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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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überhaupt nicht gedacht. Vergiß nicht, niemand glaubte, daß Meeks sterben würde. Wir warteten alle auf einen Aufschub in letzter Minute, und sie haben bis zur letzten Minute verzweifelt versucht, den staatlichen Vollstrecker ausfindig zu machen. Sie fanden ihn, betrunken. Er war Klempner, glaube ich. Jedenfalls hat seine erste Mixtur nicht gewirkt. Er packte den Kanister in das Rohr, legte einen Hebel um, und alle warteten darauf, daß Meeks tief einatmete und starb. Meeks hielt den Atem an, solange er konnte, dann atmete er ein. Nichts passierte. Sie warteten. Meeks wartete. Die Zeugen warteten. Alle drehten sich langsam zu dem Vollstrecker um, der auch nur wartete und fluchte. Er kehrte in sein Zimmerchen zurück und mischte eine neue Portion Schwefelsäure an. Dann mußte er den ersten Kanister aus dem Rohr holen, und das dauerte zehn Minuten.
    Der Direktor und Lucas Mann und die ganzen anderen Affen standen herum, warteten, zappelten und verfluchten den betrunkenen Klempner, der schließlich den neuen Kanister anschloß und den Hebel umlegte. Diesmal landete die Schwefelsäure dort, wo sie landen sollte - in einer Schüssel unter dem Stuhl, auf den man Meeks geschnallt hatte. Der Vollstrecker legte den zweiten Hebel um, um die Cyanidkörnchen herabfallen zu lassen, die sich gleichfalls unter dem Stuhl befanden, über der Schwefelsäure. Die Körnchen fielen herunter, und das Gas stieg tatsächlich hoch zum alten Meeks, der wieder die Luft anhielt. Man kann die Dünste nämlich sehen. Als er schließlich eine Nase voll davon einatmete, fing er an zu zittern und zu zucken, und so ging es eine ganze Weile weiter. Aus irgendeinem Grund ist da eine Metallstange, die vom Boden der Kammer bis zur Decke reicht, und zwar direkt hinter dem Stuhl. Gerade, als Meeks still wurde und alle dachten, er wäre tot, fing er an, mit dem Kopf zu schlagen. Er schlug immer wieder gegen die Stange. Seine Augen waren verdreht, seine Lippen weit geöffnet, er hatte Schaum vor dem Mund, und sein Hinterkopf knallte gegen die Stange. Es war fürchterlich.«
    »Wie lange haben sie gebraucht, um ihn zu töten?«
    »Wer weiß das schon? Nach dem Bericht des Gefängnisarztes ist der Tod unverzüglich und schmerzlos eingetreten. Einigen der Augenzeugen zufolge hat sich Meeks aber fünf Minuten lang in Krämpfen gewunden und sich an der Stange den Kopf eingeschlagen.«
    Die Hinrichtung von Meeks hatte den Gegnern der Todesstrafe eine Menge Munitioon geliefert. Es konnten kaum irgendwelche Zweifel daran bestehen, daß er furchtbar gelitten hatte, und über seinen Tod waren viele Berichte geschrieben worden. Sams Version stimmte auf erstaunliche Weise mit den Aussagen der Augenzeugen überein.
    »Wer hat dir davon erzählt?«
    »Zwei Wärter haben sich darüber unterhalten. Natürlich nicht mit mir, aber es sprach sich schnell herum. Es gab einen öffentlichen Aufschrei, und der wäre sicher noch schlimmer ausgefallen, wenn Meeks nicht ein so verabscheuungswürdiger Verbrecher gewesen wäre. Alle haßten ihn. Und sein kleines Opfer hatte sehr leiden müssen, also war es schwer, Mitgefühl für ihn aufzubringen.«
    »Wo warst du, als er hingerichtet wurde?«
    »In meiner ersten Zelle, in Abschnitt D, weit weg von der Kammer. In dieser Nacht hatten sie alle eingeschlossen, sämtliche Insassen von Parchman. Es passierte kurz nach Mitternacht, was irgendwie amüsant ist, weil dem Staat für die Vollstreckung der ganze Tag zur Verfügung steht. Im Todesurteil ist keine bestimmte Stunde angegeben, nur ein bestimmter Tag. Aber diese Bastarde sind ganz wild darauf, es so früh wie möglich zu erledigen. Sie planen jede Hinrichtung für eine Minute nach Mitternacht. Auf diese Weise haben ihre Anwälte, wenn es einen Aufschub gibt, den ganzen Tag Zeit, für seine Annullierung zu sorgen. Buster Moac ist auf diese Weise gestorben. Sie schnallten ihn um Mitternacht fest, dann klingelte das Telefon, und sie brachten ihn in den Warteraum zurück, wo er sechs Stunden lang saß und schwitzte, während die Anwälte von einem Gericht zum nächsten rannten. Als schließlich die Sonne aufging, schnallten sie ihn endgültig fest. Ich nehme an, du weißt, was seine letzten Worte waren.«
    Adam schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung.«
    »Buster war ein Freund von mir, ein feiner Kerl. Naifeh fragte ihn, ob er noch etwas zu sagen hätte, und er sagte, ja, er hätte tatsächlich noch etwas zu sagen. Er sagte, das Steak, das sie ihm zu seiner letzten Mahlzeit

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