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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Kollegen mißhandelt und seine Partner schikaniert. Er hatte sich rücksichtslos über Ausschußbeschlüsse hinweggesetzt, die Firmenbräuche ignoriert, anderen Anwälten von Kravitz & Bane die Mandanten gestohlen, und jetzt, gegen Ende seiner Karriere, wurde ihm alles zurückgezahlt. Er hatte noch keine zwei Minuten geredet, als er zum erstenmal von einem jungen Partner unterbrochen wurde, der mit Emmitt Wycoff zusammen Motorrad fuhr. Rosen wanderte hin und her, als agierte er in seiner besten Zeit vor einem voll besetzten Gerichtssaal. Die Frage ließ ihn innehalten. Bevor er sich eine sarkastische Antwort einfallen lassen konnte, wurde eine weitere Frage auf ihn abgeschossen. Er hatte keine Zeit, sich auf eine der beiden Fragen eine Antwort auszudenken, weil aus dem Nirgendwo bereits die dritte kam. Die Schlacht hatte begonnen.
    Die drei Fragesteller arbeiteten wie Staffelläufer, und es war offensichtlich, daß sie trainiert hatten. Sie fielen abwechselnd mit unerbittlichen Fragen über Rosen her, und binnen weniger Minuten war er so weit, daß er fluchte und mit Beleidigungen um sich warf, während das Kollektiv der Fragesteller völlig gelassen blieb. Jeder von ihnen hatte einen Block mit einer offenbar langen Liste von Fragen.
    »Worin besteht der Interessenkonflikt, Mr. Rosen?«
    »Ein Anwalt kann doch ohne weiteres einen Familienangehörigen vertreten, oder etwa nicht, Mr. Rosen?«
    »Wurde Mr. Hall bei den Einstellungsgesprächen ausdrücklich gefragt, ob diese Firma einen Angehörigen seiner Familie vertritt?«
    »Weshalb halten Sie Publicity für etwas Negatives?«
    »Würden Sie versuchen, einem Familienangehörigen zu helfen, der in einer Todeszelle sitzt?«
    »Wie ist Ihre Einstellung zur Todesstrafe, Mr. Rosen?«
    »Möchten Sie insgeheim, daß Sam Cayhall hingerichtet wird, weil er Juden umgebracht hat?«
    »Finden Sie nicht, daß Sie Mr. Hall gegenüber hinterhältig gehandelt haben?«
    Es war kein erfreulicher Anblick. Einige der größten Siege in den Gerichtssälen von Chicago waren von Daniel Rosen erfochten worden, und jetzt saß er hier und mußte in einem sinnlosen Kampf vor einem Ausschuß eine Menge Prügel einstecken. Nicht vor einer Jury. Nicht vor einem Richter. Vor einem Ausschuß.
    Der Gedanke an Rückzug kam ihm erst gar nicht. Er machte weiter, wurde immer lauter und bösartiger. Seine Erwiderungen und ätzenden Antworten wurden persönlich, und er sagte einige häßliche Dinge über Adam.
    Das war ein Fehler. Andere mischten sich in das Gefummel ein, und bald schlug Rosen um sich wie ein verwundetes Tier mitten in einem Wolfsrudel. Als offensichtlich war, daß er keine Mehrheit erlangen konnte, senkte er die Stimme und gewann seine Fassung zurück.
    Er nahm sich zusammen und hielt einen ruhigen Vortrag über ethische Erwägungen und das Vermeiden jeden Anscheins von Unschicklichkeit, Grundsätze, die Anwälte beim Jurastudium lernen und sich, wenn sie gegeneinander kämpfen, gegenseitig an den Kopf werfen, aber ignorieren, wenn es ihnen in den Kram paßt.
    Als Rosen geendet hatte, stürmte er aus dem Raum, wobei er sich im Geiste über diejenigen Notizen machte, die so unverschämt gewesen waren, ihn zu attackieren. Er würde ihre Namen in einer Akte festhalten, sobald er in seinem Zimmer angekommen war, und eines Tages, nun, eines Tages würde er etwas gegen sie unternehmen.
    Papiere und Blöcke und elektronische Geräte verschwanden vom Tisch, der plötzlich frei war bis auf die Kaffeekannen und die leeren Tassen. Der Vorsitzende forderte zur Abstimmung auf. Rosen bekam fünf Stimmen, Adam sechs, und unmittelbar darauf wurde die Sitzung für beendet erklärt und die Mitglieder des Personalausschusses verschwanden blitzschnell.
    »Sechs zu fünf?« wiederholte Adam, in die erleichterten, aber ernsten Gesichter von Goodman und Wycoff blickend. »Ein wahrer Erdrutsch«, witzelte Wycoff. »Es hätte schlimmer kommen können«, sagte Goodman. »Sie könnten arbeitslos sein.«
    »Weshalb bin ich nicht hocherfreut? Eine lausige Stimme, und ich säße auf der Straße.«
    »So ist das nicht«, erklärte Wycoff. »Die Stimmen standen vor der Sitzung fest. Rosen hatte vielleicht zwei sichere Stimmen, und die anderen hielten zu ihm, weil sie wußten, daß Sie gewinnen würden. Sie haben keine Ahnung, wie sehr die Leute gestern abend in den Schwitzkasten genommen worden sind. Damit ist Rosen erledigt. In drei Monaten ist er verschwunden.«
    »Vielleicht schon früher«, setzte Goodman hinzu.

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