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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ihm eine Eintragung in seine Akte einbringen würde. Als ob ihn das noch kümmerte.
    Er holte seine Schreibmaschine vom Regal. Er hatte noch etwas zu sagen und Briefe zu schreiben. Da draußen gab es Leute, mit denen er reden mußte.
    George Nugent betrat den Hochsicherheitstrakt wie ein FünfSterne-General und starrte mißbilligend auf die Haare und ungeputzten Stiefel eines weißen Wärters. »Lassen Sie sich die Haare schneiden«, knurrte er, »sonst mache ich Meldung. Und putzen Sie Ihre Stiefel.«
    »Ja, Sir«, sagte der junge Mann und hätte beinahe salutiert.
    Nugent drehte ruckartig den Kopf und nickte Packer zu, der ihn durch das Zentrum des Traktes zu Abschnitt A führte. »Nummer sechs«, sagte Packer, als die Tür aufglitt. »Sie bleiben hier«, befahl Nugent. Seine Absätze klickten, als er den Flur entlangmarschierte und voller Abscheu in jede Zelle schaute. Vor Sams Zelle blieb er stehen und lugte hinein. Sam trug nur seine Boxershorts, und seine dünne, faltige Haut glänzte vor Schweiß, während er auf seine Schreibmaschine einhämmerte. Er musterte den Fremden, der ihn durch die Gitterstäbe hindurch anstarrte, dann widmete er sich wieder seiner Arbeit. »Sam, mein Name ist George Nugent.« Sam hieb auf ein paar Tasten. Der Name sagte ihm nichts, aber er nahm an, daß der Mann irgendwo hoch oben auf der Leiter arbeitete, da er Zutritt zum Todestrakt hatte. »Was wollen Sie?« fragte er, ohne aufzuschauen. »Nun, ich wollte Sie kennenlernen.«
    »Ganz meinerseits. Und nun verschwinden Sie wieder.« Guilitt rechts und Henshaw links lehnten sich plötzlich an die Gitterstäbe, nur ein paar Schritte von Nugent entfernt. Sie kicherten über Sams Erwiderung.
    Nugent funkelte sie an, dann räusperte er sich. »Ich bin stellvertretender Direktor, und Philip Naifeh hat mich mit der Durchführung Ihrer Hinrichtung betraut. Es gibt ein paar Dinge, über die wir reden müssen.«
    Sam konzentrierte sich auf seine Korrespondenz und fluchte, als er eine falsche Taste anschlug. Nugent wartete. »Könnten Sie mir vielleicht ein paar Minuten Ihrer wertvollen Zeit opfern, Sam?«
    »Sie sollten ihn mit Mr. Cayhall anreden«, erklärte Henshaw hilfsbereit. »Er ist ein paar Jahre älter als Sie, und es bedeutet ihm sehr viel.«
    »Woher haben Sie diese Stiefel?« fragte Gullitt und starrte auf Nugents Füße.
    »Sie beide halten den Mund«, sagte Nugent streng. »Ich muß mit Sam reden.«
    »Mr. Cayhall ist im Augenblick sehr beschäftigt«, sagte Henshaw. »Vielleicht sollten Sie später wiederkommen. Ich mache gern einen Termin für Sie aus.«
    »Sind Sie so eine Art Arschloch vom Militär?« fragte Gullitt. Nugent stand stocksteif da und blickte nach rechts und nach links. »Ich befehle Ihnen beiden, vom Gitter zu verschwinden. Ich muß mit Sam reden.«
    »Wir lassen uns nichts befehlen«, sagte Henshaw.
    »Und was wollen Sie dagegen tun?« fragte Gullitt. »Uns in Einzelhaft stecken? Uns mit Wurzeln und Beeren füttern? Uns an die Wände anketten? Weshalb lassen Sie uns nicht einfach umbringen?«
    Sam stellte seine Schreibmaschine aufs Bett und trat an die Stäbe. Er tat einen langen Zug und blies den Rauch in Richtung Nugent. »Was wollen Sie?« fragte er.
    »Ich brauche ein paar Dinge von Ihnen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Haben Sie ein Testament gemacht?«
    »Das geht Sie einen Scheißdreck an. Ein Testament ist ein privates Dokument, das erst eingesehen werden darf, wenn es bestätigt worden ist, und es wird erst nach dem Tode des Erblassers bestätigt. So lautet das Gesetz.«
    »So ein Blödmann!« jaulte Henshaw.
    »Das ist doch nicht zu fassen«, meldete sich Gullitt zu Wort.
    »Wo hat Naifeh nur diesen Idioten aufgelesen?« fragte er. »Sonst noch etwas?« fragte Sam.
    Nugents Gesicht änderte die Farbe. »Wir müssen wissen, was mit Ihrer Hinterlassenschaft geschehen soll.«
    »Das steht in meinem Testament.«
    »Ich hoffe, Sie wollen uns keine Schwierigkeiten machen, Sam.«
    »Es heißt Mr. Cayhall«, sagte Henshaw noch einmal. »Schwierigkeiten?« fragte Sam. »Weshalb sollte ich Schwierigkeiten machen? Ich habe die Absicht, voll und ganz mit dem Staat zu kooperieren, während er seines Amtes waltet, um mich zu töten. Ich bin ein guter Staatsbürger. Wenn ich könnte, würde ich wählen und Steuern zahlen. Ich bin stolz darauf, Amerikaner zu sein, ein Amerikaner irischer Abstammung. Und ich liebe meinen kostbaren Staat noch immer, obwohl er vorhat, mich zu vergasen. Ich bin ein Mustergefangener, George. Von

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