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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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schnaubte.
    »Ich finde nicht, daß das eine gute Idee ist, Sam.«
    »Was du findest, ist mir völlig egal.«
    »Der Gouverneur könnte dir das Leben retten.«
    »Ach, wirklich? Er ist der einzige Grund dafür, daß ich hier bin, im Todestrakt, und darauf warte, in der Gaskammer zu sterben. Weshalb zum Teufel sollte er mir das Leben retten wollen?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß er es will. Ich habe gesagt, er könnte es. Wir müssen uns alle Optionen offenhalten.«
    Sam lächelte höhnisch, eine lange Minute, während er sich eine weitere Zigarette anzündete. Er blinzelte und verdrehte die Augen, als wäre dieser junge Mann das dämlichste Geschöpf, das ihm seit Jahren begegnet war. Dann lehnte er sich vor, stützte den linken Ellenbogen auf und richtete einen gekrümmten Finger auf Adam. »Wenn du glaubst, David McAllister würde mich in letzter Minute begnadigen, dann bist du ein Narr. Laß dir von mir sagen, was er tun wird. Er wird dich benutzen - und mich -, um alle nur erdenkliche Publicity herauszuschlagen. Er wird dich in sein Büro im Kapitol des Staates einladen, und bevor du dort eintriffst, wird er den Medien einen Tip geben. Er wird dich mit bemerkenswertem Ernst anhören. Er wird wahrscheinlich gravierende Zweifel äußern, ob ich sterben sollte oder nicht. Und nachdem du gegangen bist, gibt er einen Haufen Interviews und macht alles publik, was du ihm gerade gesagt hast. Er wird das KramerAttentat wieder aufwärmen. Er wird über die Bürgerrechte reden und all diesen radikalen Niggerscheiß. Er wird vermutlich sogar weinen. Je näher ich an die Gaskammer herankomme, desto größer wird der Medienzirkus werden. Und er wird nichts unversucht lassen, um in seine Mitte zu gelangen. Er wird sich jeden Tag mit dir treffen wollen, wenn wir es zulassen. Er wird aus uns Kapital schlagen.«
    »Das kann er auch ohne unsere Mithilfe.«
    »Und er wird es tun. Eines kann ich dir schon jetzt prophezeien, Adam. Eine Stunde bevor ich sterbe, wird er irgendwo eine Pressekonferenz abhalten - wahrscheinlich hier, vielleicht auch im Gouverneurspalast -, und er wird dastehen im Scheinwerferlicht von hundert Kameras und meine Begnadigung verweigern. Und zwar mit Tränen in den Augen.«
    »Es kann nicht schaden, wenn ich mit ihm rede.«
    »Fein. Rede mit ihm. Und nachdem du das getan hast, berufe ich mich auf Paragraph zwei, und du fährst zurück nach Chicago.«
    »Es könnte sein, daß er mich mag. Wir könnten Freunde werden.«
    »Oh, er wird dich lieben. Du bist Sams Enkel. Was für eine großartige Story! Noch mehr Reporter, noch mehr Kameras, noch mehr Journalisten, noch mehr Interviews. Er wird überglücklich sein, deine Bekanntschaft zu machen, damit er sie nach Strich und Faden ausnutzen kann. Vielleicht sorgst du sogar dafür, daß er wiedergewählt wird.«
    Adam schlug eine andere Seite auf, machte sich weitere Notizen und überlegte, wie er am besten vom Gouverneur zu einem anderen Thema überleiten konnte. »Von wem hast du gelernt, so zu schreiben?« fragte er schließlich.
    »Von Leuten wie dir. Von toten Richtern. Vom ehrenwerten Obersten Bundesgericht. Von gerissenen Anwälten. Von weitschweifigen Professoren. Ich habe denselben Mist gelesen wie du.«
    »Nicht schlecht«, sagte Adam, einen weiteren Absatz überfliegend.
    »Ich bin entzückt, das zu hören.«
    »Ich habe gehört, daß du hier eine hübsche kleine Praxis hast.«
    »Eine Praxis? Was ist eine Praxis? Weshalb praktizieren Anwälte? Weshalb können sie nicht einfach ihre Arbeit tun wie alle anderen Leute auch? Praktizieren Klempner? Oder Lastwagenfahrer? Nein, die arbeiten einfach. Aber Anwälte nicht. Oh nein. Sie sind etwas Besonderes, und sie praktizieren. Und bei all dieser Praktiziererei sollte man annehmen, daß sie wissen, was sie tun. Man sollte annehmen, daß sie irgendwann einmal zu irgendwas nütze sind.«
    »Kannst du überhaupt jemanden leiden?«
    »Das ist eine idiotische Frage.«
    »Wieso ist sie idiotisch?«
    »Weil du auf der anderen Seite der Mauer sitzt. Und du kannst durch diese Tür dort hinausgehen und davonfahren. Und heute abend kannst du in einem netten Restaurant essen und in einem weichen Bett schlafen. Auf dieser Seite hier sieht das Leben ein bißchen anders aus. Ich werde behandelt wie ein Tier. Ich habe einen Käfig. Ich habe ein Todesurteil, das es dem Staat Mississippi erlaubt, mich in vier Wochen umzubringen. Und deshalb, mein Junge, ist es verdammt schwer, Zuneigung und Mitleid zu empfinden. Unter diesen

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