Die Kammer
eigenes Büro aufgefordert hatte. Bisher hatte er noch nicht gelächelt.
»Was tun Sie denn hier?« fragte Adam, stellte seinen Aktenkoffer auf den Boden und trat an seinen Schreibtisch. Sie standen einander gegenüber.
Goodman strich über seinen säuberlich gestutzten grauen Bart, dann rückte er seine Fliege zurecht. »Es ist eine ziemlich heikle Situation eingetreten. Könnte eine schlechte Nachricht sein.«
»Was ist passiert?«
»Setzen Sie sich erstmal hin. Das dauert länger als eine Minute.«
»Nein. Ich bleibe lieber stehen. Also, was ist los?« Es mußte fürchterlich sein, wenn er sich dazu hinsetzen sollte.
Goodman befingerte seine Fliege, rieb sich den Bart, dann sagte er: »Es war heute morgen um neun. Sie wissen, daß der Personalausschuß aus fünfzehn Partnern besteht, fast alles jüngere Leute. Der Ausschuß hat natürlich mehrere Unterausschüsse, einen für Anwerbung und Einstellung, einen für Fortbildung, einen für Streitigkeiten und so weiter und so weiter. Und einen, wie Sie sich vermutlich denken können, für Entlassungen. Der Unterausschuß für Entlassungen ist heute morgen zusammengetreten. Und raten Sie mal, wer dort war und den Ton angegeben hat.«
»Daniel Rosen.«
»Daniel Rosen. Wie es scheint, hat er den Unterausschuß für Entlassungen zehn Tage lang bearbeitet und versucht, genügend Stimmen für Ihre Entlassung zusammenzubekommen.« Adam setzte sich auf seinen Schreibtischsessel, und Goodman ließ sich ihm gegenüber nieder.
»Der Unterausschuß besteht aus sieben Personen, und er hat heute morgen auf Rosens Verlangen hin getagt. Es waren fünf Mitglieder anwesend, er war also beschlußfähig. Rosen hat natürlich weder mich noch sonst jemanden informiert. Entlassungssitzungen sind aus naheliegenden Gründen streng vertraulich, deshalb war er nicht verpflichtet, irgend jemanden davon in Kenntnis zu setzen.«
»Nicht einmal mich?«
»Nein, nicht einmal Sie. Sie waren der einzige Punkt auf der Tagesordnung, und die Sitzung dauerte nicht einmal eine Stunde. Rosen hatte gute Vorarbeit geleistet, und er trug seinen Fall mit sehr viel Nachdruck vor. Schließlich ist er dreißig Jahre lang vor Gericht aufgetreten. Alle Entlassungssitzungen werden protokolliert - für den Fall, daß es hinterher zu einem Prozeß kommt; also ließ Rosen die gesamte Sitzung aufzeichnen. Er behauptet natürlich, daß Sie sich in betrügerischer Absicht um die Anstellung bei Kravitz & Bane beworben haben; daß die Firma dadurch in einen Interessenkonflikt geraten sei und so weiter und so weiter. Und er hatte Kopien von ungefähr einem Dutzend Zeitungsartikeln über Sie und Sam und die GroßvaterEnkel-Konstellation. Sein Argument war, daß Sie die Firma in eine peinliche Lage gebracht hatten. Er war sehr gut vorbereitet. Ich glaube, wir haben ihn vorigen Montag unterschätzt.«
»Und sie haben abgestimmt.«
»Vier zu eins für Ihre Entlassung.«
»Bastarde!«
»Ich weiß. Ich habe Rosen schon früher in zähen Verhandlungen erlebt; der Mann verfügt über eine geradezu brutale Überredungskraft. Gewöhnlich setzt er seinen Willen durch. Er kann nicht mehr vor Gericht auftreten, also bricht er im Büro Streitereien vom Zaun. In sechs Monaten sind wir ihn los.«
»Das ist im Augenblick nur ein schwacher Trost.«
»Es besteht noch Hoffnung. Die Nachricht hat mein Büro gegen elf erreicht, und glücklicherweise war Emmitt Wycoff gerade bei mir. Wir gingen in Rosens Büro und hatten einen fürchterlichen Streit. Dann haben wir uns ans Telefon gehängt. Was dabei herausgekommen ist - der gesamte Personalausschuß tritt morgen früh um acht zusammen, um Ihre Entlassung noch einmal zu diskutieren. Sie müssen dabeisein.«
»Um acht Uhr morgen?«
»Ja. Diese Leute sind sehr beschäftigt. Viele müssen um neun bei Gericht sein. Einige sind den ganzen Tag anderweitig beschäftigt. Wir können froh sein, wenn wir überhaupt eine beschlußfähige Mannschaft zusammenbekommen.«
»Wie viele wären das?«
»Zwei Drittel. Zehn der fünfzehn Mitglieder. Wenn der Ausschuß nicht beschlußfähig ist, könnten wir Probleme bekommen.«
»Probleme! Und wie nennen Sie das hier?«
»Es könnte noch schlimmer kommen. Wenn der Ausschuß morgen früh nicht beschlußfähig ist, können Sie dreißig Tage später eine weitere Sitzung verlangen.«
»In dreißig Tagen ist Sam tot.«
»Vielleicht auch nicht. Aber ich glaube, die Sitzung wird morgen früh stattfinden. Emmitt und ich haben die Zusagen von neun
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