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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ausgebreitet, mit zahlreichen Einkaufszentren mit Videotheken und kleinen Schnapsläden und einer endlosen Kette von Fastfood-Lokalen und Motels mit Frühstück und kostenlosem Kabelfernsehen. Nach Westen hin verhinderte der Fluß diese Art von Fortschritt, und da der Highway 82 die Hauptdurchfahrtsstraße war, hatten ihn die Grundstücksspekulanten offenbar zu ihrem Lieblingsterritorium erkoren.
    In den letzten fünfundzwanzig Jahren hatte sich Greenville von einem verschlafenen Städtchen mit fünfunddreißigtausend Einwohnern zu einer geschäftigen Metropole mit sechzigtausend entwickelt, fortschrittlich und voller Leben. 1990 war es die fünftgrößte Stadt des Staates.
    Die ins Zentrum führenden Straßen waren schattig und mit stattlichen alten Häusern gesäumt. Das Zentrum selbst präsentierte sich hübsch und malerisch, gut erhalten und offensichtlich unverändert, ein erfreulicher Kontrast zu dem gedankenlosen Chaos am Highway 82. Adam stellte seinen Wagen in der Washington Street ab, ein paar Minuten nach fünf, und die Kaufleute in der Innenstadt und ihre Kunden begannen, sich auf das Ende des Tages vorzubereiten. Er legte seine Krawatte ab und ließ sie zusammen mit seinem Jackett im Wagen, denn es war immer noch sehr heiß und schien sich auch nicht abkühlen zu wollen.
    Er ging drei Blocks bis zu dem Park, in dessen Mitte die lebensgroße Bronzestatue zweier kleiner Jungen stand. Sie waren gleich groß, mit dem gleichen Lächeln und den gleichen Augen. Einer lief, während der andere hüpfte, und der Bildhauer hatte sie auf perfekte Weise festgehalten. Josh und John Kramer, für immer fünf Jahre alt, erstarrt in Kupfer und Zinn. Eine Messingtafel unter ihnen verkündete schlicht:
    HIER STARBEN AM 21. APRIL 1967
JOSH UND JOHN KRAMER
2. MÄRZ 1962-21. APRIL 1967
    Der Park war quadratisch und lag genau dort, wo sich einst Marvins Bürohaus und ein altes Gebäude gleich nebenan befunden hatten. Das Land war seit vielen Jahren im Besitz der Familie Kramer gewesen, und Marvins Vater hatte es für eine Gedenkstätte der Stadt geschenkt. Sam hatte beim Einebnen von Kramers Büro ganze Arbeit geleistet, das Nachbargebäude hatte die Stadt abgerissen. Auf den Kramer-Park war etliches Geld verwendet worden, und man war mit sehr viel Überlegung vorgegangen. Er war zur Gänze mit dekorativem Schmiedeeisen eingezäunt, und man konnte ihn von den Gehsteigen an beiden Seiten aus betreten. Die Einfassung säumten makellose Reihen von Eichen und Ahorn. Streifen aus beschnittenen Sträuchern trafen sich in rechten Winkeln und umgaben Blumenbeete mit Begonien und Geranien. In einer Ecke lag ein kleines Amphitheater unter den Bäumen, und auf der anderen Seite des Weges segelte eine Gruppe schwarzer Kinder auf hölzernen Schaukeln durch die Luft.
    Es war ein hübscher, farbenfroher kleiner Garten inmitten der Straßen und Gebäude. Ein Teenager-Pärchen stritt auf einer Bank, als Adam vorüberging. Eine Gruppe von Achtjährigen jagte auf Fahrrädern um einen Springbrunnen herum. Ein ältlicher Polizist schlenderte vorbei und grüßte sogar, nachdem Adam hallo gesagt hatte, indem er die Hand an die Mütze legte.
    Er setzte sich auf eine Bank und starrte auf Josh und John, die weniger als zehn Meter von ihm entfernt waren. »Du darfst nie die Opfer vergessen«, hatte Lee erklärt. »Sie haben ein Recht darauf, Vergeltung zu verlangen. Sie haben sie verdient.«
    Er erinnerte sich an all die grauenhaften Details bei den Prozessen - an den FBI-Experten, der über die Bombe ausgesagt hatte und die Geschwindigkeit, mit der sie das Gebäude zerfetzt hatte; den Gerichtsmediziner, der mit behutsamen Worten die kleinen Leichen beschrieb und was ihren Tod herbeigeführt hatte; die Feuerwehrleute, die zu retten versuchten, aber viel zu spät kamen und nur noch bergen konnten. Es hatte Fotos gegeben von dem Gebäude und von den Jungen, und die Vorsitzenden Richter hatten beträchtliche Zurückhaltung geübt und nur sehr wenige von ihnen den Geschworenen vorlegen lassen. McAllister hatte, was typisch für ihn war, stark vergrößerte Farbfotos von den zerfetzten Körpern vorzeigen wollen, aber sie waren nicht zugelassen worden.
    Adam saß jetzt auf dem Gelände, auf dem sich einst Kramers Büro befunden hatte, und er schloß die Augen und versuchte sich vorzustellen, wie die Erde erbebte. Er sah die Aufnahmen in seinem Video mit den schwelenden Trümmern und der über der Szene hängenden Staubwolke. Er hörte die aufgeregte Stimme des

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