Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Bescheid. Eddie und ich sind damit aufgewachsen und haben es mit uns herumgetragen. Aber für die Nachbarn war es offengestanden keine große Sache. Mein Vater hat einen Schwarzen getötet. Das war 1950, und es geschah in Mississippi. In unserem Haus wurde nie darüber gesprochen.«
    »Also geht Sam seinem Grab entgegen, ohne daß er je mit dem Mord konfrontiert wurde?«
    »Was bringt es, wenn du ihn damit konfrontierst? Es ist vierzig Jahre her.«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht würde er sagen, daß es ihm leid tut.«
    »Dir gegenüber? Er sagt dir gegenüber, daß es ihm leid tut, und damit ist alles wieder in bester Ordnung? Du bist jung, Adam, und du verstehst das alles nicht. Laß es auf sich beruhen. Tu' dem alten Mann nichts mehr an. Im Augenblick bist du der einzige helle Fleck in seinem jämmerlichen Leben.«
    »Okay, okay.«
    »Du hast nicht das Recht, ihn mit der Geschichte von Joe Lincoln zu überfallen.«
    »Du hast recht. Ich werde es nicht tun. Ich verspreche es.«
    Sie starrte ihn mit blutunterlaufenen Augen an, bis er auf den Fernsehschirm schaute, dann entschuldigte sie sich rasch und eilte durch das Zimmer. Adam hörte, wie die Badezimmertür geschlossen und verriegelt wurde. Er schlich über den Teppich und stand dann auf dem Flur und hörte, wie sie würgte und sich erbrach. Die Toilettenspülung rauschte, und er lief nach oben, um zu duschen und sich umzuziehen.
    Um zehn war Adam mit seiner Eingabe an das Fünfte Berufungsgericht fertig. Richter Slattery hatte bereits eine Kopie seiner Entscheidung an den Kanzleivorsteher dieses Gerichts gefaxt, und Adam faxte seine Eingabe kurz nach seiner Ankunft in seinem Büro. Das Original schickte er per Express ab, damit es am nächsten Morgen vorlag.
    Außerdem führte er sein erstes Gespräch mit dem Death Clerk, einem Vollzeit-Angestellten des Obersten Bundesgerichts, der nichts anderes tut, als die letzten Berufungen aller zum Tode Verurteilten zu überprüfen. Wenn eine Hinrichtung bevorsteht, arbeitet der Death Clerk oft rund um die Uhr. E. Garner Goodman hatte Adam über die Arbeitsweise des Death Clerk und seines Büros informiert, und Adam tätigte seinen ersten Anruf bei ihm mit ziemlichem Widerstreben.
    Der Mann hieß Richard Öländer, er schien ein ziemlich fähiger Typ zu sein, und er hörte sich für einen Montagmorgen ziemlich erschöpft an. »Wir haben schon damit gerechnet«, sagte er zu Adam, als hätte das verdammte Ding schon vor einer Ewigkeit eingereicht werden müssen. Er fragte Adam, ob dies seine erste Hinrichtung wäre.
    »Ja«, sagte Adam. »Und ich hoffe, daß es auch meine letzte ist.«
    »Nun, es sieht so aus, als hätten Sie auf einen Verlierer gesetzt«, sagte Mr. Öländer, dann erklärte er umschweifig, wie das Gericht die letzten Details gehandhabt wissen wollte. Jede Eingabe von diesem Zeitpunkt an bis zum Ende, ganz gleich, wo sie eingereicht wurde oder was sie beinhaltete, mußte gleichzeitig seinem Büro zugestellt werden, verkündete er, als läse er den Text aus einem Handbuch ab. Er würde Adam sofort eine Kopie der Vorschriften des Gerichts faxen, die peinlich genau zu befolgen waren, bis zum Ende. Das Telefon in seinem Büro war immer besetzt, rund um die Uhr, wiederholte er mehr als einmal, und es war von größter Wichtigkeit, daß er Kopien von allem erhielt. Natürlich nur dann, wenn Adam wollte, daß sein Mandant eine faire Verhandlung vor Gericht bekam. Wenn Adam daran nichts lag, nun, dann konnte er die Vorschriften natürlich außer acht lassen, und sein Mandant würde dafür bezahlen.
    Adam versprach, sich an die Vorschriften zu halten. Das Oberste Bundesgericht war in zunehmendem Maße der endlosen Eingaben in Hinrichtungs-Fällen überdrüssig geworden und wollte alle Eingaben und Widersprüche zur Hand haben, um die Verfahren beschleunigen zu können. Adams Eingabe würde, lange bevor der Fall vom Fünften Berufungsgericht in New Orleans tatsächlich ans Oberste Bundesgericht überwiesen worden war, von den dortigen Richtern und ihren Kanzleivorstehern geprüft werden. Ebenso würde mit all seinen Eingaben fünf Minuten vor zwölf verfahren werden. Auf diese Weise war das Oberste Bundesgericht in der Lage, sofort einen Aufschub zu gewähren oder ihn schnell abzulehnen.
    Der Death Clerk war so tüchtig und arbeitete so schnell, daß das Gericht kürzlich in eine peinliche Lage geraten war, weil es einen Antrag abgelehnt hatte, bevor dieser überhaupt eingereicht worden war.
    Dann wies Mr.

Weitere Kostenlose Bücher