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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Umständen ist es ziemlich unmöglich, jemanden leiden zu können. Deshalb ist deine Frage idiotisch.«
    »Willst du damit sagen, daß du Zuneigung und Mitleid empfunden hast, bevor du hierher gekommen bist?«
    Sam starrte durch die Öffnung und paffte an seiner Zigarette. »Noch so eine blöde Frage.«
    »Warum?«
    »Sie ist irrelevant. Du bist Anwalt und kein Psychiater.«
    »Ich bin dein Enkel. Und deshalb darf ich dir Fragen über deine Vergangenheit stellen.«
    »Dann stell sie. Es kann sein, daß ich sie nicht beantworten werde.«
    »Weshalb nicht?«
    »Die Vergangenheit ist vorbei, mein Junge. Sie ist Geschichte. Was geschehen ist, können wir nicht ungeschehen machen. Und erklären können wir es auch nicht.«
    »Aber ich habe keine Vergangenheit.«
    »Dann bist du ein wahrhaft glücklicher Mensch.«
    »Da bin ich nicht so sicher.«
    »Hör mal, wenn du von mir erwartest, daß ich die Lücken fülle, dann bist du leider an den Falschen geraten.«
    »Okay. Und wen sollte ich sonst fragen?«
    »Das weiß ich nicht. Es ist nicht wichtig.«
    »Vielleicht ist es für mich sehr wichtig.«
    »Nun, um ehrlich zu sein, im Augenblick mache ich mir deinetwegen keine großen Sorgen. Ich mache mir viel mehr Sorgen um mich. Um mich und meine Zukunft. Um mich und meinen Hals. Irgendwo tickt eine große Uhr, und zwar ziemlich laut, findest du nicht? Aus irgendeinem merkwürdigen Grund, nach dem du mich nicht fragen darfst, kann ich das verdammte Ding hören, und es jagt mir scheußliche Angst ein. Und deshalb fällt es mir sehr schwer, mir Sorgen um die Probleme anderer Leute zu machen.«
    »Weshalb hast du dich dem Klan angeschlossen?«
    »Weil mein Vater im Klan war.«
    »Und weshalb hat er sich dem Klan angeschlossen?«
    »Weil sein Vater im Klan war.«
    »Großartig. Drei Generationen.«
    »Vier, glaube ich. Colonel Jacob Cayhall hat im Krieg mit Nathan Bedford Forrest gekämpft, und der Familienlegende zufolge war er einer der ersten Angehörigen des Klans. Er war mein Urgroßvater.«
    »Bist du stolz darauf?«
    »Ist das eine Frage?«
    »Ja.«
    »Das ist keine Sache des Stolzes.« Sam nickte in Richtung Schreibplatte. »Wirst du diese Vereinbarung unterschreiben?«
    »Ja.«
    »Dann tu' es.«
    Adam unterschrieb auf der letzten Seite und reichte Sam das Dokument. »Du stellst Fragen, die überaus vertraulich sind. Als mein Anwalt darfst du kein Wort darüber verlauten lassen.«
    »Das ist mir bekannt.«
    Sam unterschrieb neben Adam, dann betrachtete er die Unterschriften. »Wann bist du ein Hall geworden?«
    »Einen Monat vor meinem vierten Geburtstag. Es war eine Familienangelegenheit. Sämtliche Namen wurden gleichzeitig geändert. Natürlich kann ich mich daran nicht erinnern.«
    »Weshalb hat er sich für Hall entschieden? Weshalb hat er nicht reinen Tisch gemacht und sich Miller oder Green oder sonstwie genannt?«
    »Ist das eine Frage?«
    »Nein.«
    »Er war auf der Flucht, Sam. Und dabei hat er sämtliche Brücken hinter sich abgebrochen. Vermutlich hat er gedacht, vier Generationen reichten ihm.«
    Sam legte die Vollmacht auf einen Stuhl neben sich und zündete sich methodisch eine weitere Zigarette an. Er stieß den Rauch zur Decke aus und musterte Adam. »Hör zu, Adam«, sagte er langsam mit plötzlich viel sanfterer Stimme. »Laß uns diesen Familienkram eine Weile vergessen. Vielleicht kommen wir später darauf zurück. Im Augenblick muß ich wissen, was mit mir passieren wird. Wie meine Chancen stehen. Solche Dinge. Wie willst du die Uhr anhalten? Welchen Antrag wirst du als ersten stellen?«
    »Das hängt von mehreren Dingen ab. Davon, wieviel du mir über das Bombenattentat erzählst.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Wenn es neue Fakten gibt, legen wir sie vor. Das ist möglich, glaube mir. Wir werden einen Richter finden, der zuhört.«
    »Welche Art von neuen Fakten?«
    Adam schlug eine neue Seite seines Blocks auf und notierte am Rand das Datum. »Wer hat am Abend vor dem Attentat den grünen Pontiac nach Cleveland gebracht?«
    »Das weiß ich nicht. Einer von Dogans Leuten.«
    »Du kennst seinen Namen nicht?«
    »Nein.«
    »Ach, komm schon, Sam.«
    »Ich schwöre es. Ich weiß nicht, wer es war. Ich habe den Mann nie gesehen. Der Wagen wurde zu einem Parkplatz gebracht. Ich fand ihn. Ich sollte ihn wieder dort abstellen, wo ich ihn gefunden hatte. Den Mann, der ihn brachte, habe ich nie gesehen.«
    »Weshalb war von ihm bei den Prozessen nie die Rede?«
    »Woher soll ich das wissen? Vermutlich war er

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