so ohne das dichte Metallgitter zwischen ihnen.
    Sie musterten sich einen Moment lang über den Tisch hinweg.
    Enkel und Großvater, Anwalt und Mandant, Fremder und Fremder. Es war ein

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