Die Kammer
das alles?«
»Ja.«
»Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich sicher.«
»Was ist mit dem Zeitzünder?«
»Ach ja, den hatte ich vergessen. Er lag in einem anderen, kleineren Karton.«
»Beschreib ihn mir.«
»Wozu? Du hast die Prozeßprotokolle gelesen. Die Experten vom FBI haben meine kleine Bombe wundervoll und bis ins letzte Detail rekonstruiert. Du hast sie doch gelesen, oder etwa nicht?«
»Viele Male.«
»Und du hast die Fotos gesehen, die beim Prozeß vorgelegt wurden. Die mit den Überresten des Zeitzünders. Du hast sie gesehen, oder etwa nicht?«
»Ich habe sie gesehen. Wo hatte Dogan den Wecker her?«
»Ich habe ihn nie danach gefragt. So etwas kann man in jedem Drugstore kaufen. Es war schließlich ein ganz simpler Wecker zum Aufziehen. Nichts Ausgefallenes.«
»War das das erstemal, daß du einen Zeitzünder benutzt hast?«
»Du weißt, daß es das erstemal war. Die anderen Bomben wurden mit Zündschnüren gezündet. Weshalb stellst du mir all diese Fragen?«
»Weil ich deine Antworten hören möchte. Ich habe alles gelesen, aber ich möchte es von dir hören. Warum wolltest du die Detonation der Kramer-Bombe verzögern?«
»Weil ich es satt hatte, Zündschnüre anzuzünden und dann loszurennen. Ich wollte mehr Zeit haben zwischen dem Legen der Bombe und der Explosion.«
»Wann hast du sie gelegt?«
»Gegen vier Uhr.«
»Und wann sollte sie hochgehen?«
»Gegen fünf.«
»Was ist schiefgelaufen?«
»Sie ist nicht um fünf hochgegangen. Sie ist ein paar Minuten vor acht hochgegangen, und da waren inzwischen Leute in dem Gebäude, und ein paar von diesen Leuten sind ums Leben gekommen. Und deshalb sitze ich hier in diesem roten Affenfrack und frage mich, wie das Gas wohl riechen wird.«
»Dogan hat ausgesagt, die Wahl von Marvin Kramer als Opfer wäre von euch beiden gemeinsam getroffen worden; Kramer hätte schon seit zwei Jahren auf der schwarzen Liste des Klans gestanden; die Verwendung eines Zeitzünders hättest du vorgeschlagen als sicheren Weg, Kramer umzubringen, weil seine tägliche Routine allgemein bekannt war; und du hättest allein gehandelt.«
Sam hörte geduldig zu und paffte an seiner Zigarette. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und er nickte zum Fußboden hin. Dann lächelte er beinahe. »Nun, ich glaube, Dogan hatte durchgedreht. Das FBI hat sich jahrelang an seine Fersen geheftet, bis er schließlich zusammengebrochen ist. Er war kein starker Mann.« Er tat einen tiefen Atemzug und sah Adam an. »Aber einiges davon stimmt. Nicht viel, aber einiges.«
»Hattest du vor, Kramer umzubringen?«
»Nein. Uns ging es nicht darum, Leute zu töten. Nur darum, Gebäude in die Luft zu sprengen.«
»Was ist mit dem Haus der Finders in Vicksburg? War das eins von deinen Unternehmen?«
Sam nickte langsam.
»Die Bombe ging um vier Uhr morgens hoch, während die ganze Familie Finder tief und fest schlief. Sechs Personen. Wie durch ein Wunder wurde nur eine von ihnen leicht verletzt.«
»Das war kein Wunder. Die Bombe lag in der Garage. Wenn ich jemanden hätte umbringen wollen, hätte ich sie vor ein Schlafzimmerfenster gelegt.«
»Das halbe Haus ist eingestürzt.«
»Ja, und ich hätte einen Zeitzünder benutzen und einen Haufen Juden ausradieren können, während sie ihre Matzen oder sonst so etwas aßen.«
»Warum hast du es nicht getan?«
»Ich sagte es bereits. Uns ging es nicht darum, Leute zu töten.«
»Was wolltet ihr dann?«
»Einschüchtern. Uns rächen. Die verdammten Juden davon abhalten, die Bürgerrechtsbewegung zu finanzieren. Wir haben versucht, dafür zu sorgen, daß die verdammten Nigger dort blieben, wo sie hingehörten - in ihren eigenen Schulen und Kirchen und Vierteln und Toiletten, weit weg von unseren Frauen und Kindern. Juden wie Marvin Kramer setzten sich für eine gemischtrassige Gesellschaft ein und wiegelten die Nigger auf. Wir mußten dem Mistkerl zeigen, wo's langgeht.«
»Und ihr habt es ihm gezeigt, nicht wahr?«
»Er hat bekommen, was er verdiente. Das mit den kleinen Jungen tut mir leid.«
»Dein Mitgefühl ist überwältigend.«
»Hör mir zu, Adam, hör mir genau zu. Ich hatte nicht vor, jemanden umzubringen. Der Zeitzünder war auf fünf Uhr eingestellt, drei Stunden vor seinem üblichen Eintreffen im Büro. Die Kinder waren nur dort, weil seine Frau Grippe hatte.«
»Aber du empfindest keine Reue darüber, daß Marvin beide Beine verloren hat?«
»Eigentlich nicht.«
»Keine Reue, weil er Selbstmord
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