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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Verwandte in Kalifornien hat, die aber nie nach Memphis kommen würden. Phelps informierte ihn natürlich, daß seine Verwandten einer wesentlich niedrigeren gesellschaftlichen Schicht angehörten und deshalb seiner Aufmerksamkeit nicht würdig seien. Walt wurde von seinem Vater zu einem Snob erzogen, das mußt du verstehen, Adam. Er besuchte die angesehensten Schulen, trieb sich in den vornehmsten Country Clubs herum, und seine Familie bestand aus einer Horde von Booth-Verwandten, die alle so waren wie er. Lauter bemitleidenswerte Leute.«
    »Was halten die Booths davon, daß sie einen Homosexuellen in der Familie haben?«
    »Sie hassen ihn natürlich. Und er haßt sie.«
    »Ich mag ihn schon jetzt.«
    »Er ist kein schlechter Kerl. Er will Kunst studieren und malen. Ich schicke ihm ständig Geld.«
    »Weiß Sam, daß er einen schwulen Enkel hat?«
    »Ich glaube nicht. Ich weiß nicht, wer es ihm sagen sollte.«
    »Ich werde es vermutlich nicht tun.«
    »Bitte, tu' es nicht. Er hat ohnehin schon genug Probleme.«
    Die Ravioli waren so weit abgekühlt, daß man sie essen konnte, und sie genossen sie schweigend. Der Kellner brachte mehr Mineralwasser und Tee. Das Paar neben ihnen bestellte eine Flasche Rotwein, und Lee sah mehr als nur einmal zu ihnen hinüber.
    Adam wischte sich den Mund ab und machte einen Moment Pause. Er beugte sich über den Tisch. »Darf ich dich etwas Persönliches fragen?« sagte er leise.
    »All deine Fragen sind persönlich.«
    »Stimmt. Also, darf ich dir noch eine stellen?«
    »Bitte, immer los.«
    »Also, ich habe nachgedacht. Heute abend hast du mir gesagt, daß du Alkoholikerin bist, daß dein Mann ein Tier und dein Sohn schwul ist. Das ist eine Menge für eine Mahlzeit. Aber gibt es sonst noch etwas, das ich wissen müßte?«
    »Laß mich überlegen. Ja. Phelps ist auch Alkoholiker, aber er gibt es nicht zu.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Er ist zweimal wegen sexueller Belästigung verklagt worden.«
    »Okay. Lassen wir die Booths aus dem Spiel. Irgendwelche weiteren Überraschungen aus unserem Teil der Familie?«
    »Wir haben noch nicht einmal die Oberfläche angekratzt, Adam.«
    »Das habe ich befürchtet.«
18
    K urz vor Tagesanbruch zog ein heftiges Gewitter über das Delta, und Sam wurde vom Grollen des Donners geweckt. Er hörte, wie Regentropfen gegen die offenen Oberlichter des Flurs prasselten, und dann hörte er, wie sie nicht weit von seiner Zelle entfernt an der Mauer unterhalb der Fenster herunterrannen und Pfützen bildeten. Die Feuchtigkeit seines Bettes fühlte sich plötzlich kühl an. Vielleicht würde es heute nicht ganz so heiß sein. Vielleicht würde der Regen anhalten und die Sonne nicht durchkommen lassen, und vielleicht würde der Wind die feuchte Schwüle für einen oder zwei Tage vertreiben. Er machte sich diese Hoffnungen jedesmal, wenn es regnete; aber im Sommer bedeutete ein Gewitter gewöhnlich durchnäßten Boden, der unter der gleißenden Sonne nur noch mehr erstickende Hitze aufsteigen ließ.
    Er hob den Kopf und schaute zu, wie der Regen von den Fenstern tropfte und sich auf dem Fußboden sammelte. Das Wasser schimmerte im Widerschein einer fernen gelben Glühlampe. Abgesehen von diesem schwachen Licht war der Trakt dunkel. Und es herrschte Stille.
    Sam liebte den Regen, besonders nachts und besonders im Sommer. Der Staat Mississippi in seiner grenzenlosen Weisheit hatte sein Gefängnis in der heißesten Gegend errichtet, die er finden konnte. Und außerdem hatte er den Hochsicherheitstrakt nach denselben Prinzipien gebaut wie einen Backofen. Die Fenster nach draußen waren klein und nutzlos, natürlich aus Sicherheitsgründen. Die Planer dieser kleinen Dependance der Hölle hatten außerdem entschieden, daß es keinerlei Belüftung geben sollte, keine Chance, daß ein frischer Luftzug hereingelangte oder die stickige Luft entweichen konnte. Und nachdem sie das gebaut hatten, was sie für eine Modellanlage hielten, entschieden sie weiterhin, daß keine Klimaanlage eingebaut werden würde. Das Gebäude würde stolz inmitten von Sojabohnen und Baumwolle dastehen und dieselbe Hitze und Feuchtigkeit aus dem Boden absorbieren. Und wenn der Boden trocken war, dann würde der Trakt ebenso geröstet werden wie die Pflanzen auf den Feldern.
    Aber der Staat Mississippi konnte das Wetter nicht kontrollieren, und wenn Regen kam und die Luft abkühlte, dann lächelte Sam und sprach ein Dankgebet. Offenbar gab es doch ein höheres Wesen. Wenn es regnete, war der Staat

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