Die Kammer
sonst den ganzen Tag?«
»Sie tragen die Last der Welt auf ihren Schultern. Zuerst müssen sie dafür sorgen, daß ihr Ehemann aus dem Haus und zur Arbeit kommt, dann müssen sie den Tag planen. Das Personal muß seine Weisungen erhalten und beaufsichtigt werden. Das Einkaufen wird in mindestens zwei Abschnitte aufgeteilt - vormittags und nachmittags -, wobei der Vormittag gewöhnlich mit Anrufen bei Geschäften in der Fifth Avenue und der Bestellung von lebensnotwendigen Dingen hingeht. Das Einkaufen am Nachmittag wird manchmal tatsächlich persönlich erledigt, wobei natürlich der Chauffeur auf dem Parkplatz wartet. Den größten Teil des Tages nimmt der Lunch ein, weil es Stunden dauert, ihn vorzubereiten, und mindestens zwei Stunden, ihn zu verzehren. Er ist normalerweise ein kleines Bankett, an dem mehrere dieser vielgeplagten Seelen teilnehmen. Und dann sind da die gesellschaftlichen Verantwortlichkeiten, die eine reiche Frau übernehmen muß. Mindestens dreimal in der Woche besucht sie Tee-Partys in den Häusern ihrer Freundinnen, wo importierte Kekse geknabbert und über die Not ausgesetzter Kinder oder cracksüchtiger Mütter geseufzt wird. Dann geht es in aller Eile wieder nach Hause, damit man sich frisch machen kann für die Heimkehr des getreuen Ehemanns aus dem Bürokrieg. Sie trinkt mit ihm ihren ersten Martini am Pool, während vier Personen das Abendessen vorbereiten.«
»Was ist mit Sex?«
»Er ist zu müde. Außerdem hat er in der Regel eine Geliebte.«
»War es das, was mit Phelps passierte?«
»Ich nehme es an, obwohl er sich über den Sex nicht beklagen konnte. Ich hatte ein Kind, ich wurde älter, und er verfügte über einen ständigen Vorrat an jungen Blondinen aus seinen Banken. Du kannst dir sein Büro einfach nicht vorstellen. Dort wimmelt es von tollen Frauen mit makellosen Zähnen und Fingernägeln, alle mit kurzen Röcken und langen Beinen. Sie sitzen hinter hübschen Schreibtischen und führen Telefongespräche und warten nur darauf, daß er mit dem Finger schnippt. Er hat ein kleines Schlafzimmer neben einem seiner Konferenzräume. Dieser Mann ist ein Tier.«
»Also hast du Schluß gemacht mit dem harten Leben einer reichen Frau und bist ausgezogen?«
»Ja. Ich war nicht besonders gut darin, eine reiche Frau zu sein. Ich haßte es. Eine kurze Weile hat es Spaß gemacht, aber irgendwie paßte ich nicht hinein. Nicht die richtige Blutgruppe. Ob du es glaubst oder nicht, meine Familie gehörte eben nicht zu den besten Kreisen von Memphis.«
»Soll das ein Witz sein?«
»Es ist mein voller Ernst. Um in dieser Stadt eine richtiggehende reiche Frau mit einer Zukunft zu sein, muß man aus einer Familie reicher Fossilien stammen, möglichst mit einem Großvater, der ein Vermögen in Baumwolle gemacht hat. Ich habe da einfach nicht hineingepaßt.«
»Aber du spielst immer noch das Gesellschaftsspiel.«
»Nein. Ich trete zwar noch in Erscheinung, aber nur für Phelps. Für ihn ist es wichtig, eine Frau zu haben, die in seinem Alter ist, schon leicht angegraut, eine reife Frau, die in Abendkleid und Brillanten eine gute Figur macht und imstande ist, mit seinen langweiligen Freunden zu plaudern. Wir gehen dreimal im Jahr zusammen aus. Ich bin so eine Art alternde Vorzeigefrau.«
»Ich habe eher den Eindruck, daß er eine richtige Vorzeigefrau will, eine von seinen tollen Blondinen.«
»Nein. Seine Familie würde einen Aufruhr veranstalten, und in der Vermögensverwaltung steckt eine Menge Geld. Was seine Familie angeht, vollführt Phelps einen Eiertanz. Er wird erst dann richtig er selber sein, wenn seine Eltern gestorben sind.«
»Ich dachte, seine Eltern hassen dich.«
»Natürlich tun sie das. Aber ironischerweise sind sie auch der Grund dafür, daß wir immer noch verheiratet sind. Eine Scheidung wäre ein Skandal.«
Adam lächelte und schüttelte fassungslos den Kopf. »Das ist verrückt.«
»Ja, aber es funktioniert. Ich bin glücklich. Er ist glücklich. Er hat seine kleinen Mädchen. Und ich schlafe mit jedem, mit dem ich schlafen möchte. Keiner fragt danach.«
»Was ist mit Walt?«
Sie stellte langsam ihr Glas auf den Tisch und wendete den Blick ab. »Was soll mit ihm sein?« fragte sie, ohne ihn anzusehen.
»Du sprichst nie von ihm.«
»Ich weiß«, sagte sie leise, immer noch etwas auf der anderen Seite des Lokals betrachtend.
»Laß mich raten. Ein weiterer dunkler Punkt in der Familie.«
Sie sah ihn traurig an, dann zuckte sie leicht die Achseln, als wollte
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