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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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sein.
    »Der Gouverneur hält heute vormittag eine Rede vor Versicherungsmaklern«, sagte Larramore. Er hielt einen Terminplan in der Hand, als wäre er ein kostbares Juwel. »Und dann besucht er eine Schule in der Innenstadt.«
    »Ich werde warten«, sagte Goodman. »Es ist sehr wichtig, und mir macht es nichts aus, mich solange hier aufzuhalten.«
    Larramore legte das Blatt Papier beiseite und verschränkte die Hände auf dem Tisch. »Was ist aus diesem jungen Mann geworden, Sams Enkel?«
    »Oh, er ist immer noch der erste Anwalt. Ich bin Leiter der probono Abteilung von Kravitz & Bane, deshalb bin ich hier, um ihm zur Seite zu stehen.«
    »Wir verfolgen diese Sache sehr eingehend«, sagte Larramore, wobei sich sein Gesicht heftig zusammenzog, um sich dann am Ende jedes Satzes wieder zu entspannen. »Sieht so aus, als ginge es bis zum bitteren Ende.«
    »Das tut es immer«, sagte Goodman. »Wie ernst ist es dem Gouverneur mit einer Anhörung über ein Gnadengesuch?«
    »Ich bin sicher, daß er der Idee einer Anhörung nicht abgeneigt ist. Der eigentliche Erlaß ist natürlich etwas ganz anderes. Das Gesetz läßt ihm breiten Spielraum, wie Sie sicher wissen. Er kann das Todesurteil aufheben und den Gefangenen unverzüglich freilassen. Er kann es in lebenslängliches Gefängnis umwandeln oder in eine kürzere Strafe.«
    Goodman nickte. »Wird es möglich sein, daß ich selbst mit ihm rede?«
    »Dem Terminplan zufolge soll er gegen elf wieder hiersein. Ich spreche dann mit ihm. Er wird vermutlich an seinem Schreibtisch essen, also könnte er Sie vielleicht gegen eins einschieben. Könnten Sie dann hiersein?«
    »Ja. Aber das muß geheim bleiben. Unser Mandant lehnt eine solche Zusammenkunft strikt ab.«
    »Lehnt er den Gedanken an eine Begnadigung ab?«
    »Uns bleiben noch sieben Tage, Mr. Larramore. Wir lehnen überhaupt nichts ab.«
    Larramore zog die Nase kraus und entblößte die obere Zahnreihe, dann griff er wieder nach dem Terminplan. »Seien Sie um eins hier. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    »Danke.« Sie plauderten ziellos fünf Minuten lang, dann wurde Larramore von einer Reihe dringender Telefongespräche in Anspruch genommen. Goodman entschuldigte sich und verließ das Kapitol. Er blieb wieder bei den japanischen Magnolien stehen und zog sein Jackett aus. Es war halb zehn, und sein Hemd war feucht unter den Achseln und klebte ihm am Rücken.
    Er ging südwärts in Richtung Capitol Street, die vier Blocks entfernt war und als die Hauptstraße von Jackson galt. Inmitten der Gebäude und des Verkehrs der Innenstadt stand der Wohnsitz des Gouverneurs majestätisch und mit der Fassade zum Kapitol auf gepflegtem Gelände. Es war ein großes Haus aus der Vorkriegszeit, von Zäunen mit Toren umgeben. In der Nacht, in der Töle hingerichtet wurde, hatte sich eine Handvo ll Gegner der Todesstrafe vor den Toren versammelt und den Gouverneur laut beschimpft. Offensichtlich hatte er sie nicht gehört. Goodman blieb auf dem Gehsteig stehen und erinnerte sich an das Haus. Er und Peter Wiesenberg waren durch das Tor links von der Haupteinfahrt geeilt, mit ihrem letzten Ersuchen, wenige Stunden bevor Toole vergast wurde. Der damalige Gouverneur hatte gerade mit wichtigen Gästen bei einem späten Dinner gesessen und war ziemlich wütend gewesen über ihr Eindringen. Er lehnte ihre letzte Bitte um Begnadigung ab. Dann lud er sie in bester Südstaaten-Tradition ein, an dem Essen teilzunehmen.
    Sie hatten höflich abgelehnt. Goodman erklärte dem Gouverneur, daß er so schnell wie möglich nach Parchman zurückkehren müßte, um bei seinem Mandanten zu sein, wenn er starb. »Seien Sie vorsichtig«, hatte der Gouverneur gesagt, dann hatte er sich wieder zu seiner Dinnerparty begeben.
    Goodman fragte sich, wie viele Protestierer in wenigen Tagen an dieser Stelle stehen würden, rufend und betend, mit brennenden Kerzen in den Händen, Transparente schwenkend und McAllister zubrüllend, er sollte den alten Sam verschonen. Vermutlich nicht sehr viel. Im zentralen Geschäftsviertel von Jackson herrscht nur selten Mangel an Büroräumen, und Goodman hatte wenig Mühe, zu finden, was er suchte. Ein Schild lenkte seine Aufmerksamkeit auf leerstehende Räume im zweiten Stock eines häßlichen Gebäudes. Er erkundigte sich bei der Empfangsdame einer Finanzierungsgesellschaft im Erdgeschoß, und eine Stunde später traf der Besitzer des Gebäudes ein und zeigte ihm das verfügbare Büro. Es waren zwei schäbige Räume mit

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