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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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anders.«
    »Es ist die Mühe wert.«
    »Wie bist du auf dieses Projekt gekommen?«
    »Ich weiß es nicht mehr. Es ist schon so lange her. Ich gehörte einem Klub an, einem Klub teetrinkender Damen, und wir trafen uns einmal im Monat, um bei einem exquisiten Lunch darüber zu diskutieren, wie wir ein paar Groschen für die weniger Glücklichen lockermachen könnten. Eines Tages berichtete eine Nonne über Auburn House, und wir beschlossen, die Organisation zu unterstützen. Eins führte zum anderen.«
    »Und du bekommst keinen Pfennig für deine Arbeit?«
    »Phelps hat massenhaft Geld, Adam. Ich spende sogar eeine Menge davon für Auburn House. Jetzt findet einmal im Jahr im Peabody eine Soiree statt, mit schwarzer Fliege und Champagner, und ich beknie Phelps, daß er seine Bankerkollegen dazu bringt, mit ihren Frauen zu erscheinen und uns möglichst viel Geld rüberzuschaufeln. Im vorigen Jahr haben wir mehr als zweihunderttausend zusammengebracht.«
    »Wozu wird das Geld verwendet?«
    »Ein Teil davon wird für laufende Unkosten gebraucht. Wir haben zwei bezahlte Vollzeitkräfte. Das Gebäude ist billig, aber trotzdem nicht umsonst. Der Rest geht für Babybedarf, Medikamente und Literatur drauf. Es ist nie genug da.«
    »Also bist du gewissermaßen die Leiterin der Organisation?«
    »Nein. Wir bezahlen eine Verwalterin. Ich fungiere nur als Beraterin.«
    Adam betrachtete das Poster hinter ihr, mit einem großen gelben Kondom, das sich harmlos über die Wand schlängele. Er wußte aus den neuesten Studien und Statistiken, daß diese kleinen Dinger von Teenagern nicht benutzt wurden, trotz aller Fernsehkampagnen und Schulslogans und MTV-Spots mit verantwortungsbewußten Rockstars. Er konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als den ganzen Tag in diesem engen kleinen Büro zu sitzen und mit fünfzehnjährigen Müttern über wunde Kinderpopos zu reden.
    »Ich bewundere dich«, sagte er und schaute auf die Wand mit dem Babynahrungs-Poster.
    Lee nickte, sagte aber nichts. Ihre Augen waren erschöpft, und sie war bereit zum Aufbruch. »Laß uns essen gehen«, sagte sie.
    »Wo?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwo.«
    »Ich war heute bei Sam. Habe zwei Stunden mit ihm verbracht.«
    Lee sank auf ihrem Stuhl zusammen und legte langsam die Füße auf den Schreibtisch. Wie gewöhnlich trug sie verblichene Jeans und eine Bluse.
    »Ich bin sein Anwalt.«
    »Er hat die Vollmacht unterschrieben?«
    »Ja. Er hat sie selbst aufgesetzt, vier Seiten lang. Wir haben sie beide unterschrieben, und alles weitere liegt jetzt bei mir.«
    »Und wie ist dir zumute?«
    »Ziemlich mies. Aber ich werde damit fertig. Heute nachmittag habe ich mit einem Reporter von der Memphis Press gesprochen. Sie hatten bereits Wind davon bekommen, daß Sam Cayhall mein Großvater ist.«
    »Was hast du ihm erzählt?«
    »Ich konnte es schließlich nicht abstreiten, oder? Er wollte alles mögliche über die Familie wissen, aber ich habe ihm nur sehr wenig erzählt. Ich bin sicher, er wird herumwühlen und noch ein bißchen mehr ausgraben.«
    »Was ist mit mir?«
    »Dich habe ich mit keinem Wort erwähnt, aber ich bin sicher, daß er auf dich stoßen wird. Tut mir leid.«
    »Was tut dir leid?«
    »Daß nun vielleicht deine wahre Identität ans Licht kommen wird. Daß du gebrandmarkt wirst als die Tochter von Sam Cayhall, dem Mörder, Rassisten, Antisemiten, Terroristen, Angehörigen des Klans, des ältesten Mannes, der je in die Gaskammer gebracht und getötet wurde wie ein Tier. Man wird dich aus der Stadt jagen.«
    »Ich habe schon Schlimmeres erlebt.«
    »Was?«
    »Die Ehefrau von Phelps Booth zu sein.«
    Darüber mußte Adam lachen, und Lee rang sich ein Lächeln ab. Eine Dame in mittleren Jahren erschien an der offenen Tür und teilte Lee mit, daß sie für heute Schluß mache. Lee sprang auf und stellte schnell ihren gutaussehenden jungen Neffen vor, Adam Hall, Rechtsanwalt aus Chicago, der für eine Weile bei ihr zu Besuch war. Die Dame war gebührend beeindruckt, als sie das Zimmer verließ und auf dem Flur verschwand.
    »Das hättest du nicht tun sollen«, sagte Adam.
    »Weshalb nicht?«
    »Weil morgen mein Name in der Zeitung stehen wird -Adam Hall, Rechtsanwalt aus Chicago - und Enkel.«
    Lees Unterkiefer sackte ein Stückchen herunter, bevor sie es verhindern konnte. Dann zuckte sie die Achseln, als spielte das keine Rolle, aber Adam sah die Furcht in ihren Augen. Was für ein blöder Fehler, sagte sie sich. »Na wenn schon«, sagte sie und griff nach

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