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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Toast und nahm sein Frühstück mit hinaus auf die Terrasse. Es war fast halb zehn, und der Himmel war erfreulicherweise bedeckt und die Temperatur nicht erdrückend. Es würde ein guter Sonntag zum Arbeiten im Büro sein. Er begann, die Zeitung zu lesen.
    Vielleicht war sie nur kurz einkaufen oder etwas dergleichen. Oder sie war in die Kirche gegangen. Sie waren noch nicht an dem Punkt angelangt, daß sie sich gegenseitig Zettel hinterließen. Aber es war nicht die Rede davon gewesen, daß Lee an diesem Morgen irgendwohin wollte.
    Er hatte eine Scheibe Toast mit Erdbeermarmelade gegessen, als ihm plötzlich der Appetit verging. Auf der Titelseite des Lokalteils stand eine weitere Story über Sam Cayhall mit demselben zehn Jahre alten Foto. Es war eine geschwätzige Zusammenfassung der Ereignisse der vergangenen Woche, mit einer chronologischen Tabelle aller wichtigen Daten in der Geschichte des Falles. Das Datum 8. August 1990 war mit einem vielsagenden Fragezeichen versehen. Würde es an diesem Tag eine Hinrichtung geben? Offensichtlich hatte der Chefredakteur Todd Marks unbegrenzt Platz zur Verfügung gestellt, denn die Story enthielt fast nichts Neues. Der beunruhigende Teil daran waren ein paar Zitate von einem Juraprofessor an der Universität von Mississippi, einem Experten für Verfassungsrecht, der sich schon mit vielen Verurteilungen zum Tode befaßt hatte. Der gelehrte Professor machte aus seinen Ansichten keinerlei Hehl, und sie liefen darauf hinaus, daß Sam praktisch keine Chancen mehr hatte. Er hatte sich eingehend mit der Akte beschäftigt, hatte den Fall die ganzen Jahre hindurch verfolgt und war zu der Ansicht gelangt, daß Sam praktisch nichts mehr unternehmen konnte. Er erklärte, daß bei vielen Todesurteilen manchmal im letzten Moment noch Wunder bewirkt werden konnten, weil der Verurteilte in der Regel unzulängliche juristische Beratung selbst während seiner Berufungen geltend machen konnte. In solchen Fällen konnten Experten wie er, der Professor, oft Kaninchen aus dem Zylinder zaubern, weil sie so verdammt brillant und deshalb imstande waren, Einwände vorzubringen, die von minder bedeutenden juristischen Köpfen übersehen worden waren. Aber leider lag Sams Fall anders, da er von ein paar vorzüglichen Anwälten aus Chicago kompetent vertreten worden war.
    Sams Berufungen waren nach allen Regeln der Kunst eingelegt worden, und nun waren die Möglichkeiten in dieser Hinsicht erschöpft. Der Professor, offensichtlich ein Spieler, schätzte die Wahrscheinlichkeit, daß Sam am 8. August hingerichtet werden würde, auf fünf zu eins. Und für all das, die Ansichten und die Wahrscheinlichkeitsschätzung, hatte er sein Foto in die Zeitung bekommen.
    Adam war plötzlich nervös. Er hatte Dutzende Fälle von zum Tode Verurteilten gelesen, bei denen die Anwälte in letzter Minute Hebel in Bewegung setzten, die sie zuvor nie angerührt hatten, und Richter dazu brachten, sich noch einmal eine ganz neue Darstellung des Falles anzuhören. Die einschlägige Literatur war voll von Geschichten über juristische Möglichkeiten, die unentdeckt und ungenutzt blieben, bis ein anderer Anwalt mit frischem Blick die Arena betrat und einen Aufschub bewirkte. Aber der Juraprofessor hatte recht. Sam hatte Glück gehabt. Obwohl Sam die Anwälte von Kravitz & Bane verabscheute, hatten sie ihn exzellent vertreten. Jetzt war nichts mehr übrig, als ein paar verzweifelte Versuche, Griffe nach den letzten Strohhalmen.
    Er warf die Zeitung auf die Holzplanken und ging hinein, um sich mehr Kaffee zu holen. Die Schiebetür piepte, ein neues Geräusch von einem neuen Sicherheitssystem, das am letzten Freitag installiert worden war, nachdem das alte Fehlalarm gegeben hatte und auf mysteriöse Weise mehrere Schlüssel verschwunden waren. Nichts deutete auf einen Einbruch hin. Die Überwachung der Wohnanlage war lückenlos. Und Willis wußte wirklich nicht, wie viele Garnituren Schlüssel er für jede Wohnung besaß. Die Polizei von Memphis war zu dem Schluß gelangt, daß die Schiebetür nicht abgeschlossen gewesen und irgendwie aufgeglitten war. Adam und Lee hatten sich weiter keine Gedanken darüber gemacht.
    Er stieß versehentlich gegen ein Wasserglas neben dem Ausguß, und es fiel zu Boden und zerbrach. Glasscherben spritzten um seine bloßen Füße herum, und er ging vorsichtig und auf Zehenspitzen zum Besenschrank, um Handfeger und Kehrschaufel zu holen. Er fegte die Scherben ohne Blutvergießen zu einem säuberlichen

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